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Politik

Gut, dass Russland im Europarat bleibt!

von der Mark Fabian Kommentarbild App
Fabian von der Mark
17. Mai 2019

Die Außenminister des Europarats haben das Ausscheiden Russlands abgewendet. Am Ende waren die Interessen der russischen Bürger wichtiger als das Bedürfnis, ein Land zu bestrafen, meint Fabian von der Mark.

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Frankreich Gebäude des Europarates in Straßburg
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Man hätte es sich leicht machen können im Europarat. Man hätte sagen können: Spätestens durch die Annexion der Krim und den Krieg in der Ostukraine hat Russland gezeigt, dass es nicht auf dem Boden des Völkerrechts steht und deshalb auch nichts im Europarat zu suchen hat. Man hätte die Türkei und zwei, drei andere Mitglieder gleich noch hinterherschicken können und dann die gemeinsame Wertegemeinschaft feiern. Warum eigentlich nicht?

Fatale Spirale

Tatsächlich hat es der Europarat vor fünf Jahren auch ganz ähnlich gemacht. Er hat Russland das Stimmrecht in der parlamentarischen Versammlung in Straßburg entzogen. Konsequent war das irgendwie schon, denn eine Kriegserklärung an ein anderes Mitgliedsland einfach schulterzuckend hinzunehmen, wäre nicht nur der betroffenen Ukraine nicht vermittelbar gewesen. Doch nach und nach wurde den anderen Mitgliedern klar, welch fatale Spirale sie dadurch ausgelöst hatten.

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Fabian von der Mark ist beim Ministertreffen des Europarates in Helsinki

Erst hat Russland auf Stur gestellt und schlicht seine Zahlungen eingestellt. Rund 60 Millionen Euro sind dem Europarat dadurch verloren gegangen - nicht wenig, aber verkraftbar. Schlimmer war, dass diese Situation - Russland schmollt und zahlt nicht - bald noch viel größeren Schaden angerichtet hätte: Schon im Juni hätte Russland sich nicht an der Wahl eines neuen Generalsekretärs und neuer Richter um Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beteiligen können. Der "Ruxit" - Russlands Abschied aus dem Europarat - wäre damit unabwendbar gewesen.

Unter dem Ausscheiden seines größten Mitgliedslandes hätte zuallererst der Europarat selbst gelitten - der Bedeutungsverlust wäre immens gewesen. Noch unmittelbarer aber hätte es die russische Zivilgesellschaft getroffen: Aus keinem Land kommen soviele Klagen am Straßburger Menschenrechtsgerichtshof an, wie aus Russland. Ein Grund hierfür ist natürlich die Größe des russischen Volkes. Aber der eigentliche Grund ist die schlechte Lage der Menschenrechte und des Rechtsstaats in Russland. Darunter leiden Oppositionelle, Künstler, Journalisten. Und oft ist der Gang nach Straßburg ihre einzige Möglichkeit.

Die ersten Reaktionen schmerzen

Die ersten Reaktionen auf die Entscheidung der Außenminister des Europarats mögen schmerzen. Russland kann sich jetzt darstellen als ein Land, das dem Europarat "würdig" ist - trotz seines Vorgehens auf der Krim und in der Ostukraine. Die Regierung Putin kann feiern, dass erstmals größere internationale Sanktionen gegen Moskau beendet wurden, kann behaupten, dass alles nur eine Phase war. Und auch der bleibende Frust bei Ukrainern, Balten und anderen Russland-Kritikern schmerzt.

Am Ende ist es aber trotzdem ein Sieg der internationalen Zusammenarbeit, des Multilateralismus, wie Deutschlands Außenminister Heiko Maas immer sagt. So lange das Straßburger Gericht und seine Urteile anerkannt und umgesetzt werden, sollte man jedem Land auch die Chance geben, dabei zu bleiben. Auch Russland. Für Sanktionen gibt es an anderer Stelle Raum - wo die Bürger weniger leiden, als unter dem Austritt aus dem Europarat.