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Politik

Ein Stück Krippe für Bethlehem

29. November 2019

Eine kleine Reliquie aus Holz kehrt nach mehreren Jahrhunderten in Rom nach Bethlehem zurück. Es ist ein Geschenk von Papst Franziskus an die palästinensischen Christen und Besucher im Heiligen Land.

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Israel | Ankunft von Krippen-Reliquie in Jerusalem
Bild: Reuters/A. Awad

Rund 1400 Jahre hat es gedauert. Nun kehrt ein kleines Stück Holz der Jesus-Krippe wieder ins Heilige Land zurück. Das Fragment gehört zu einer der bedeutendsten Reliquien - der Krippe, in der der christlichen Überlieferung nach das Jesuskind vor rund 2000 Jahren gelegen haben soll.  "Es ist sehr wichtig für uns, dass dieses Stück der Krippe zurück ins Heilige Land kommt - nach so vielen Jahrhunderten", erklärt Francesco Patton, Kustos des Franziskanersordens des Heiligen Landes, in dessen Obhut die Reliquie übergeben wurde. "Als mir gesagt wurde, dass Papst Franziskus uns diese Reliquie anvertraut, war das sehr bewegend und wichtig für uns."

Das fingerlange Stück Holz ist nun als Reliquie eingefasst und steht für einen Tag in Jerusalem, bevor es in einer feierlichen Prozession weiter nach Bethlehem gebracht wird. Nach der Messe knien einige Gläubige davor nieder, es wird geküsst - oder mit dem Handy fotografiert. "Es ist ein sehr spezieller Moment, dass das Holz an den Ort zurückkommt, zu dem es gehört. Das ist wichtig für uns Christen, Palästinenser und Pilger", sagt Eliane Abdel-Nour aus Jerusalem. Auch Alessandra Soldati ist zur Messe gekommen. Für sie ist die Reliquie etwas Besonderes: "Ich bin sehr glücklich heute, dieses Stück hier zu sehen. Etwas, das seit dem 1. Jahrhundert nicht mehr hier war", sagt Soldati. "Es ist etwas, was Jesus möglicherweise berührt hat, und das heißt doch: Er lebt, er war bei uns. Das ist einfach nur schön."

Israel Jerusalem Krippenreliquie
Gläubige empfangen das Stück der Jesus-Krippe in JerusalemBild: DW/Tania Krämer

Krippenreliquie verbleibt in Rom

Mitte des 7. Jahrhunderts war die Reliquie nach Europa gebracht worden. Der damalige Patriarch von Jerusalem, Sophronius, soll sie an Papst Theodor I. gegeben haben, so die Franziskanerkustodie. "Es ist eine wirklich historische Geste, wenn man bedenkt, dass früher die Reliquien nicht immer freiwillig aus dem Heiligen Land nach Rom gebracht wurden. Jetzt gibt Rom sie an das Heilige Land zurück", kommentiert die israelische Historikerin Yisca Harani. "Im ersten Jahrtausend brauchte Rom die Reliquien, um sich als zweites Jerusalem zu etablieren. Jetzt, im dritten Jahrtausend, braucht es seine Bedeutung nicht mehr zu demonstrieren."

Die restliche Krippenreliquie verbleibt allerdings auch weiterhin in Rom, wo sie in der Basilika Santa Mario Maggiore aufbewahrt wird, die zu den vier wichtigsten Kirchen der italienischen Hauptstadt zählt. "Das zeigt schon ihre unglaublich große Bedeutung", erklärt Pater Nikodemus von der Jerusalemer Dormitio-Abtei am Telefon aus Rom. "Santa Maria Maggiore ist eigentlich die wichtigste und älteste Marienkirche Roms und eine Kirche, die Papst Franziskus liebt. Er geht dort nach jeder apostolischen Reise beten, er bringt dort gerne Blumen hin. Wenn unser Papst jetzt ein Stück dieser Krippe wieder zum Ursprungsort zurückgibt, ist es auch ein Stück seines Herzens."

Israel Jerusalem Krippenreliquie
Als Reliquie präsentiert: das fingerlange Stück Holz, das 2000 Jahre alt sein soll.Bild: DW/Tania Krämer

Weihnachtsbotschaft von Rom nach Bethlehem

"Reliquienverehrung ist für viele Menschen im westlichen Kulturkreis, auch in Deutschland, etwas Irritierendes und nicht jeder kann damit etwas anfangen”, sagt Pater Nikodemus. Abgesehen von der Diskussion um die Echtheit einer Reliquie gilt deren Verehrung als durchaus umstritten im Christentum. Für einige ist es Aberglaube, andere sprechen Reliquien Wunder zu. Als Reliquien gelten zum Beispiel Knochen von Heiligen, sogenannte primäre Reliquien. Gegenstände, die mit Heiligen in Berührung gekommen sind, gelten als sekundäre Reliquien - so wie die Krippenreliquie. „Die Krippe macht Weihnachten nochmal richtig greifbar”, glaubt Pater Nikodemus. "Man kann sagen, hier in diesem Futtertrog, dieser Krippe, hier lag Jesus drin. Das hat Maria berührt, das hat Josef berührt. Wir Menschen brauchen es manchmal handgreiflich, damit es von der Hand, dem Kopf, ins Herz geht. Es ist ein Ernstnehmen, dass Gott wirklich Mensch wurde."

Beobachter sehen in der Rückgabe auch eine Weihnachtsbotschaft des Papstes an die palästinensischen Christen in der gesamten Region. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas habe beim Papst um eine Ausleihe der Krippenreliquie für die Adventszeit gebeten, so Issa Kassissieh, palästinensischer Botschafter beim Heiligen Stuhl. Dass ein Stück davon nun auf Dauer in Bethlehem bleiben kann, sei eine umso wichtigere Geste. „Es ist eine Botschaft des Friedens an die Menschen im Heiligen Land, sich nicht entmutigen zu lassen und auf eine bessere Zukunft zu hoffen."

Porträt einer Frau mit dunklen Haaren
Tania Krämer DW-Korrespondentin, Autorin, Reporterin