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London calling: Heute bin ich stolz!

Titus Chalk28. Juli 2012

Eine atemberaubende Eröffnungszeremonie hat Großbritannien von seiner besten Seite gezeigt – und Blogger Titus Chalk ertappt sich mit ungeahntem Stolz in der Brust.

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Titus Chalk in London (Foto: DW)
Titus Chalk in LondonBild: DW

Stolz ist ein Gefühl, vor dem wir normalerweise auf der Hut sind. Und zwar so sehr, dass wir geradezu unvorbereitet sind, wenn wir uns dann doch mal dazu hinreißen lassen. Aber heute sind Zurückhaltung, Höflichkeit und Selbstdisziplin über Bord gegangen – heute bin ich stolz! Ich bin ein Brite und nachdem ich mir vor Ergriffenheit eine kleine Träne aus dem Augenwinkel gewischt habe, stiehlt sich gar eine gewisse Überschwänglichkeit in mein Herz.

Danny Boyle's "Insel der Wunder" hat restlos begeistert. All die Streitereien und künstlerischen Spannungen bei den Vorbereitungen der Show haben sich mit dem Rauch aus den riesigen Schornsteinen bei der Eröffnungsfeier quasi in Luft aufgelöst. Und mit dem Rauch lag ein Zauber in der Luft: Die Welt hat eine gelungene Demonstration des Witzes, Humors und der Kreativität unserer guten alten Insel erlebt.

Boyles Produktion war kühn – aber dennoch ist es ihr gelungen, Werte anzuspielen, in denen sich jeder Brite wiederfinden konnte, und all die Gefühle zu wecken, die wir normalerweise selbstkritisch gerne als allzu britisch abtun. Die sozialen, kulturellen und künstlerischen Leistungen Großbritanniens machen einiges her, wenn sie so konzentriert aufeinanderfolgen und dazu von den süßen Klängen Underworlds order Dizzee Rascals begleitet werden.

Das Team von Großbritannien mit Fahnenträger Chris Hoy zieht bei der Eröffnungszeremonie ins Stadion ein (Foto: AP)
Das Team von Großbritannien mit Fahnenträger Chris Hoy zieht bei der Eröffnungszeremonie ins Stadion einBild: dapd

Spektakel und Demut

Aber Boyle's Auswahl der Helden für den Abend – von Souffragetten über Chelsea Rentner bis zum NHS Gesundheitswesen – zeigt, dass die Show eben nicht einfach nur protzen wollte sondern immer auch mit Demut vermischt war. Oft und zu Recht wurde Großbritannien in der Vergangenheit für den kolonialen Eifer kritisiert, mit dem das Land sich hat hervorheben wollen. Doch die Werte und Themen dieser Eröffnungszeremonie haben ein großes Stück dazu beigetragen, diese Nation als ein liberales, fortschrittliches und multikulturelles Land zu zeigen – kurz: ein großartiges Britannien und der perfekte Gastgeber für die 204 Nationen, die zu diesem Sportereignis zusammengekommen sind.

Ich hoffe, dass die Athleten – egal ob sie es aufs Siegertreppchen schaffen oder nicht – von Boyles Eröffnungsfeier eine gute Vorstellung von Großbritannien mit nach Hause nehmen. Es zeigt sich, dass wir eine Nation sind, in der sogar die Queen über sich selbst lachen kann, wenn sie an der Seite von Daniel Craig in einem kleinen James Bond Spot spielt; in dem Mr. Bean mit dem London Symphonie Orchester herumalbern kann und wo ein großer Teil der Bevölkerung bei der größten Party seit der Millenniumsfeier mitspielen darf.

Die Flamme brennt. Die Spiele sind eröffnet. Willkommen zu London 2012.