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Kein Förderlimit: Ölpreise brechen ein

7. März 2020

Die OPEC und ihre Partner stehen mitten in der Corona-Krise vor einer Belastungsprobe. Das Ölbündnis konnte sich trotz mauer Nachfrage nicht auf eine Drosselung der Fördermenge einigen.

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Pferdkopf-Pumpe zur Ölförderung
Bild: picture-alliance/imageBROKER/D. Radicevic

Bisherige Förderlimits sind passé: Ab April wird das Öl unvermindert aus den Quellen sprudeln und bis Jahresende die internationalen Märkte fluten. Zwar ist die Nachfrage gering, denn die Auswirkungen der Corona-Ausbreitung bremsen unter anderem die Reiselust und damit den Kerosinbedarf. Doch die "Organisation Erdöl exportierender Länder" (OPEC) und die mit ihr kooperierenden Staaten haben es auf ihrer Sitzung in Wien nicht geschafft, sich auf neue Kürzungen der Rohölförderung über das Monatsende hinaus zu verständigen.

Die OPEC hatte, auch als Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen des neuen Coronavirus, am Donnerstag eine Verschärfung des derzeit geltenden Förderlimits um 1,5 Millionen Fass Öl pro Tag gefordert. Das wäre eine tägliche Verknappung um mehr als 230 Millionen Liter.

Alexander Nowak vor OPEC-Konferenz in Wien
Russlands Energieminister Nowak: "Ab April keine Begrenzungen"Bild: picture-alliance/dpa/AP/R. Zak

Doch der Versuch, mit dem Vorstoß Druck auf Russland und die weiteren Partner auszuüben, scheiterte. Da es auch nicht gelang, die derzeit geltende Förderbeschränkung zu verlängern, müssen sich die 14 OPEC-Mitglieder und ihre zehn Kooperationspartner demnächst an überhaupt keine Limits mehr halten.

Einstimmigkeit fehlte

"Ab 1. April wird es weder für die OPEC, noch für Nicht-OPEC-Staaten Begrenzungen geben", sagte der russische Energieminister Alexander Nowak nach der Marathonsitzung am Sitz der Organisation in Österreichs Hauptstadt. Die ohnehin unter Druck stehenden Ölpreise stürzten daraufhin weiter in den Keller: Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich zeitweise um bis zu zehn Prozent und steuerte auf 45 Dollar je Fass zu. So günstig war diese Sorte zuletzt 2017.

OPEC-Generalsekretär Mohammed Barkindo sagte am Freitagabend, dass die Gespräche zu einem späteren Termin fortgesetzt werden sollen. "Am Ende des Tages stand die schmerzhafte Entscheidung der gemeinsamen Konferenz, das Treffen zu vertagen." Barkindo verwies unter anderem darauf, dass Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden könnten. Diese Einstimmigkeit habe es nicht gegeben.

"Das war eines der schlimmsten Treffen in der Geschichte der OPEC, das ich je erlebt habe", sagte Irans Ölminister Bidschan Sanganeh. Sechs Stunden lang sei verhandelt worden. Doch Russland und Saudi-Arabien hätten sich nicht einigen können. Er schloss gleichwohl nicht aus, dass vor April womöglich doch noch eine Übereinkunft erzielt werden könne.

Bidschan Namdar Sanganeh vor OPEC-Konferenz in Wien
Irans Ölminister Sanganeh: "Eines der schlimmsten Treffen der OPEC-Geschichte"Bild: picture-alliance/AP Photo/R. Zak

Experten zeigten sich schockiert vom Scheitern der Gespräche. Analyst Björnar Tonhaugen von Rystad Energy etwa sprach von einer unerwarteten Entwicklung. "Das wird eine der ernsthaftesten Ölpreis-Krisen in der Geschichte auslösen."

Geopolitische Folgen nicht ausgeschlossen

Unter dem Druck der Coronavirus-Epidemie hat sich Erdöl seit Jahresanfang um mehr als ein Viertel verbilligt. Das macht vor allem den OPEC-Ländern zu schaffen. Russland dagegen gab an, mit dem derzeitigen Preisniveau leben zu können. Der Ausbruch des Coronavirus drückt auf die Ölnachfrage, weil Flüge gestrichen und Reisen abgesagt wurden, um eine weitere Verbreitung des Erregers zu verhindern, und ein Einbruch der Weltkonjunktur befürchtet wird.

Das Platzen der Allianz zwischen der OPEC und den anderen Öl-Staaten könnte auch über den Ölmarkt hinausreichende, geopolitische Konsequenzen haben. Der weltgrößte Erdölproduzent Saudi-Arabien, der die OPEC de facto anführt, und Russland hatten über die gemeinsamen Ölgespräche in den vergangenen Jahren auch politisch wieder zueinandergefunden. Nun könnten der Schmierstoff wieder fehlen und Streitigkeiten aufgrund der Konflikte in Syrien und Jemen erneut heißlaufen.

AR/bru (rtr, dpa, afp)