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Politik

Empörung über Ausschreitungen am Reichstag

30. August 2020

Deutliche Worte der Bundesregierung und des Bundespräsidenten: Die Eskalation vor dem Berliner Reichstagsgebäude beim Protest gegen die Corona-Auflagen sei beschämend. Für Rechtsextreme dürfe es keine Plattform geben.

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Eine Gruppe Polizisten in Schutzausrüsten stellte sich auf einer Treppe gegen Demonstranten
Die Polizei versuchte die Demonstranten, die Absperrungen durchbrachen, vom Reichstag zurückzudrängenBild: Reuters/C. Mang

"Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie. Das werden wir niemals hinnehmen", erklärte Steinmeier. "Unsere Demokratie lebt", fügte er hinzu. Wer sich über die Corona-Maßnahmen ärgere oder ihre Notwendigkeit anzweifele, könne das tun, auch öffentlich, auch in Demonstrationen. "Mein Verständnis endet da, wo Demonstranten sich vor den Karren von Demokratiefeinden und politischen Hetzern spannen lassen." Der Bundespräsident dankte den Polizistinnen und Polizisten, "die in schwieriger Lage äußerst besonnen gehandelt haben".

Am Samstag hatten Demonstranten in Berlin am Reichstagsgebäude, dem Sitz des deutschen Parlaments, eine Absperrung durchbrochen und waren die Treppe hinauf gelaufen. Sie schwenkten schwarz-weiß-rote Reichsflaggen, die häufig von Rechtsextremisten verwendet werden. Einige von ihnen warfen Flaschen und Steine auf Polizisten, die die Demonstranten wieder zurückdrängten.

"Reichstagsgebäude für Zwecke missbraucht"

Innenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der "Bild am Sonntag", dass Chaoten und Extremisten das Reichstagsgebäude für ihre Zwecke missbrauchten, sei unerträglich. "Meinungsvielfalt ist ein Markenzeichen einer gesunden Gesellschaft. Die Versammlungsfreiheit hat aber dort ihre Grenzen, wo staatliche Regeln mit Füßen getreten werden."

Eine Menschenmenge vor dem Reichstag mit Flaggen
Auf den Stufen des Reichstags wurden auch einige schwarz-weiß-rote Reichsflaggen geschwenktBild: picture-alliance/dpa/L. Dubro

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) teilte auf Twitter mit: "Nazisymbole, Reichsbürger- und Kaiserreichflaggen haben vor dem Deutschen Bundestag rein gar nichts verloren." Außenminister Heiko Maas (SPD) twitterte: "Reichsflaggen vorm Parlament sind beschämend."

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat eine harte Antwort des Staates gefordert. "Das unerträgliche Bild von Reichsbürgern und Neonazis vor dem Reichstag darf sich nicht wiederholen - nicht vor dem Parlament und niemals im Parlament". Der demokratische Rechtsstaat garantiere das Recht, friedlich zu demonstrieren, sagte Lambrecht. "Wer aber den Bundestag attackiert und Reichsflaggen schwenkt, zeigt nichts als Hass auf die Demokratie und Verachtung für alles, was unser Land ausmacht."

Auch die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, hat die Vorfälle am Reichstagsgebäude kritisiert. "Es ist inakzeptabel, dass einige Chaoten nach der friedlichen Corona-Demonstration in Berlin die Polizei-Absperrungen vor dem Reichstag durchbrochen haben." Dieses Verhalten sei genauso falsch wie der Missbrauch des Reichstages durch Greenpeace-Aktivisten für ihre Propaganda vor einigen Wochen, fügte Weidel hinzu.

Demo gegen Corona-Auflagen aufgelöst

In Berlin hatten am Samstag nach Angaben von Innensenator Andreas Geisel bis zu 38.000 Menschen gegen die Corona-Auflagen demonstriert. Die Großdemonstration wurde von der Polizei vor allem wegen der Nichteinhaltung der Abstandsregelungen aufgelöst. Die Abschlusskundgebung ging laut Polizei ohne Zwischenfälle zu Ende. Zuvor gab es eine Debatte über ein Verbot der Demonstration.

Auch nahe der russischen Botschaft kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Dort hätten bis zu 3000 "Reichsbürger und Extremisten" demonstriert, sagte Geisel. 200 Personen seien festgenommen worden. Insgesamt wurden dem Politiker zufolge im Verlauf der Proteste etwa 300 Menschen festgenommen.

 ust/haz (dpa, afp)