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Gesellschaft

Alternativer Nobelpreis: Standhafte Helden

Jeannette Cwienk | Daniel Heinrich
24. September 2018

Drei Menschenrechtsaktivisten, zwei Anti-Korruptionskämpfer, ein Farmer und ein Agrarwissenschaftler - das sind die diesjährigen Preisträger des Alternativen Nobelpreises. Sie kommen aus der ganzen Welt.

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Preisträger des Right Livelihood Award: Abdullah al-Hamid, Mohammad Fahad al-Qahtani und Waleed Abu al-Khair
Die Preisträger in Haft: Abdullah al-Hamid, Mohammad Fahad al-Qahtani, Waleed Abu al-KhairBild: Right Livelihood Award/Ahmed al-Osaimi

"Wir ehren und unterstützen mutige Menschen und Organisationen, die konkrete Lösungen für tiefgreifende globale Probleme anbieten", heißt es bei den Organisatoren des Alternativen Nobelpreises in Stockholm. Offiziell heißt der Preis "Right Livelihood Award" und wird seit 1980 jedes Jahr Anfang Dezember verliehen. In diesem Jahr kommen die Preisträger aus Saudi-Arabien, Guatemala, Kolumbien, Australien und Burkina Faso.

Die Menschenrechtsaktivisten

In ihrem Land sind sie schon jetzt berühmt: Abdullah al-Hamid, Mohammad Fahad al-Qahtani und Waleed Abu al-Khair (Artikelbild) gehören zu den prominentesten Menschenrechtsanwälten Saudi-Arabiens und sind eng mit einer der wenigen Menschenrechtsorganisationen des Landes, der Saudi Civil and Political Rights Association (ACPRA), verbunden. In einem Land, in dem die Herrscherfamilie der Al-Sauds in enger Allianz mit dem ultrakonservativen wahhabitischen Klerus eine totalitäre Herrschaft ausübt, sind sich die drei in ihrem Bemühen um Reformen immer treu geblieben. Ihre Forderungen nach der Einhaltung der universalen Menschenrechte, der Einrichtung einer konstitutionellen Monarchie und der Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft haben sie immer friedlich gestellt. Eine Konsequenz ihres Handelns: Alle drei sind zu zehn bis 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden und verbüßen gerade ihre Haftstrafe.

Logo The Right Livelihood Award
Logo des Right Livelihood Award

Sie wurden "aufgrund ihrer visionären und mutigen Bemühungen, basierend auf dem Glauben an universelle Menschenrechte, das totalitäre Herrschaftssystem in Saudi Arabien zu reformieren" ausgezeichnet.

Die Anti-Korruptionskämpfer

***SPERRFRIST 24.09.2018 um 09.00 Uhr*****  Right Livelihood Award Bildkombo Ivan Velasques und Thelma Aldana
Iván Velásquez und Thelma AldanaBild: Getty Images/AFP/O. Estrada//J. Ordonez

Iván Velásquez (Kolumbien) und Thelma Aldana (Guatemala) gehören zu den profiliertesten Anti-Korruptionskämpfern der Welt. Die beiden leiten seit 2014 die Internationale Kommission gegen die Straffreiheit in Guatemala (CICIG). Diese unabhängige Körperschaft der UNO ist seit 2006 damit beauftragt, Schwerverbrechen in Guatemala zu verfolgen. In einem Land, das immer noch unter den Folgen des jahrzehntelangen Bürgerkriegs leidet (zwischen 1960 und 1996), haben Aldana und Velásquez neue Standards bei der Beschreitung von Rechtswegen gesetzt. Aufgrund ihrer unermüdlichen Arbeit konnten bis zu diesem Tag mehr als 60 kriminelle Organisationen ausfindig gemacht werden. Es gab mehr als 300 Verurteilungen und 34 Gesetzesreformen zur Bekämpfung der Korruption. Dass die beiden auch nicht vor den ganz großen Fischen zurückschrecken, hat alleine die Verhaftung des damaligen Präsidenten Otto Pérez Molina und seiner Stellvertreterin Roxanna Baldetti im Herbst 2015 gezeigt. Die Aufhebung der Immunität war ein Novum in der Geschichte des mittelamerikanischen Landes. 

