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Politik

Im Zweifel autoritär: Trumps Freunde in Nahost

20. Januar 2018

Seit einem Jahr ist Donald Trump Präsident der USA. Insgesamt folgt seine Politik der seiner Vorgänger. Doch einige seiner Entscheidungen haben die Menschen der Region in Aufregung versetzt. Der Ruf der USA hat gelitten.

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U.S. Präsident Donald Trump Besuch Saudi Arabien
Bild: picture-alliance/Zumapress/S. Craighead

Nun reist er doch. Anfang Dezember hatte US-Vizepräsident Mike Pence seine Reise in den Nahen Osten absagen müssen. Zu schlecht war die Stimmung, nachdem sein Chef, Präsident Donald Trump, Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannt und erklärt hatte, die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin verlegen zu wollen.

Nach dieser Ankündigung war der Ruf Amerikas in weiten Teilen der arabischen Welt ramponiert. Vor allem die Palästinenser fühlten sich vor den Kopf gestoßen. So schien es in Washington wie in den Hauptstädten des Nahen Ostens klüger, die Reise auf einen späteren Termin zu verlegen. Nun ist es soweit: Erwartet wird Pence in Jerusalem, in Kairo und - kurzfristig vereinbart - auch in der jordanischen Hauptstadt Amman.

Politik der Isolation

Die Reise des Vizepräsidenten auf den ersten Jahrestag der Regierung Trump. Am 20. Januar 2017 hatte der neue US-Präsident sein Amt angetreten.

Im Grunde, sagt der Nahostexpert André Bank vom GIGA-Institut für Nahost-Studien in Hamburg, weiche Trumps politischer Kurs in der arabischen Welt aber gar nicht so sehr von dem seiner Vorgänger ab. Dies gelte vor allem, wenn man ihn mit der Politik in anderen Weltregionen vergleiche. "Das Verhältnis zu Europa etwa hat sich seit Trumps Amtsantritt deutlich verschlechtert. Im Nahen Osten hingegen - und gerade mit Blick auf Syrien - hat sich gar nicht so viel verändert. Im Grunde verfolgen die Amerikaner weiter einen stark isolationistischen Kurs nach dem Motto 'Hands off'."

Jerusalem US-Präsident Trump Benjamin Netanjahu
Freundschaft mit Folgen: US-Präsident Trump und der israelische Premier Benjamin NetanjahuBild: picture-alliance/Zuma/M. Stern

Symbolpolitik in Syrien

In Syrien etwa verfolgte Trumps Vorgänger Barack Obama seine gesamte Amtszeit über einen sehr zurückhaltenden Kurs. Im Sommer 2012 ließ Obama der syrischen Regierung eine deutliche Warnung zukommen: Setze sie gegen ihre Gegner Giftgas ein, sei damit eine "rote Linie" überschritten. Syriens Präsident Baschar al-Assad zeigte sich unbeeindruckt: Ein Jahr später, im August 2013, griff er seine Gegner mit Chemiewaffen an - mutmaßlich 1300 Menschen kamen ums Leben. Obama beließ es bei Empörungsbekundungen, zog aber keine direkten militärischen Konsequenzen. Allerdings versorgten die USA die gemäßigten syrischen Rebellen mit Waffen.

Das war eine äußerst zurückhaltende Reaktion - verglichen mit dem Engagement, das Russland seit 2015 zugunsten Baschar al-Assads zeigt. Zusammen mit iranischen Truppen griff Putin in den Krieg ein und verhinderte so den Sturz des syrischen Präsidenten. Dass dieser internationalen Menschenrechtsorganisationen zufolge massive Menschenrechtsverletzungen zu verantworten hatte, störte Putin nicht. Etwas anderes war ihm wichtiger: Russland wieder zu einem substantiellen Akteur im Nahen Osten zu machen.

Mit der neuen Rolle Russlands hat sich auch Donald Trump weitgehend abgefunden. Er begnügte sich mit symbolischen Aktionen - so etwa im April 2017, als er einen Luftschlag gegen den syrischen Luftwaffenstützpunkt Schairat nordöstlich von Damaskus anordnete. Der Angriff war spektakulär, doch setzten die Amerikaner nicht nach.

