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Bauarbeiter (Gruibingen)

27. April 2010

Jeden Tag wird sein Werk mit Füßen getreten und überfahren: Jochen Wörz baut Straßen. Der Job zwischen flüssigem Asphalt und Straßenwalze ist harte körperliche Arbeit. Und ein Zwölf-Stunden-Tag ist keine Seltenheit.

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Jochen Wörz (Foto: DW)
Jochen Wörz

Wenn Jochen Wörz seinen Tag mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarette beginnt, kann er von seiner Wohnung aus auf die A8 schauen. Die Autobahn ist die Hauptverkehrsader im Süden Deutschlands zwischen Stuttgart und München. Irgendwo da draußen ist auch die Baustelle, auf der er heute mit seinen Kollegen die Fahrbahn ausbessern wird.

Der sympathische Straßenbauer lebt in bescheidenen Verhältnissen zur Miete in einer Wohnung auf der zweiten Etage. Das Haus steht auf einem Berg in Gruibingen, einem 2500-Seelen-Dorf mitten auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg. Geboren ist er im gerade mal sieben Kilometer entfernten Wiesensteig. Sein ganzes Leben hat er hier verbracht.

Alleinerziehender Vater

Bevor der 43-Jährige gegen 06:30 das Haus verlässt, weckt er seinen neunjährigen Sohn Julian und gibt ihm genaue Anweisungen für den Tag. Seit 2001 ist Wörz geschieden. Seine Ex-Frau wohnt noch immer in der Nähe. Beide teilen sich die Betreuung des gemeinsamen Sohnes. Auch Jochen Wörzs Mutter lebt in der Nachbarschaft, genau wie seine Schwester. Sie helfen ebenfalls bei Julians Erziehung. Nur ein paar Hundert Meter vom Haus entfernt befindet sich der Firmensitz der Straßen- und Tiefbaufirma Moll aus Gruibingen. Dort hat Wörz vor genau 27 Jahren seine Lehre begonnen. Jetzt ist er Vorarbeiter. Die Firma gibt es seit 70 Jahren. Sie beschäftigt mittlerweile mehr als 100 Arbeiter. Von der Firma aus geht es zur Baustelle, die irgendwo im Umkreis von 40 Kilometern liegt.

Jochen Wörz beim Straßenbau (Foto: DW)
Straßenbauer ist ein harter JobBild: DW

Wörz und seine Männer bringen den Straßenbelag auf. Die Arbeit seiner Kolonne beginnt erst, wenn die Roharbeiten fertig sind. Jochen Wörz und seine Kollegen bringen dann die letzten zwei bis drei Zentimeter Asphalt auf. Der ist Anfangs 160 Grad heiß. Die Arbeit ist hart und schweißtreibend. Humor, Spaß und Witze machen sie erträglich.

Kurze Pause, langer Tag

Um 10:30 Uhr ist Pause. In seiner Brotdose hat Wörz Obst, ein Paar Scheiben Brot, Käse und verschiedene Wurstsorten mit gebracht. Nach einer halben Stunde geht die Arbeit weiter - bis in den Abend hinein. Manchmal dauert der Arbeitstag über zwölf Stunden. In der Regel von April bis November. Ab Dezember kommen die Arbeiten wegen der Winterkälte für mehrere Monate zum Stillstand. Dann erhalten Wörz und seine Kollegen vom Arbeitsamt als Ausgleich das sogenannte Schlechtwettergeld. Wörz kriegt dann nur noch 60 Prozent seines üblichen Gehalts. Doch für eine Urlaubsreise reicht es. Mit seinem Sohn war er sogar schon in Ägypten. Wörz sieht das Leben durch die Augen seines Sohnes. Er ist sein Ein und Alles. Das Wichtigste für ihn: Julian sol eine gute Schulbildung bekommen. Für sich selbst hofft Jochen Wörz, irgendwann eine neue Liebe zu finden.

Ein erfüllter, harter Alltag

Er ist für Jochen Wörz das Ein und Alles: Sohn Julian (Foto: DW)
Er ist für Jochen Wörz das Ein und Alles: Sohn JulianBild: DW

Die größte Freude ist es für Jochen Wörz, nach einem erfüllten Arbeitstag nach Hause zu kommen. "Ich weiß dann, mein Sohn wartet auf mich", sagt er. Sein Lieblingsgericht sind Linsen mit Spätzle - typisch Schwäbisch. Meistens aber müssen er und Julian mit kalter Küche auskommen. Ab und an geht Wörz abends in die "Gaststätte Hirsch". Der Inhaber ist sein alter Schulfreund. An seinem Stammtisch trifft Wörz Freunde und Bekannte auf ein Glas Bier. Hier sind alle gleich - Straßenbauer oder Chef, Beamter oder kleiner Angestellter. Auch die Freundschaften aus seiner Jugendzeit sind ihm wichtig. Wörz liebt Rockmusik - und würde gerne öfters Rockkonzerte besuchen. Doch leider verirrt nur selten eine Band nach Gruibingen. Dennoch - er würde nirgendwo anders wohnen wollen.

Autor: Amjad Ali
Redaktion: Matthias von Hein