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Bach:“Doppelvergabe ist goldene Chance“

28. Juni 2017

Bei einem Besuch in Berlin plädiert IOC-Präsident Thomas Bach für die Vergabe der Sommerspiele 2024 und 2028 in einem Zug. In einem Interview, u.a. mit der DW, äußert sich Bach auch zu den Vorgängen rund um die FIFA.

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IOC-Präsident Thomas Bach. Foto: dpa-pa
Bild: picture-alliance/dpa/J. Güttler

Herr Bach, wie finden Sie es, dass der Fußball-Weltverband FIFA jetzt den Garcia-Untersuchungsbericht von 2014 zur umstrittenen Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 auf den Tisch gelegt hat?

Thomas Bach: Ich glaube, es ist absolut richtig, dass dieser Bericht veröffentlicht worden ist. Jetzt kann sich jeder ein Bild machen. Ich hoffe, dass dann auch die Fragen, die noch offen geblieben sind, aufgeklärt werden. Ich hoffe auch, dass die Öffentlichkeit hier nicht unnötig verallgemeinert, sondern dass sie es richtig einordnet: Wo, in welchem Zusammenhang, zu welchem Zeitpunkt ist es passiert? Und dass dann auch die Unterschiede zu anderen Bereichen deutlich werden. Ich hoffe zudem, dass die Öffentlichkeit sieht, dass die FIFA seit damals auch Schritte unternommen hat.

Russland steht wieder am Pranger. Es soll dort im Fußball ein eigenes Vertuschungssystem gegeben haben. Bei der FIFA liegen angeblich mehr als 150 verdächtige Proben, die derzeit untersucht werden. Wächst die Kritik an Russland?

Nein. Das ist ein Zeichen der Arbeit, die die internationalen Verbände, und nicht nur die FIFA, jetzt zu leisten haben: Es ist die Aufarbeitung des McLaren-Berichts, für den die internationalen Verbände zuständig sind, während das IOC für die Vorkommnisse in Sotschi bei den Olympischen Spielen verantwortlich ist. Insoweit reiht sich die FIFA hier in die anderen internationalen Fachverbände ein, bei denen entsprechenden Untersuchungen bereits laufen.

Faires sportliches Miteinander gehört ja auch zur Olympischen Idee. Sorgen Sie sich angesichts der andauernden Doping-Diskussionen um die Olympische Idee?

Ideen und Werte werden immer angegriffen und auch verletzt. Ich fürchte, dass es im Sport wie in der Gesellschaft ist: Solange Menschen miteinander im Wettbewerb stehen, gibt es immer auch Menschen, die versuchen, sich unlautere Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Anti-Doping-Regeln gibt es in keinem anderen Bereich unserer Gesellschaft, sie gehören damit zum Wesenskern des Sports. Gerade deswegen ist Anti-Doping so wichtig.

Südkorea Pyeongchang Olympische Winterspiele 2018 Vorbereitungen
Olympia-Gastgeber 2018: Pyeongchang in SüdkoreaBild: picture-alliance/dpa/R. Sitdiko

Es hieß, Sie dächten darüber nach, russische Sportler für die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang zu sperren. Ist davon auszugehen?

Wir denken nicht nur darüber nach, die entsprechende Disziplinarkommission arbeitet bereits. Sie muss jetzt aufarbeiten, was bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi geschehen ist. Und zwar nicht nur in Bezug auf die 28 Sportler, die im McLaren-Report genannt sind, sondern auch die offensichtlich systematische Manipulation, die stattgefunden hat. Das ist eine andere Ausgangslage als vor einem Jahr in Rio, wo es darum ging, den Sportlern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die nicht Teil des Systems waren. Dieses System betraf die internationalen Fachverbände und das Anti-Doping-Labor. Jetzt geht es um die Olympischen Spiele. Dafür ist das IOC zuständig, und wir werden die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Bach: "Doppelvergabe ist goldene Chance"

Die Olympischen Sommerspiele 2024 und 2028 sollen in einem Zug vergeben werden. Ist das wirklich sinnvoll?

Es ist für das IOC eine goldene Gelegenheit, wenn es zwei so herausragende Bewerber aus zwei starken olympischen Ländern wie Frankreich und den USA gibt, aus zwei so großartigen Städten wie Paris und Los Angeles. Und wenn Sie Bewerber haben, die die Olympische Agenda 2020 wirklich herausragend interpretieren, indem sie eine Rekordzahl an bestehenden und temporären Sportstätten nutzen in einer Größenordnung, wie wir sie wahrscheinlich bei Olympischen Spielen noch nie gehabt haben, und damit die Kosten signifikant senken. Ich glaube, es wäre nicht sehr schlau, wenn man sich diese Chance entgehen ließe. Deswegen hoffe und baue ich hier auf die Zustimmung der IOC-Mitglieder in der nächsten Woche in Lausanne.

Olympiabewerber Paris und Los Angeles. Foto: dpa-pa
Richten Paris und Los Angeles die kommenden Sommerspiele 2024 und 2028 aus?Bild: picture alliance/dpa

Wir müssen uns auch den gewandelten politischen Entscheidungsprozessen stellen und anpassen. Das Bewerbungsverfahren ist für die heutige Zeit zu teuer, zu perfektionistisch, zu schwerfällig. Wenn Sie vor einigen Jahren eine Bewerbung hatten, dann haben dort die Regierung, die Opposition, die Wirtschaft und der Sport zugestimmt. Alle waren glücklich und haben gesagt: Das ist eine starke Bewerbung. Heute leben wir in einem Zeitalter des Misstrauens. Die Leute sagen: Wenn alle in diesem Establishment so zusammenhalten, muss etwas faul sein. Die machen das nur um ihres eigenen Profits willen, und hinterher sollen wir Steuerzahler dafür zur Kasse gebeten werden. Diesem Zeitgeist müssen und wollen wir uns stellen. In der nächsten Woche in Lausanne steht ein neues Bewerbungsverfahren zur Diskussion, das dann für die Olympischen Winterspiele 2026 Anwendung finden soll.