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Goldener Löwe für ein Märchen

9. September 2017

Tränen der Freude und Jubelschreie: Am Samstagabend ging in Venedig das 74. Filmfestival zu Ende. 21 Filme konkurrierten auf dem Lido um den Goldenen Löwen. Gewonnen hat ihn "The Shape of Water" von Guillermo del Toro.

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Italien Venedig Film Festival Biennale Goldener Löwe Regie Guillermo Del Toro
Bild: Getty Images/AFP/F. Monteforte

Die Juryentscheidung des 74. Filmfestivals von Venedig ist auch als politisches Statement zu verstehen: "The Shape of Water" des mexikanischen Hollywoodregisseurs Guillermo del Toro ist ein Fantasy-Film, der von einer Notgemeinschaft zwischen einer Schwarzen und einem Schwulen handelt. Die Hauptfigur spielt ein Monster, ein schuppig-schillerndes Wesen, das in einem Militärlabor eingesperrt ist. Angekettet wird es gefoltert und wissenschaftlich untersucht. Zwei gesellschaftliche Außenseiter, eine schwarze Putzfrau und ein schwuler Grafiker, kümmern sich mitten im Kalten Krieg um die seltsame Kreatur. Der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro nahm sichtlich gerührt den Goldenen Löwen entgegen. "Ich glaube an das Leben, an Liebe und an das Kino", sagte del Toro.

Der große Preis der Jury geht an den israelischen Regisseur Samuel Maoz für "Foxtrot". Er erzählt von einer Familie, deren Sohn im Krieg gefallen ist. Damit erhält Maoz bereits zum zweiten Mal einen Preis in Venedig. 2009 erhielt er den Goldenen Löwen für "Lebanon".

Regisseur Xavier Legrand nimmt unter Tränen den Goldenen Löwe entgegen
Tränenreiche Preisverleihung in VenedigBild: Getty Images/AFP/T. Fabi

Unter Tränen dankte der Franzose Xavier Legrand der Jury für den Silbernen Löwen für die beste Regie in "Jusqu'à la Garde".

Erstmals wieder ein Preis für einen libanesischen Film

Der als Favorit gehandelte Film "The Insult" von Ziad Doueiri, der im libanesischen Beirut spielt und von der Eskalation eines gewalttätigen Konflikts handelt, erhielt nur einen "Nebenpreis". Der palästinensische Hauptdarsteller Kamel El Basha wurde als bester Schauspieler ausgezeichnet. "The Insult" sei seine erste Filmrolle gewesen, sagte der Palästinenser, als er die Trophäe in Empfang nahm. Seit Langem erhält mit "The Insult" wieder ein Film aus dem Libanon eine Auszeichnung in Venedig.

Die Auszeichnung für das beste Drehbuch ging an den Briten Martin McDonagh für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri". Darin spielt Frances McDormand eine wütende Mutter, die sich mit der Polizei anlegt, als sie versucht den Mörder ihrer Tochter zu finden.

Charlotte Rampling wurde für ihre Rolle in "Hannah" als beste Schauspielerin ausgezeichnet. Der italienische Regisseur Andrea Pallaoro erzählt von einer Frau, die sich nach der Festnahme ihres Mannes im Leben neu orientieren muss. Sie fühle sich Italien sehr verbunden, weil viele italienische Filme für ihre Karriere wichtig gewesen seien, sagte die britische Schauspielerin in ihrer Dankesrede. 

Der Schauspieler Charlie Plummer erhielt den Nachwuchspreis für seine Rolle in dem britischen Filmdrama "Lean on Pete". Er spielt darin den 15-jährigen Charley Thompson, der alleine mit seinem Vater in Oregon in den USA lebt. Der Marcello Mastroianni-Preis wird seit 1998 verliehen. 

Engagierte Beiträge aus den USA

Der Zustand der Welt schien die Filmemacher der 21 Filme, die um den Goldenen Löwen konkurrierten, in diesem Jahr mehr denn je zu beschäftigen: Viele Beiträge arbeiteten sich an den Herausforderungen und den Krisen unserer Zeit ab. Einsame und verzweifelte Menschen standen dabei genauso im Mittelpunkt wie der Kampf um Gerechtigkeit und politische Gleichberechtigung. Die Regisseure im Wettbewerb näherten sich mit ganz unterschiedlichen Ansätzen diesen Themen. Auffällig in diesem Jahr: Viele US-Produktionen dominierten den Wettbewerb, gingen aber bei der Preisvergabe leer aus. Besonders harsch fiel die Kritik von George Clooney aus. "Suburbicon" handelt vom Rassismus in den 1950er Jahren und erfreut sich einer bedauerlichen Aktualität in der Ära Trump. Nur eine Regisseurin zeigte ihren Film im Wettbewerb: Vivian Qu prangert in "Angels Wear White" Korruption und Machtmissbrauch in China an. Der chinesische Beitrag "Human Flow" von Ai Weiwei fiel bei Jury und Kritikern durch.