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Die NATO, eine Wertegemeinschaft

25. März 2009

Die USA solle in Europa bleiben, Russland hielte man am besten außen vor und Deutschland solle "unten" gehalten werden - mit diesem Satz beschrieb der erste NATO-Generalsekretär Lord Ismay den Zweck der Allianz.

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Das Logo der NATO: blau auf weißem Grund
Zwölf Staaten gründeten die NATO vor 60 Jahren

Washington: 4. April 1949. In feierlicher Atmosphäre unterzeichnen die Außenminister zwölf amerikanischer und europäischer Staaten das Gründungsdokument des Nordatlantikpaktes. Auch wenn der Zweite Weltkrieg den Beteiligten noch gut im Gedächtnis ist, ist der große Feind der NATO nicht das entmilitarisierte Deutschland, sondern die Sowjetunion.

Eine Alternative gibt es nicht

Schwarz-weiß Fotografie von der Gründungszeremonie der NATO (Foto: AP)
In Washington wurde das Gründungsdokument der NATO unterzeichnetBild: AP

Eine Alternative zum Bündnis mit den USA gebe es nicht für Westeuropa, erklärt der britische Außenminister Ernest Bevin in einer Rundfunkansprache: "Was hätten die friedens- und freiheitsliebenden Nationen denn tun sollen? Untätig abwarten, dass eine nach der anderen vernichtet wird? Oder aber ein System der kollektiven Sicherheit bilden, das ihre Völker zusammenschweißt, im starken Widerstand gegen diese Bedrohung? Wir haben uns für den zweiten Weg entschieden."

Kern des Nordatlantikvertrages ist Artikel 5 - die Beistandsgarantie. Damit versichern sich die Mitgliedsstaaten gegenseitige Hilfe bei einem Angriff. Welchen Verteidigungsbeitrag sie dabei genau leisten, überlässt der Vertrag den einzelnen Mitgliedsstaaten.

Wertegemeinschaft

Von Beginn an versteht sich die NATO als Werte-Gemeinschaft. Trotzdem werden auch nicht-demokratische Staaten ins Bündnis aufgenommen.

Nicht nur aus strategischen Gründen, wie der Erlanger Militärexperte Franz-Josef Meiers erklärt: "Nach innen spielen die Werte eine sehr wichtige Rolle. Durch die Mitgliedschaft sollte der Prozess der Demokratisierung in Ländern wie etwa Spanien oder Griechenland beschleunigt werden."

"Erstmals stieg die deutsche Flagge empor"

Schwarz-weiß Bild von Konrad Adenauer, der am Schreibtisch sitzt (Foto: AP)
Auch Deutschland trat der NATO bei - sechs Jahre nach ihrer Gründung (Archivbild: 1949)Bild: AP

Ein Sonderfall ist Deutschland. Im Krieg zerstört und entmilitarisiert, aber für die NATO auf Dauer strategisch unverzichtbar. Am 9. Mai 1955 unterzeichnet Bundeskanzler Konrad Adenauer in Paris die Beitrittsurkunde für die Bundesrepublik.

Der spätere Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa und frühere Wehrmachts-General Hans Speidel erinnert sich: "Erstmals erklang im NATO-Hauptquartier bei Paris das Deutschlandlied, erstmals stieg unsere Flagge am Mast empor. Ein Wunder im Rückblick auf die schwere Vergangenheit!"

NATO zur Entspannung des Ost-West-Konflikts

Nach dieser Erweiterung der Allianz bilden die Sowjetunion und ihre Verbündeten den Warschauer Pakt. Bis zum Fall der Mauer stehen sich diese beiden Blöcke hochgerüstet gegenüber. Für die NATO ist die Bereithaltung von Atom-Waffen und die Drohung mit ihrem potentiellen Einsatz der Kern ihrer Abschreckungspolitik gegenüber Moskau.

Doch in den 60er-Jahren gewinnt mit dem Bericht zur Lage der NATO des belgischen Außenministers Harmel auch die entspannungspolitische Seite des Bündnisses an Bedeutung. Der Erlanger Politikwissenschaftler Franz-Josef Meiers spricht von einer "Zeitenwende im Bündnis", die in den Hauptstädten dazu führe, dass die NATO nicht nur als rein militärisches Instrument, sondern auch in zunehmenden Maße als politisch gestaltendes Instrument zu sehen sei. "Sicherheit wird nicht mehr an der Zahl der Divisionen gemessen, sondern trägt über Entspannungsmaßnahmen und Rüstungskontrolle dazu bei, dass es nicht zu weiteren krisenhaften Verschärfung des Ost-West-Konflikts kommt", erläutert der Politikwissenschaftler.

Grenzen der Entspannungspolitik

Der Start von Pershing II-Raketen (Foto: AP)
Die Angst vor diesen Pershing II rief eine große Friedensbewegung hervor (Archivbild: 1983)Bild: AP

Ende der 70er-Jahre kommt die Entspannungspolitik an ihre Grenzen. Der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt warnt vor einer folgenschweren Entwicklung: "Jede Woche kommt eine neue SS-20-Rakete dazu, mit drei Sprengköpfen – fünfzig im Jahr. Die USA und das atlantische Bündnis wollen sich die Möglichkeit schaffen, dem wachsenden Ungleichgewicht in diesem Bereich entgegenzuwirken."

Die Nato antwortet mit den Stationierungsplänen für Pershing-II-Atomraketen. In Europa formiert sich daraufhin die größte Friedensbewegung seit Ende des Weltkriegs. Der damalige Bundeskanzler Willy Brandt kritisiert: "Über 70 Prozent der Menschen der Bundesrepublik halten nichts davon, dass Deutschland immer mehr vollgestopft wird mit diesem atomaren Teufelszeug."

Trotz des Protestes von Willy Brandt: Die Aufrüstung kommt unter Schmidts Nachfolger Helmut Kohl. 1985 betritt in Moskau Michail Gorbatschow die Bühne. Seine Reformpolitik führt zum Ende des Ost-West-Konflikts, zur Verschrottung von SS-20-Raketen und Pershing-II und zwingt die nordatlantische Allianz sich nach dem Fall der Mauer neu zu erfinden.

Autor: Andreas Noll

Redaktion: Heidi Engels

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