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Politik

Corona-Krise verschärft Kinderarmut

22. Juli 2020

Die Folgen der Pandemie bekommen alle zu spüren - doch nicht alle gleich stark. Eine neue Studie zeigt: Kinder aus armen Verhältnissen haben unter den Einschränkungen besonders zu leiden.

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"It Wasn't Us" von Katharina Grosse im Hamburger Bahnhof Kunstmuseum
Ein Kind vor dem Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart in Berlin (Symbolbild)Bild: Getty Images/A. Berry

Mehr als jedes fünfte Kind (21,3 Prozent) lebt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung in Armut. Das sind 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Fast jedes siebte Kind (13,8 Prozent) ist demnach auf Grundsicherung angewiesen.

Die Corona-Pandemie verschärft die Probleme. Wie die Analyse zeigt, arbeiten Eltern benachteiligter Kinder häufig in Teilzeit oder als Minijobber; gerade sie sind in der Krise überdurchschnittlich stark von Einkommenseinbußen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes betroffen. Hinzu komme, dass in der Zeit des Lockdowns viele außerhäusliche Unterstützungsangebote wegfielen, sagte der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger.

Kein PC mit Internetanschluss

Auch der Unterricht zu Hause sei für Kinder aus armen Verhältnissen ein größeres Problem. Denn sie verfügten oft nicht über die notwendige technische Ausstattung. 24 Prozent der Kinder, die in einem Haushalt leben, der Grundsicherung bezieht, haben der Studie zufolge keinen Zugang zu einem internetfähigen PC. Ebenso seien Rückzugsräume für ungestörtes Lernen weniger vorhanden.

Laut Studie sind 2,8 Millionen Kinder in Deutschland arm
Statt wie hier in der Schule wurde für lange Zeit zu Hause gelernt (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Zwar habe sich die materielle Versorgung von Kindern in der Grundsicherung in den vergangenen fünf Jahren verbessert. Der relative Unterschied zu Kindern in gesicherten Verhältnissen sei jedoch gleich geblieben, erklärte die Stiftung. Der Untersuchung liegt eine kombinierte Armutsmessung nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zugrunde. Sie berücksichtigt Kinder aus Familien, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des Durchschnitts aller Haushalte beträgt, und Minderjährige, deren Familien Hartz IV erhalten.

"Ungelöstes strukturelles Problem"

Regional gibt es große Unterschiede: In einigen Kommunen in Deutschland beziehen bis zu 40 Prozent der Kinder Grundsicherung, in anderen dagegen nur zwei Prozent. Während in Ostdeutschland der Anteil der Kinder, die von Grundsicherung abhängig sind, von 22,1 Prozent im Jahr 2014 auf 16,9 Prozent im Jahr 2019 fiel, stagniert die Quote in Westdeutschland bei rund 13 Prozent.

"Kinderarmut bleibt ein ungelöstes strukturelles Problem mit erheblichen Folgen", so die Experten. "Die Politik tut zu wenig, um Kindern Armut zu ersparen", sagte Stiftungsvorstand Dräger. Er verwies dabei auch auf neue sozial- und familienpolitische Konzepte, etwa Vorschläge für ein Teilhabegeld oder eine Kindergrundsicherung. Außerdem müssten Strukturen für eine konsequente Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ausgebaut werden.

jj/se (dpa, afp, epd)