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Japan-China-Streit schwelt weiter

17. April 2005

Chinas Regierung will sich bei Japan nicht für die anti-japanischen Demonstrationen in chinesischen Städten entschuldigen. Das Verhältnis zwischen den beiden Großmächten hat einen Tiefpunkt erreicht.

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Die japanische Botschaft in Peking: mit Farbflecken und der chinesischen FlaggeBild: AP

Die Regierung in Peking wies Japans Forderung nach einer Entschuldigung für gewalttätige anti-japanische Proteste zurück. Bei einem Krisentreffen konnten Japans Außenminister Nobutaka Machimura und sein Amtskollege Li Zhaoxing am Sonntag (17.4.2005) in Peking die schwere Verstimmung nicht ausräumen.

Li Zhaoxing
Chinas Außenminister Li ZhaoxingBild: AP

Machimura warnte vor einer ernsten Schädigung der Beziehungen und der Wirtschaftskooperation.

Nobutaka Machimura
Der japanische Außenminister Nobutaka MachimuraBild: AP

"Die chinesische Regierung hat niemals irgendetwas getan, für das es sich beim japanischen Volk entschuldigen müsste", sagte Li Zhaoxing seinem Amtskollegen Machimura. Er gab die Schuld vielmehr der japanischen Regierung, "die eine Reihe von Dingen getan hat, die die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt hat". Er nannte vor allem die Vorwürfe über eine mangelnde Aufarbeitung der japanischen Kriegsvergangenheit. Die Dinge sollten "nicht auf den Kopf gestellt werden".

In dem gut zweistündigen Gespräch gingen beide Seiten nicht einmal auf den neuen Konflikt über Tokios umstrittene Pläne für Bohrungen nach Öl und Gas im Ostchinesischen Meer ein. Auch der Boykott japanischer Waren in China wurde nicht angesprochen.

Chinesisch-Japanische Gespräche ergebnislos
Chinesisch-Japanische Gespräche blieben ergebnislosBild: AP

Hilfe von der Straße

Die Gespräche waren von einer neuen Protestwelle am Wochenende überschattet, bei denen japanische Konsulate unter den Augen von Sicherheitskräften mit Steinen und Flaschen angegriffen und Restaurants demoliert wurden. Zehntausende demonstrierten in mehreren Städten wie Schanghai, Shenyang, Shenzhen und sogar Hongkong. Allein in der südchinesischen Stadt Shenzhen an der Grenze zu Hongkong gingen nach Angaben des japanischen Konsulats im nahe gelegenen Kanton mehr als 30.000 Menschen auf die Straße. Ein Teil der Demonstranten in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, die sich des höchsten Pro-Kopf-Einkommens in der Volksrepublik rühmt, bewarf Geschäfte und Reklametafeln für japanische Waren mit Wasserflaschen aus Plastik.

Proteste in China halten an
Proteste in China halten anBild: AP

Die Demonstranten hatten ein zweites Wochenende gegen eine Verharmlosung von japanischen Kriegsverbrechen, Tokios Territorialansprüche im Ostchinesischen Meer und Japans Wunsch nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat protestiert.

Beziehungen am Scheideweg

Japans Außenminister äußerte seine "große Sorge" über gewaltsame Protestaktionen und forderte mehr Schutz für Japaner. Ursache der Ausschreitungen sei "ein Mangel an angemessenen Sicherheitsvorkehrungen" gewesen, sagte der Minister. Nach Angaben eines japanischen Sprechers hat Chinas Außenminister nur zugesagt, dass eventuelle Gesetzesbrecher bestraft würden. Nach Angaben von Diplomaten sollen sieben Verdächtige festgenommen worden sein.

Nach den Protesten rief Chinas Regierung am Sonntag zur Ruhe und Besonnenheit auf. Ein Kommentar im Parteiorgan "Volkszeitung" rief zur sozialen Stabilität auf. Widersprüche und Spannungen könnten nur durch Ordnung und einen "kühlen Kopf" gelöst werden. Die Führung wolle nicht, dass die Proteste "außer Kontrolle geraten und Chinas schnelles wirtschaftliches Wachstum gefährden". Ob es zu einem erwarteten Treffen von Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi und Staats- und Parteichef Hu Jintao am Rande des Asien-Afrika-Treffens Ende der Woche in Indonesien kommt, war wegen der Spannungen ungewiss.

Die Führung in Peking sieht die Beziehungen zu Japan "am Scheideweg", wie Staatsrat Tang Jiaxuan sagte. Japan müsse sich seiner Kriegsvergangenheit stellen. Er sprach Tokio die moralische Qualifikation für einen Sitz im Sicherheitsrat ab. Vorwürfe, dass die Regierung gewaltsame Aktionen unterstütze oder mit "anti-japanischer" Erziehung dafür verantwortlich sei, wies Tang als "ernste Verdrehung der Wahrheit" zurück. Die Besuche des japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi im Tokioter Yasukuni-Schrein, wo auch Kriegsverbrecher verehrt werden, seien das entscheidende Hindernis für die Beziehungen zwischen beiden Ländern. (kas)