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Meinung: Doping muss Russland wehtun

14. Februar 2022

Eiskunstläuferin Kamila Walijewa ist in ihrer eigenen Dopingaffäre nur das Opfer, meint Andreas Sten-Ziemons. Sollte sich der Verdacht bestätigen, muss es für Russland Konsequenzen geben, die wirklich etwas ändern.

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Symboldbild zum Dopingfall in Peking: Russische Fahne und olympische Ringe auf eine bröckelige Wand gemalt.
Russland und Olympische Spiele - die zerrüttete Beziehung wird erneut durch einen Dopingverdacht belastetBild: picture alliance

Wenn, wie im Dopingfall Kamila Walijewa, im Körper einer 15-jährigen Sportlerin ein Medikament gefunden wird, das man normalerweise älteren Patienten mit Herzproblemen verabreicht, kann irgendetwas nicht stimmen. Zudem wenn es sich mit Trimetazidin um einen Wirkstoff handelt, der gar nicht überall zugelassen ist - in Deutschland gibt es zum Beispiel kein Präparat, in dem er vorkommt. Als häufigste Nebenwirkungen werden Benommenheit, Kopfschmerzen, Hautausschlag, Verdauungsstörungen und Schwäche angeführt, aber das sind nur Details.

Betrachtet man das größere Bild, so ist der weiterhin ungeklärte Dopingfall der Eiskunstläuferin Kamila Walijewa bei den Olympischen Winterspielen in Peking die nächste von vielen Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit Doping und Russland. Nach dem Skandal um systematisches und staatlich gesteuertes Doping rund um die Winterspiele in Sotschi, den Enthüllungen durch Whistleblower wie den Mediziner Grigori Rodschenkow oder die Leichtathletin Julia Stepanowa, der Sperre russischer Sportler sowie ihren Olympia-Bann durch das Internationale Olympische Komitee (IOC), der auch in Peking noch Gültigkeit hat, scheinen die Verantwortlichen im russischen Sport immer noch nicht dazugelernt zu haben.

Sanktionen gegen Russland sind ein Witz

Sollte sich der Dopingverdacht tatsächlich bewahrheiten und dabei festgestellt werden, dass nicht die Sportlerin verantwortlich ist, muss endlich konsequent durchgegriffen werden. Ein tatsächliches und totales Olympia-Verbot für alle Sportler (und deren Funktionäre) aus Russland könnte heilsam sein, auch wenn es vor allem für die Sportlerinnen und Sportler sehr schmerzhaft wäre. Am besten dann gleich für mehrere Olympische Spiele, wie es auch Ex-WADA-Chef Richard Pound ins Spiel gebracht hat. Denn seien wir ehrlich: Der aktuell geltende Olympia-Bann Russlands hat noch nicht zum Umdenken geführt und ist im Grunde nur ein schlechter Witz.

DW-Redakteur Andreas Sten-Ziemons
Andreas Sten-ZiemonsBild: Slawa Smagin

Zwar wird bei Siegerehrungen nicht die russische Hymne gespielt, sondern ein Stück von Tschaikowski. Dazu hisst man die Fahne mit dem Logo des Russischen Olympischen Komitees (ROC). Aber es sind Sportler aus Russland, die auf dem Podium stehen. Sie nehmen die Medaillen mit in die russische Heimat. Ihre offiziell "neutralen" Sportklamotten ziert überall das "Weiß-Blau-Rot" ihrer bei Olympia offiziell verbannten Flagge. Sogar Präsident Wladimir Putin war bei der Eröffnungsfeier anwesend. Dabei trifft eigentlich auch ihn - genau wie andere offizielle Vertreter Russlands - der Bannstrahl des IOC. Allerdings ließ sich diese formale Hürde durch eine persönliche Einladung Putins durch Chinas Staatschef Xi Jinping leicht umschiffen. Kein Wunder, dass eine derartig weichgespülte Verbannung nicht weh tut.

Unfair gegenüber Walijewa

Tragisch ist beim aktuellen Fall, dass das Opfer mit Kamila Walijewa eine Minderjährige ist, im Grunde noch ein halbes Kind. Auf ihrem schmalen Rücken wird der größere Kampf nun ausgetragen. Das ist unfair, schließlich hat sie jahrelang hart trainiert, um in Peking um olympisches Gold kämpfen zu können. Betrachtet man dazu das rasche Verfallsdatum russischer Top-Eisläuferinnen in den vergangenen Jahren - die meisten kamen sehr jung und sehr schnell nach oben und waren kurze Zeit später auch schon wieder von der Bildfläche verschwunden - könnten es womöglich ihre einzigen Olympischen Spiele sein.

Nun darf sie zwar im Einzel in Peking starten, steht dabei aber massiv unter Druck und einer Beobachtung, die sie sich so sicherlich nicht gewünscht hat. Gleichzeitig weiß Walijewa, dass sie ihre Medaille(n) unter Umständen schon bald wieder abgeben muss und dann möglicherweise auch für einige Zeit gesperrt wäre.

Von dem mysteriösen Herzmedikament, das sich offenbar in ihrem Blut befand, mal ganz abgesehen, ist das ein weiterer von vielen Gründen, warum man nicht in ihrer Haut stecken möchte.