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Politik

Mehrheit für Verfassungsreform in Kasachstan

6. Juni 2022

Bei einem Referendum haben 77 Prozent der Kasachen für die von Präsident Tokajew angestrebten Änderungen in der Verfassung gestimmt. Die Reform zielt darauf ab, den Einfluss eines früheren Staatschefs zu stoppen.

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Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew in einem Wahllokal
Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew in einem Wahllokal Bild: Kazakhstan Presidential Press Office/TASS/dpa/picture alliance

Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte vor der Volksbefragung die angestrebte Verfassungsreform als Stärkung des Parlaments und Grundlage für einen neuen Sozialvertrag beworben. 77,18 Prozent der Wahlberechtigten des ölreichen zentralasiatischen Landes unterstützten dann auch bei dem Referendum am Sonntag die vom Präsidenten angestrebten Änderungen, wie die Zentrale Wahlkommission mitteilte. Die Beteiligung lag nach offiziellen Angaben bei 68 Prozent. 

Im Kern geht es Tokajew aber darum, den immer noch großen Einfluss seines früheren Gönners Nursultan Nasarbajew einzudämmen. Nasarbajew hatte Tokajew zu seinem Nachfolger bestimmt, als er 2019 nach fast drei Jahrzehnten im Amt, das er mit harter Hand ausübte, zurückgetreten war. Der inzwischen 81-Jährige behielt aber den Verfassungstitel des "Elbasy" (Anführer der Nation), der ihm ein großes Mitspracherecht bei politischen Entscheidungen gewährte. Diesen Titel soll Nasarbajew durch die Verfassungsreform verlieren.

Aus einer Abstimmungsbox werden die Wahlzettel auf einen Tisch gekippt
Nach der Volksbefragung werden die Stimmen ausgezählt Bild: Vladimir Tretyakov//NUR.KZ/AP/dpa/picture alliance

Das Parlament und das wieder installierte Verfassungsgericht in Kasachstan sollen künftig mehr Befugnisse erhalten. Mit einer weiteren Änderung soll verhindert werden, dass Verwandte des Präsidenten Regierungsämter bekleiden - was ganz offensichtlich auf die Familie Nasarbajews abzielt. Allerdings hatten diverse Angehörige und Vertraute des Ex-Präsidenten bereits nach den schweren Ausschreitungen vom Januar ihre Ämter verloren, wodurch Tokajews Position gestärkt wurde.

Die Proteste im Januar hatten sich an einer Preiserhöhung für Treibstoff entzündet. Sie begannen friedlich, schlugen dann aber teilweise in blutige Unruhen um, die von Sicherheitskräften gewaltsam und mit Hilfe russischer Truppen beendet wurden. Mehr als 230 Menschen wurden dabei getötet. Tokajew machte "Banditen" sowie "Terroristen" mit Verbindungen ins Ausland für die Zusammenstöße verantwortlich. Die Hintergründe blieben weitgehend unklar.

Wladimir Putin und Kassym-Schomart Tokajew
Kremlchef Wladimir Putin (r.) und Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew sind eng miteinander verbunden (Archiv) Bild: Sputnik Kremlin/AP/dpa/picture alliance

Alnur Iljaschew, ein langjähriger Regierungskritiker, sagte der Nachrichtenagentur AFP vor der Volksabstimmung, diese sei ein Versuch, den 69-jährigen Tokajew nach der Gewalt im Januar zu "legitimieren" und den Rückzug seines Vorgängers zu "formalisieren". Die Verfassungsänderungen seien ohne die Beteiligung der protestorientierten Zivilgesellschaft oder führender Menschenrechtsaktivisten in Kasachstan ausgearbeitet worden. Die breite Zustimmung beim Referendum könnte auch die Chancen Tokajews für eine mögliche zweite Amtszeit als Präsident in dem mit Russland verbündeten Land erhöhen. 

se/ehl (afp, rtr, ap)