Kampf gegen den "Islamischen Staat"

Auch in einem weiteren Punkt folgt die Trump-Regierung dem Beispiel Obamas: beim entschlossenen Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat". Nachdem Obama bereits im Sommer 2014 massive Luftschläge gegen die Dschihadisten angeordnet hatte, setzt auch Trump auf militärische Mittel. Kürzlich wurde bekannt, dass die USA im Norden Syriens eine rund 30.000 Mann starke "Grenzschutztruppe" aufbauen wollen, bestehend aus gemäßigten Assad-Gegnern und Kämpfern der Kurdenmiliz YPG besteht. Diese stehen der vor allem in der Türkei aktiven Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahe, die dort als terroristische Organisation gilt.

US-Präsident Trump in Saudi-Arabien Willkommenszeremonie
Symbolischer Waffentanz: Donald Trump in RiadBild: picture alliance/dpa/Saudi Press Agency

Zugleich soll die entstehende Gruppe auch dem Einfluss des Iran in Syrien entgegentreten. Konflikte mit dem Nato-Partner Türkei zum einen und dem Iran (und damit auch Russland)  zum anderen sind vorprogrammiert - auch wenn Washington den Konflikt zu Teheran nicht suche, wie André Bank sagt: "Einer direkten Konfrontation mit Iran weichen sie aus. Auch das diktatorische Assad-Regime bekämpfen sie kaum."

Säbeltanz mit Autokraten

In den USA steht Donald Trump nicht in dem Ruf, ein besonders feines Gespür für den Nahen Osten zu haben. Der Journalist Michael Wolff, der derzeit mit seinem Trump-Buch "Fire and Fury" Furore macht, bescheinigt Trump, eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Region zu haben. Diese habe sich lange vor allem auf die Sicht dreier Berater gestützt: "Auf Bannons Isolationismus (ihnen allen die Pest an den Hals - und halten wir uns dort raus); auf Flynns Anti-Iranismus (auf der ganzen Welt gibt es keine solche Hinterhältigkeit und Gefährlichkeit wie die der Mullahs); und auf Kushners Kissinger-Begeisterung (nicht, dass diese eine eigene Meinung darstellte - eher handelt es sich um das geflissentliche Bemühen, dem Rat des 94 Jahre alten Mannes zu folgen)."

Auf dieser Grundlage hat sich Trump für Demokratie und Menschenrechte in der Region wenig interessiert. Vorzugsweise pflegt er Kontakt zu autoritären Herrschern, wie sich im Mai vergangenen Jahres auf seiner Reise in die Region zeigte. Der berühmt gewordene Säbeltanz in Riad dokumentiert das ebenso wie die Nähe zum ägyptischen Präsident  Abdel Fattah al-Sisi.

Freie Fahrt für Saudi-Arabien

Der saudische Verteidigungsminister und designierte Kronprinz Mohammed bin Salman dürfte sich durch die öffentliche dokumentierte Nähe zu Trump außenpolitisch bestätigt fühlen. Beide Männer eint eine misstrauische, wenn nicht feindliche Sicht auf Iran, dem größten Rivalen Saudi-Arabiens in der Region. Gegen ihn führt Saudi-Arabien einen Stellvertreter-Krieg im Jemen.

Trumps Jerusalem-Plan: Die falsche Botschaft?

Der US-Präsident, sagt der Saudi-Arabien-Experte Sebastian Sons von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, habe sich in diesem Konflikt eindeutig positioniert. "Donald Trump hat insbesondere mit seinem ersten Auslandsbesuch in Riad deutlich gezeigt: Er steht voll hinter Saudi-Arabien. Er gibt ihnen quasi einen Freifahrtschein, machen zu können, was sie wollen. Das ist auch für Mohammed bin Salman ein Zeichen, jetzt mit Stärke durchgreifen zu können."

Donald Trump hat die Nahost-Politik der USA nicht neu erfunden, er reiht sich ein in die Tradition seiner Vorgänger. Stilistisch, in Wort und Auftritt, setzt er allerdings neue Akzente. Im Zusammenspiel mit unkonventionellen Entscheidungen wie der, Jerusalem öffentlich als israelische Hauptstadt anzuerkennen, hat er dem Ruf seines Landes in der Region geschadet. 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika