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Facebook lenkt ein: Kriegsfoto online

9. September 2016

Nachdem Facebook einen Zeitungsartikel mit einem berühmten Foto aus dem Vietnam-Krieg gelöscht hat, schlägt dem Internet-Riesen massive Kritik entgegen. Das Netzwerk reagiert mit einer Kehrtwende.

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Das berühmte Foto aus dem Vietnamkrieg: Kinder flüchten vor einem US-Napalm-Angriff, unter ihnen ein nacktes Mädchen (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo/Nick Ut

Facebook stellt nach Zensurvorwürfen ein berühmtes Foto aus dem Vietnam-Krieg wieder online, auf dem ein nacktes Mädchen nach einem Napalm-Angriff auf der Straße läuft. Das weltgrößte Online-Netzwerk hatte einen Zeitungsartikel mit dem Bild gelöscht und als Begründung auf das Verbot von Kinderpornografie verwiesen.

Brief an Zuckerberg

Der Chefredakteur der betroffenen norwegischen Zeitung "Aftenposten" hatte dem US-Konzern daraufhin Zensur und Machtmissbrauch vorgeworfen. "Ich finde, dass Sie Ihre Macht missbrauchen, und ich tue mich schwer damit, zu glauben, dass Sie das gründlich durchdacht haben", schrieb Espen Egil Hansen in einem offenen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Er sei "verärgert, enttäuscht" und besorgt darüber, dass "das wichtigste Medium der Welt Freiheit einschränkt anstatt zu versuchen, sie auszuweiten, und dass das gelegentlich auf eine autoritäre Weise passiert".

"Aftenposten"-Chefredakteur Hansen präsientiert die Ausgabe mit dem Vietnamkrieg-Foto (Foto: dpa)
"Aftenposten"-Chefredakteur Hansen präsientiert die Ausgabe mit dem Vietnamkrieg-FotoBild: picture alliance/dpa/E. Johansen

Kritik auch aus Berlin

Journalistenverbände und Medienorganisationen griffen das soziale Netzwerk ebenfalls scharf an. Auch aus der Bundesregierung kam Kritik: "Strafbare Inhalte sollten aus dem Netz verschwinden, nicht Fotos, die die ganze Welt bewegen", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der "Bild"-Zeitung.

Facebook vollzog daraufhin eine Kehrtwende: Obwohl auf dem Bild ein unbekleidetes Kind zu sehen sei, erkenne das Online-Netzwerk die historische Bedeutung des Fotos an, erklärte das Unternehmen. Das Teilen dieses Bildes habe deshalb einen höheren Stellenwert als der Schutz der Gemeinschaft durch seine Löschung. Die Systeme sollen so angepasst werden, dass das Bild auch in Zukunft beim Teilen nicht gelöscht werde. Das könne einige Tage dauern, so Facebook weiter.

In einer ersten Reaktion hatte das Netzwerk noch erklärt, es sei schwierig, bei Fotografien mit nackten Kindern einen Unterschied zu machen und die Veröffentlichung in einem Fall zu erlauben und in einem anderen nicht. "Wir versuchen, die richtige Balance zu finden zwischen der Möglichkeit für Menschen, sich auszudrücken, und einer sicheren und respektvollen Umgebung für unsere globale Gemeinschaft."

Auch norwegischer Autor blockiert

In dem Artikel auf der Facebook-Seite hatte "Aftenposten" über den norwegischen Autor Tom Egeland berichtet, den das soziale Netzwerk vor einigen Wochen blockiert hatte, nachdem er sieben berühmte Kriegsfotos auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte, unter ihnen auch die Aufnahme mit dem unbekleideten Mädchen.

Das weltberühmte Foto Bild aus dem Jahr 1972 zeigt die Vietnamesin Kim Phuc die während des Vietnamkriegs als Neunjährige nackt und vor Schmerzen schreiend vor einem US-Napalm-Angriff flüchtet. Im Hintergrund sind Soldaten der südvietnamesischen Armee zu sehen. Der Fotograf Nick Ut wurde für die Aufnahme mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

wl/stu (dpa, afp, rtr)