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Politik

Für viel Zuwanderung in deutschen Arbeitsmarkt

29. November 2022

Bundesagentur für Arbeit, Wirtschaftsweise oder Mittelständler: Sie können sich eine funktionierende Wirtschaft ohne mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland nicht mehr vorstellen. Erhellendes kommt dazu auch aus Wiesbaden.

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Alaksiej vor seinem Computer, auf dem Tisch liegt noch eine Katze
Alaksiej aus Belarus arbeitet in Berlin als IT-FachkraftBild: Privat

Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, fordert deutlich mehr Zuwanderung nach Deutschland. "Es gibt wegen des demografischen Wandels kein Szenario, wo wir ohne größere Einwanderung auskommen", sagte Nahles der "Süddeutschen Zeitung". "Deutschland ist ein Einwanderungsland." Die Bundesrepublik brauche im Saldo 400.000 zusätzliche Arbeits- und Fachkräfte im Jahr, fügte die frühere SPD-Vorsitzende hinzu.

Nahles: Immer noch viele Hürden für ausländische Arbeitskräfte

Ausländische Arbeitskräfte müssten hierzulande noch immer vergleichsweise viele Hürden nehmen. Das beginne bei Engpässen bei der Visavergabe und gehe über unterbesetzte Ausländerämter und die Anerkennung der Abschlüsse bis zu sprachlichen Barrieren. "Daher muss die Politik nochmals ran und eine Schippe oben drauflegen", verlangte Nahles. Die Fachkräftesicherung sei für sie das zentrale Arbeitsmarktthema. "Nur ein kleiner Teil kann durch Automatisierung aufgefangen werden."

Andrea Nahles
Andrea Nahles ist seit August die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für ArbeitBild: Political-Moments/IMAGO

Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit mahnte zugleich, auch das inländische Potenzial an Arbeitskräften besser auszuschöpfen. "75 Prozent der Frauen sind erwerbstätig, viele arbeiten aber Teilzeit. Junge Menschen mit Migrationshintergrund kann man stärker fördern als bisher", sagte sie. Frauen mit Migrationshintergrund seien am meisten benachteiligt am deutschen Arbeitsmarkt. "Auch Älteren oder Arbeitslosen hat man bisher nicht genug Chancen gegeben."

Schnitzer: Erleichterte Einbürgerung "unbedingt zu begrüßen"

Die Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen", Monika Schnitzer, stellte sich in diesem Zusammenhang hinter die von der Bundesregierung geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Eine erleichterte Einbürgerung stärke die Integration der in Deutschland lebenden und arbeitenden Ausländerinnen und Ausländer, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Angesichts des demografischen Wandels und des steigenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels ist das unbedingt zu begrüßen."

Monika Schnitzer
Monika Schnitzer ist die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen EntwicklungBild: Stefan Boness/Ipon/IMAGO

Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) befürwortet die Pläne. Der Abbau bürokratischer Hürden bei der Einbürgerung von Softwareingenieuren und Pflegekräften könne sich langfristig als wichtiger Standortvorteil für Deutschland erweisen, sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die Bundesregierung will die gesetzlichen Hürden für Einbürgerungen senken. So soll man statt wie bislang nach acht Jahren künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies schon nach drei Jahren möglich werden. Die Unionsparteien lehnen das Vorhaben ab, auch in Teilen der FDP gibt es Vorbehalte.

Fachkräfte dringend gesucht 

Statistisches Bundesamt: Höchste Nettozuwanderung seit 1990

Das Statistische Bundesamt teilte unterdessen mit, dass im ersten Halbjahr 2022 mehr als eine Million Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach Deutschland gekommen sind. Die Nettozuwanderung von Januar bis Juni habe 1.046.000 betragen, so das in Wiesbaden ansässige Amt. Das sei der höchste Wert seit der Wiedervereinigung 1990 innerhalb eines Halbjahres.

Die Bevölkerung in der Bundesrepublik sei zwischen Ende 2014 und Mitte 2022 um 2,9 Millionen Menschen gewachsen, die Zahl der Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit aber rückläufig, so die Statistiker weiter. Der Anstieg sei vor allem auf die Fluchtmigration im Zusammenhang mit Krieg und Gewalt in Syrien, Afghanistan und dem Irak 2015/2016 sowie nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine zurückzuführen. Aber auch aus den EU-Staaten Rumänien, Bulgarien und Polen seien stetig Zuzüge zu verzeichnen.

sti/fab (afp, dpa, epd, kna)