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"Entfesselte Natur" in der Kunst

Alexandra Mölleken
28. Juni 2018

Erbeben, Tsunamis, Feuer, Unfälle: Bilder von Katastrophen sind heute allgegenwärtig. Aber bereits im frühen 17. Jahrhundert waren Künstler von den Schreckensszenarien fasziniert und verarbeiteten sie in ihrer Kunst.

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Das monumentale Werk (200 x 345 cm) von Eugène Isabey (1803-1886), "Schiffbruch des Dreimasters Emily im Jahr 1823" aus dem Jahr 1865, präsentiert einen dramatischen Schiffbruch. Die Schiffbrüchigen können sich in der stürmigen See kaum noch auf Deck halten, die raue See macht es unmöglich, Rettungsboote ins Wasser zu lassen. Das Zusammenspiel von Wolken und Wasser gilt als zentrales Element.
Eugène Isabey zeigt in seinem Werk "Schiffbruch des Dreimasters Emily im Jahr 1823" (1865) eine dramatische Katastrophen-SzeneBild: Agence photographique de la Réunion des Musées Nationaux - Grand Palais des Champs Elysées/Gérard Blot

Die Hamburger Kunsthalle widmet sich in ihrer neuen Ausstellung "Entfesselte Natur: Das Bild der Katastrophe seit 1600" den Kunstwerken, die sich schon seit dem frühen 17. Jahrhundert mit der Abbildung von Katastrophen auseinandersetzten. Aber auch zeitgenössische Werke sind in Hamburg zu sehen.

Doch warum ergötzt man sich seit jeher an Bildern, die Unglück, Tragik und Leid darstellen? Warum ziehen Katastrophen den Zuschauer so sehr in ihren Bann? "Abbildungen von Katastrophen involvieren die Betrachter emotional, sie emotionalisieren ihn und verleiten zum Mitleiden", erklärt Dr. Markus Bertsch, Kurator der Hamburger Ausstellung, als zentralen Auslöser.

Im Sog der Katastrophe

"Jeder Mensch pflegt ein gewisses Grundinteresse an Katastrophen. Sie haben eine Art Sogwirkung. Aber ab einem bestimmten Punkt setzen dann die moralischen Prinzipien ein", so Bertsch. Das sei der Grund, weshalb die meisten Menschen, auch wenn sie eigentlich nicht wollen, erst einmal Nachrichten über Katastrophen, Bilder oder Videos anschauen, bevor sie entscheiden, sich wieder von der Thematik abzuwenden.

Schon seit Jahrhunderten ein häufig abgebildetes Motiv

Obwohl die Ausstellung der Hamburger Kunsthalle auch 15 bis 20 Werke aus der zeitgenössischen Kunst beinhaltet, stammt der Großteil der über 200 Exponate aus den vorigen Jahrhunderten. Ziel des Kurators und seines Kollegen Prof. Dr. Jörg Trempler von der Universität Passau, der an der Entwicklung und Erarbeitung der Ausstellung maßgeblich beteiligt war, ist die Sensibilisierung der Besucher. Sie sollen erkennen, dass Katastrophen nicht nur in der heutigen Zeit omnipräsent sind und durch die Medien verbreitet werden, sondern dass sie die Menschen schon seit Jahrhunderten faszinieren.

In Werken, die bis ins Jahr 1600 zurückgehen, zeigen unterschiedliche Künstler, dass die Katastrophe seit jeher eine zentrale Position in der Kunst einnimmt. Lediglich die Darstellung und Übermittlung haben sich im Laufe der Zeit verändert und weiter entwickelt", hebt Kurator Markus Bertsch hervor. "Die Thematik ist stets von absoluter Aktualität und Präsenz - seit Jahrhunderten - und schwappt auch immer wieder hoch."

Katastrophen heute wie gestern

Während Künstler anfangs mythische Katastrophen abbildeten, wurde die Kunst im Laufe der Jahrhunderte immer elementarer. Seit dem 18. Jahrhundert, dessen zweite Hälfte laut Bertsch als "eigentliche Geburt des Katastrophenbildes" gilt, nehmen die Künstler immer konkreter Bezug auf aktuelle Ereignisse: beispielsweise auf den großen Brand in Hamburg im Jahr 1842 oder auf den Untergang der Titanic am 14. April 1912.

Jacob Genslers (1808-1845) "Hamburg nach dem Brande von 1842"
Jacob Genslers (1808-1845) "Hamburg nach dem Brande von 1842" gilt als zentrales Gemälde, das den zerstörerischen Brand Hamburgs zeigtBild: Hamburger Kunsthalle/bpk/Elke Walford

Die einzelnen Katastrophen-Arten wie Erdbeben, Schiffbrüche, Brände, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche und viele mehr ziehen sich durch alle Epochen. Auch heute gibt es laut Bertsch keinen Fokus auf eine bestimmte Katastrophenart - die gesamte Bandbreite sei heute wie gestern Inhalt der Kunst.

Ursprünge im Theater

Der Begriff der Katastrophe kommt ursprünglich aus dem Theater. Dort ist er vor allem durch den Aspekt des Wendepunktes, den überraschenden Umschwung einer Handlung, charakterisiert. "Dieser Katastrophenbegriff aus dem Theater ist teilweise auch in die Kunst zu übertragen", erklärt Dr. Bertsch.

Denn insbesondere zu Beginn des 17. Jahrhunderts ging eine gewisse Produktivität, eine positive Konnotation mit Katastrophen einher. In den folgenden Jahrhunderten überwogen jedoch bis heute Leid, Unglück und Tragik, die durch Katastrophen ausgelöst wurden.

In unserer Bildergalerie stellen wir verschiedene Künstler und Werke aus verschiedenen Jahrhunderten vor, anhand welcher die Entwicklung und Umsetzung der Katastrophe als Motiv für die Kunst deutlich wird. 

Die Ausstellung in Hamburg läuft noch bis zum 14. Oktober 2018.