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Bauern an die Macht, Lehrer auf das Land

Elizabeth Shoo5. Mai 2014

Mao ist einer der wichtigsten, aber auch umstrittensten Politiker Chinas. War er ein Held oder ein Diktator? Die Meinungen über ihn gehen auseinander. Auch bei Oma Huifang und ihrem Mann Duan Zhen.

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Mao Zedong 1960 (Foto: Hulton Archive/Getty Images)
Bild: Getty Images

Was passierte mit den Intellektuellen während der Kulturrevolution?

Zu Beginn der Kulturrevolution, zwischen 1966 und 1968, herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände in China. Die sogenannten "falschen Intellektuellen" werden öffentlich gedemütigt, gefoltert oder sogar ermordet. Jeder geht gegen jeden vor. Familienmitglieder denunzieren sich gegenseitig. Schulen und Universitäten müssen schließen. Die Massen stürmen Behörden, werfen die Angestellten raus und übernehmen deren Jobs.

Oma Huifang ist schon vor der Kulturrevolution Direktorin einer Grundschule. Diese Stelle kann sie bis zu ihrem Ruhestand behalten - im Gegensatz zu vielen anderen Lehrern. "Vielleicht lag es daran, dass ich in der Schule sehr gut vernetzt und mit vielen Kollegen gut befreundet war - bis heute", sagt sie. Es gibt fast keinen Kollegen, der sie denunziert hat. Das ist in dieser Zeit äußerst selten.

Ihrem Mann Duan Zhen ergeht es anders. Er ist Pädagoge und wird schon 1958 als sogenannter "Rechtsabweichler" verurteilt. Er verliert seinen Job und muss körperlich hart arbeiten - mal in einer Fabrik, mal im Hafen, mal auf dem Land oder auf einem Bauernhof.

Warum sah Mao die Intellektuellen als Feinde?

Mao will alles beseitigen, was ihm bei seiner Revolution im Weg stehen könnte. Dabei helfen ihm vor allem die Roten Garden. Sie bestehen zum Großteil aus arbeitslosen Jugendlichen, die sich leicht für Maos Ideen begeistern lassen. Kurz nach dem Auftakt der Kulturrevolution 1966 beschließen die Roten Garden ein 23-Punkte-Programm. Es soll als Richtlinie gelten, um ihre Ziele zu erreichen. "Die Intellektuellen sollen in Dörfern arbeiten", steht darin oder "Die Handelsunternehmen müssen reorganisiert werden, um den Arbeitern, Bauern und Soldaten zu dienen". Diese Punkte zeigen, dass Mao die einfachen Arbeiter bevorzugt.

Demonstration am 13. August 1966 in Peking während der Kulturrevolution (Foto: AP)
"Mao bevorzugt die einfachen Arbeiter" - Hier eine Demonstration während der Kulturrevolution im August 1966Bild: AP

"Mao war gegen die Intellektuellen, weil sie, wie er es ausdrückte, oft einen bourgeoisen Hintergrund hatten", sagt Barbara Mittler, Sinologin an der Universität Heidelberg. "Außerdem hatten sie einen Wissensvorsprung und verhinderten aus seiner Sicht manche der Maßnahmen zur Alphabetisierung. Sie ließen so andere Klassen nicht an neues Wissen heran."

Mitglieder der Roten Garde hetzen gegen "konterrevolutionäre Umtriebe“ in der Gesellschaft und üben Lynchjustiz. Intellektuelle, die für das kapitalistische System stehen, werden als Klassenfeinde angesehen. Dazu gehören Lehrer, Professoren und Ärzte. Hunderttausende Menschen kommen ums Leben.

Wird Mao in China als Diktator gesehen?

Oma Huifang steht Mao weniger kritisch gegenüber als ihr Mann. Vielleicht, weil sie nicht so schwer betroffen war wie er. Trotzdem betont sie ständig, dass die 20 Jahre unter Maos Herrschaft "völlig absurd" waren. Mao habe "einen großen Fehler gemacht", sagt sie. Im Gegensatz dazu meint ihr Mann Duan Zhen, Mao gehöre zu den schlechtesten Diktatoren in der chinesischen Geschichte. Früher war Duan Zhen selbst ein großer Mao-Fan - bis in die 80er Jahre hinein, als die Geschichte der Kulturrevolution zum Teil aufgearbeitet wurde.

Oma Huifang und ihr Ehemann Duan Zhen (Foto: privat)
Auch Oma Huifang (rechts) und Opa Duan Zhen haben verschiedene Meinungen zu MaoBild: privat

Mao wird bis heute als einer der großen politischen Führer Chinas betrachtet. In seinem Land gilt er nicht als Diktator, sondern eher als Held, weil er unter anderem 1949 China vereinte. "Er wird als Vater des geeinten Landes gesehen, als großer Politiker", sagt die Sinologin Barbara Mittler. "Diktator ist nicht unbedingt die Vokabel, die man für ihn benutzen würde."