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PolitikChina

China möchte seinen Einfluss im Pazifik ausweiten

Alexander Görlach - Carnegie Council for Ethics in International Affairs
Alexander Görlach
4. Juni 2022

China will auch den pazifischen Inseln seine sicherheits- und wirtschaftspolitische Ambitionen aufzwingen. Der Westen muss seine China-Politik entsprechend anpassen, meint Alexander Görlach.

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Zitattafel | Prof. Dr. Alexander Görlach

Der chinesische Außenminister Wang Yi hat gerade seine Tour auf den pazifischen Inseln beendet , mit dem Ziel, diese kleinen Länder in Abhängigkeit von Peking zu lotsen. Sie sollten einem Sicherheits-Deal zustimmen, der Pekings Einfluss über die Inseln massiv ausgeweitet hätte.

Für den Moment wollen die Länder keinen regionalen Deal. Gleichwohl haben einzelne Akteure, die Solomon- und die Fidschi-Inseln sowie Samoa, bereits bi-laterale Verabredungen mit Peking getroffen. Was genau verabredet wird, weiß die Welt nur, wenn etwas durchsickert. Trotz dieses obskuren Gebarens, das Peking auch bei den Verträgen seiner umstrittenen Neuen Seidenstraße an den Tag legt, sagt Wang Yi den skeptischen Inselstaaten, sie sollten gegenüber China "nicht zu ängstlich sein."

Australien, Japan und die USA sind alarmiert. Denn Chinas Ziel ist zuvorderst nicht eine Verbesserung der Lebensqualität der Menschen auf den pazifischen Inseln, sondern Zugang und Kontrolle über den pazifischen Ozean. Kernstück der Zusammenarbeit sollte deshalb Ausrüstung und Training der örtlichen Polizei sein, was bedingen würde, dass Sicherheitskräfte aus China auf den Inseln stationiert wären.

Eine Gruppe von Menschen vor einem Flugzeug
Auf Werbetour für Chinas Ambitionen: Außenminister Wang Yi (mitte)Bild: AP Photo/picture alliance

Chinas Vorstoß beunruhigt den Westen

Auch in Sachen Cybersecurity wolle die KP die Staaten unterstützen, was bedeuten würde, die Internet- und Telekommunikation auf den Inseln kontrollieren zu können. Obschon Peking nicht müde wird, einzig aus Interesse an einer guten Entwicklung der pazifischen Staaten interessiert zu sein, hat Wang die Unterzeichnung des Abkommens gestoppt. Peking hat daraufhin sein Werben intensiviert, und ein Papier mit dem Titel "Gegenseitiger Respekt und gemeinsames Vorankommen" veröffentlicht. Das 24-Punkte umfassende Papier enthält nun keinen direkten Verweis mehr auf eine sicherheitsrelevante Zusammenarbeit.

Gleichwohl können die Projekte, die Peking auf den Inseln im Rahmen seiner Neuen Seidenstraße-Initiative fördern will, auch militärisch genutzt werden, sollte man sich zu einem späteren Zeitpunkt darauf verständigen. Für den Moment kann es Peking erst einmal genügen, den Fuss weiter in die Tür zu bekommen.

Die USA kopieren den Kurs Chinas, mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie sich als Anführerin einer freiheitlichen Weltordnung betrachtet, die, anders als Peking, ihre Vertragspartner nicht in die Abhängigkeit lotsen will. Bei seiner Asienreise traf US-Präsident Joe Biden mit den weiteren Mitgliedern des Quad, Indien, Japan und Australien zu einem Gipfel zusammen. Ziel war es, eine vertiefte integrierte wirtschaftliche Zusammenarbeit zu forcieren.

Die USA reagieren

Am Ende der Zusammenkunft wurde das Indo-Pacific Economic Framework ins Leben gerufen, dem sich, neben den vier genannten Quad-Ländern, Brunei, Indonesien, Südkorea, Neuseeland, die Philippinen, Singapur, Thailand and Vietnam angeschlossen haben. Ziel dieser neuen Initiative ist es, eine Alternative zum Handel mit der Volksrepublik zu bieten. Diese 13 Länder repräsentieren zusammen 40 Prozent des Weltwirtschaft. Dieses neue Abkommen ist der Versuch Washington, das Aus des Trans-Pacific Partnership Freihandelsabkommen wieder gut zu machen.

Zeitgleich zu Bidens Asien-Reise erläuterte sein Außenminister Anthony Blinken die Leitlinien der China-Politik seiner Regierung. Dabei griff er auf die Unterscheidung zurück, wonach es Themen gäbe, bei denen man mit der Volksrepublik zusammenarbeiten wolle und müsse, wohingegen man in anderen Bereichen klar in einem Wettbewerb steht. Und Hauptaustragungsort dieses Wettkampfes ist und bleibt vorerst auch Asien. 

Bidens Warnung an China

Nicht mit dem Umsteuern warten

Wohin Peking dort langfristig steuert, wird im West-Pazifik deutlich. Dort wurden künstliche Inseln aufgeschüttet und militarisiert. Chinesische Söldner halten Teile der zu den Philippinen gehörenden Spratly-Inseln besetzt. Peking behauptet, sie seien chinesisches Territorium. Der Internationale Gerichtshof hat bereits am Ende eines Verfahrens geklärt, dass Peking im Unrecht ist.

Das schert die Diktatur allerdings nicht. Für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping gilt das Recht des Stärkeren. Mit 15 seiner Nachbarn hat er deshalb Territorialstreitigkeiten vom Zaun gebrochen, am bekanntesten ist der Konflikt um die Insel-Demokratie Taiwan, der er bereits mit Invasion und Besatzung gedroht hat. Biden hatte deshalb in der vergangenen Woche bei seiner Asien-Reise erklärt, Taiwan im Falle eines Angriffskriegs durch die Volksbefreiungsarmee militärisch beizustehen.

China möchte zum Hegemon des Pazifiks werden, um die Bedingungen des Welthandels zu diktieren und ihn gegebenenfalls nach eigenem Belieben manipulieren oder stoppen zu können. Immer deutlicher tritt diese Strategie zu Tage. Nachdem die USA ihre China-Politik in der vergangenen Woche in Sachen Taiwan modifiziert haben, steht dieser Erkenntnisschritt in anderen Hauptstädten, darunter auch Berlin, noch an. Am Beispiel Wladimir Putins und seines Kriegs gegen die Ukraine zeigt sich, dass die Kosten steigen, je länger man mit dem Umsteuern wartet. 

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Research Associate am Internet Institut der Universität Oxford. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die freie Welt bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und der Universität von Cambridge inne.

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