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Die Demokratie verteidigen - jetzt!

Fuchs Richard Kommentarbild App
Richard A. Fuchs
13. Oktober 2015

Auf der Demonstration der islamfeindlichen Pegida-Bewegung baumelt Kanzlerin Merkels Name am symbolischen Galgen. Mit den Anliegen vermeintlich "besorgter Bürger" hat das nichts mehr zu tun, meint Richard Fuchs.

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Auf der Pegida-Kundgebung wird ein Galgen gezeigt, an dem zwei Zettel hängen mit den Aufschriften "Reserviert Angela 'Mutti' Merkel" und "Reserviert Siegmar 'das Pack' Gabriel". (Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Das Bild eines Galgens wird tausendfach geteilt in den sozialen Medien. Symbolisch hängen die Anhänger der islamfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden damit die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung auf. Das ist mittelalterliche Symbolpolitik, die durch ebenfalls mittelalterliche Krawall-Rhetorik ergänzt wird. Wer einer Pegida-Demonstration von Anfang bis Ende beiwohnt, für den setzt sich ein Bild zusammen. Kein schönes, wohlgemerkt.

Die brutale Bildsprache des Galgens schockiert viele. Dabei ist das selbstgebastelte Holzgestell bei genauerem Hinsehen nur ein kleiner Baustein in einer großen Medienstrategie der kleinen Bewegung. Braunes Viral-Marketing nennen Kommunkationsfachleute so etwas - und leider ist es vom Feinsten. Doch es lohnt sich, nicht nur die Bilder zu betrachten, sondern auch in die Sprache und Forderungen der angeblich "besorgten Bürger" hinein zu hören. Denn hier beginnt er, der Tanz jenseits der roten Linie der Volksverhetzung.

Entlarvende Sprache

Da ist auf dem Pegida-Podium von "Dschungelcamp" die Rede, wenn eigentlich Flüchtlingsheime gemeint sind. Da wird von "Ansturm der Invasoren" gesprochen, wenn über Trecks Flüchtender geredet wird. Und da werden Bundestag und Bundesregierung die "Berliner Diktatoren" genannt. Kein Tiervergleich wird ausgelassen: Bürgerkriegsflüchtlinge sind "Rudel" oder "Viehzeug".

Unüberhörbar auch der Ruf, die Axt ans Rückgrat der Demokratie anzulegen. Es wird zum "Ungehorsam" aufgerufen. Der deutsche Staat kümmere sich schließlich auch nicht um den Schutz der einheimischen Bevölkerung, so die Botschaft.

Offen fordern Pegida-Führer Polizeibeamte dazu auf, der Bundesrepublik den Dienst zu verweigern. Offen fordern sie Anwohner von Flüchtlingsunterkünften dazu auf, vor diesen Häusern "aufzuräumen". Und die Pegida-Führungsclique schwört die Dresdener Demonstranten darauf ein, sich auch im Alltag gegen das System Bundesrepublik zur Wehr zu setzen. Jeden Tag gerne ein bisschen mehr: am Arbeitsplatz, ebenso wie bei Freunden und auf der Straße. Und was einen dann zusammenzucken lässt: wenn der dumpf-nachhallende Satz "Schließt Euch uns an" im Gleichklang aus 9000 Kehlen tönt.

Bild von Richard Fuchs (Foto: DW)
Richard Fuchs, Korrespondent im DW-Hauptstadtstudio

Gerne auch mal Demokratie-Follower werden

Keine Frage: Hier wird unverhohlen der Umsturz propagiert. Pegida wünscht sich ein anderes Deutschland. Eines, das auf Demokratie und Menschenrechte pfeift und sich lieber auf im Gleichschritt marschierende Springerstiefelbanden verlässt. Die vermeintlich "besorgten Bürger" der Pegida-Front sind Medienprofis. Und genau so gilt es, sie zu behandeln. Braune Zwischentöne sind genau so gemeint, wie man sie vor lauter Verwunderung und Abscheu am liebsten überhören würde. Auf Dresdens Straßen hat wieder das Sündenbock-Spiel Konjunktur: Dieses Mal sind die Flüchtlinge an allem schuld, vor 80 Jahren waren es die Juden, die zur Zielscheibe werden.

Kaum auszumalen, es würde wahr, wovon die Pegida-Anhänger vor Dresdens historischer Altstadtkulisse träumen. "Wir sind die Zukunft", schreit die kleine Gruppe, in der sich Fremdenhass, Demokratieverdruss und Umsturzgelüste zu einer unheilvollen Symbiose vermählen. Noch verbreitet sich ihr Stuss in Windeseile im Netz - tausendfach 'geliked'. Höchste Zeit, den braunen Medienprofis die Stirn zu bieten und die vielen verfügbaren Kanäle mit anderen Botschaften zu füttern. Wie wäre es 82-Millionen-Mal mit dem Satz: "Nein danke, Pegida!" Wir dürfen die Demokratie jetzt nicht hängenlassen. Ich mache mit: Wer folgt?

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