Das Komitee zeichnete sie "für ihren erfindungsreichen Ansatz, Machtmissbrauch aufzudecken, Korruption zu verfolgen und dadurch das Vertrauen der Öffentlichkeit in öffentliche Institutionen wiederherzustellen" aus.

Der Agrarwissenschaftler

***SPERRFRIST 24.09.2018 um 09.00 Uhr*****  Right Livelihood Award Tony Rinaudo
Tony RinaudoBild: Right Livelihood Award/World Vision/Silas Koch

Sein Spitzname ist Programm: Der Australier Tony Rinaudo ist auch bekannt als der "Waldmacher". Jahrzehntelang hat der Agrarwissenschaftler in Afrika gelebt und gearbeitet. Rinaudo hat es sich zur Aufgabe gemacht, die extreme Entwaldung

und Austrocknung der Sahelzone zu bekämpfen. Die von ihm entwickelte Technik besteht darin, Bäume aus unterirdischen Wurzelgeflechten entstehen zu lassen. Rinaudo bezeichnet diese als "Untergrundwälder". Der Erfolg seiner Methode ist beeindruckend: Allein im Niger sind so über die Jahre 50.000 Quadratkilometer Land mit über 200 Millionen Bäumen wiederhergestellt worden. 

Was Rinaudo über die Jahre erschaffen hat, ist inzwischen weit mehr als eine agrarwissenschaftliche Technik: Er hat eine ganze Bewegung unter Landwirten ins Leben gerufen, die die Region der Sahelzone begrünen möchte. Das Potenzial erscheint noch lange nicht ausgeschöpft: Mit Hilfe seiner Methode wäre es möglich, ein Gebiet so groß wie Indien wiederherzustellen.

Rinaudo erhielt den Alternativen Nobelpreis "für seine eindrückliche Fähigkeit, weitläufige Trockengebiete in fruchtbare Böden zu verwandeln und dadurch die Lebensqualität von Millionen von Menschen zu verbessern".

Der Landwirt

***SPERRFRIST 24.09.2018 um 09.00 Uhr*****  Right Livelihood Award Yacouba Sawadogo
Yacouba SawadogoBild: Right Livelihood Award/Mark Dodd

Er ist der Mann, der "die Wüste stoppte": Yacouba Sawadogo aus dem westafrikanischen Burkina Faso begann im Jahr 1980 damit, ein knapp 40 Hektar großes Stück unwirtlichen Landes in Waldgebiet zu verwandeln. Heute gibt es dort mehr als sechzig Baum- und Buscharten, es gehört zweifelsohne zu einem der facettenreichsten Waldgebiete der Sahelzone. Sawadogos Erfolg beruht darauf, dass er Bäume zusammen mit Weizen anbaut. In der Sprache der Einheimischen heißt seine Methode "zaï": Durch das Wurzelgeflecht der Bäume wird Regenwasser länger im Boden konserviert, das Getreide wird zum Futter für die Viehzucht. Obwohl er zu Beginn mit viel Widerstand zu kämpfen hatte - er wurde als "verrückt" bezeichnet und seine Felder angezündet - hat er niemals daran gedacht, aufzugeben. Heute hält er Seminare in Burkina Faso und Niger und hat so Tausenden von Farmern geholfen, ihr Land wieder zu erneuern. Abgesehen vom direkten Effekt, Landwirten zu helfen, könnte sich die zaï-Methode zu einem wichtigen Instrument bei der Bekämpfung von Fluchtursachen und der Schaffung von dauerhaftem Frieden entwickeln.

Das Preiskomitee lobte ihn "dafür, dass er es geschafft hat, unwirtliches Wüstenland in Wald zu verwandeln und Landwirten beibringt, ihre Böden mit einer innovativen Idee wiederherstellen zu können."

DW-Redakteurin Jeannette Cwienk
Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin mit Fokus auf Klima- und Umweltthemen