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Volk in Sparstrümpfen

Margret Steffen25. August 2004

Finnland, Niederlande, Griechenland: Hier nimmt es niemand so genau mit dem Kleingeld. Da kann man das Kupfergeld eigentlich auch gleich abschaffen, oder? Was in anderen Ländern geht, sorgt in Deutschland für Aufregung.

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Wenn's um den Cent geht, sind die Deutschen altmodischBild: AP

Ihre Pfennigfuchserei haben die Deutschen glücklich ins Euro-Zeitalter hinübergerettet. Soll damit irgendwann Schluss sein? "Unsere Einzelhändler sind korrekte Kaufleute", sagt Hubertus Pellengahr vom Bundesverband des Deutschen Einzelhandels. "Wir brauchen die kleinen Münzen!"

Deshalb überlässt der Staat auch den Geschäften, ob sie sich mit den Kilos von Cents herumplagen wollen. Aber jetzt drang ein Misston durchs leise Münzen-Geklimper: Wolfgang Söffner von der Bundesbank schlug vor, das Kupfergeld abzuschaffen. Es sei zu teuer in Herstellung und Handhabung.

Einzelhandel in Deutschland
Krumme Preise als LockangeboteBild: AP

Im Bundesfinanzministerium, das für solche Vorstöße eigentlich zuständig ist, will man davon nichts wissen. Ein- und Zwei-Euro-Cents abzuschaffen werde erst aktuell, wenn der deutsche Handel solche Wünsche äußere.

"Aufrundung wäre Preiserhöhung, Abrundung können wir uns nicht leisten, wegen der mickrigen Gewinnmargen", schließt Pellengahr die Cent-Abschaffung aus. Die Aufteilung der D-Mark habe eine lange Tradition.

Sorglose Finnen, großzügige Holländer

Andere Länder würden mit der kleinen Stückelung eben anders umgehen: "Die Finnen zum Beispiel hatten so etwas nie." Bei ihnen seien die kleinen Centmünzen kaum in den Verkehr gelangt, hätten praktisch nicht existiert. Die Finnen übernahmen die seit den siebziger Jahren geltenden Ab- und Aufrundungsregeln für ihr Geld. Finnische Kupercentstücke sind so selten, dass sie bei Sammlern hoch im Kurs stehen.

Euro Starter-Kit
Manche Länder haben die Kupermünzen aus dem Starterkit gleich wieder aussortiertBild: AP

Pellengahr weiter: "Auch die Holländer haben schon zu Guldenzeiten gerundet." In den Niederlanden hat der Abschied vom Kupfercent begonnen. Vom 1. September an gilt landesweit: Einzelhändler dürfen die Endbeträge an den Kassen auf fünf auf- oder abrunden. Die neue Regel ist Ergebnis einer Beratung der niederländischen Zentralbank mit dem Einzelhandel, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, Tankstellen, Banken und Verbraucherverbänden.

Davor hatte die Kleinstadt Woerden bei Utrecht einen Modellversuch gestartet: 83 Prozent der Konsumenten reagierten positiv auf die gerundeten Endbeträge. Die Einzelhändler hoffen, mit der neuen Regelung 30 Millionen Euro im Jahr zu sparen. Der Eurocent bleibt in den Niederlanden zwar weiter gesetzliches Zahlungsmittel, aber die Kunden werden immer seltener einen oder zwei Cent als Wechselgeld zurückbekommen.

Europaweites Desinteresse

Euro2004, Griechenland gegen Portugal, feiernde Griechen
Die Griechen haben dieses Jahr nicht viel Zeit zum MünzenzählenBild: AP

Auch die Griechen zucken über die kleinen Münzen die Schultern. Den Euro ehren sie, weil er ihnen nach Jahren der Inflation nun Preisstabilität beschert hat. Aber beim Wechselgeld verzichten sie auf die Kupfermünzen, manchmal sogar auf die Zehner.

Die Verkäufer legen dann Naturalien auf den Ladentisch - einen Lutscher oder Bonbons. Die Athener Regierung versuchte 2002 der Abneigung ihrer Bürger mit einer Kampagne zu begegnen, bei der die EU Geld zuschoss. "Beim Euro zählt jeder Cent!", hieß es für eine Weile auf Plakaten und im Fernsehen.

Mein Kleingeld gehört mir

Den Deutschen braucht das keiner zwei Mal zu sagen. "Die Deutschen haben immer auf den Pfennig geschaut. Und das ist ihr gutes Recht", sagt Einzelhandels-Sprecher Pellengahr. Natürlich verursache das Kleingeld Kosten beim Zählen und Aufbewahren. Aber wer mit glatten Preisen arbeiten wolle, könne das schließlich tun. "Wie das ankommt, muss man dem Markt überlassen."

Euro - Bundesbank Frankfurt
Die Bundesbank fährt durch die teuren kleinen Münzen weniger Gewinn einBild: AP

Der Markt ist schließlich auch Schuld an der Diskussion. Genauer gesagt: Die Chinesen. Denn die kaufen der Welt den Schrott für ihre boomende Stahlindustrie vor der Nase weg. Den deutschen Münzprägern fehlt der Rohstoff für frische Kupferstücke. Da haben auch die Appelle der Politiker nichts genützt: Centhäufchen aus Vasen, Schalen und Dosen wieder ins Supermarktlicht zu bringen. Die Deutschen horten das Kleingeld zu Hause.