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Schalker Abstieg mangels Fachkompetenz

20. April 2021

Eine desaströse Saison endet mit dem Abstieg für den FC Schalke 04. Ein schon länger absehbarer Gang in die Zweite Liga, der seinen Grund vor allem in der mangelnden Kompetenz der Führung hat, meint Jörg Strohschein.

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Bundesliga - Arminia Bielefeld v Schalke 04
Bild: Wolfgang Rattay/REUTERS

Gerald Asamoah musste nach dem Schlusspfiff schnell in die Katakomben des Bielefelder Stadions gehen. Auf dem Weg dorthin kullerten ihm die Tränen bereits über die Wangen. Der ehemalige Schalker Angreifer konnte es nicht fassen - aber das 0:1 sorgte für Tatsachen. 

Der FC Schalke 04 muss nach 30 Jahren wieder in die 2. Bundesliga. Ein Abstieg, der sich so lange quälend durch die Saison zog, dass sich bei dem ein oder anderen Anhänger nun fast schon Erleichterung einstellen dürfte. Aber auch Tränen werden bei dem ein oder anderen Fan - und nicht nur bei Asamoah - fließen.

Versagen der Führungskräfte

Ein großer Teil der Fans dürfte diesen Schalker Totalschaden aber auch nur noch mit einem Schulter-Zucken zur Kenntnis nehmen. Wie es dazu kommen konnte, ist zwar eigentlich ein komplexes Thema - und doch ist es minimalistisch auf den Punkt zu bringen. Es handelt sich um ein Versagen der Führungskräfte, wie es das in der Bundesliga in dieser Ausprägung wohl noch nie gab. 

Einer der Väter dieses sich in den vergangenen rund vier Jahren immer tiefer festgesetzten Misserfolgs ist Clemens Tönnies. Ein erfolgreicher Unternehmer, der den Klub 19 Jahre als Aufsichtsratsvorsitzender führte wie sein Eigentum. Der viel Gutes wollte, am Ende mit seinen wichtigen Personalentscheidungen vollständig daneben lag. 

Heidel macht den Anfang, Schneider führt fort

DW-Redakteur Jörg Strohschein
DW-Redakteur Jörg Strohschein

Etwa mit Sportvorstand Christian Heidel, den er als den "neuen starken Mann auf Schalke" vorstellte und diesem irrtümlicherweise freie Hand ließ. Einem Manager aus Mainz, der bislang vor allem Abstiegskampf kannte. Der von Tönnies überschätzt wurde, der sich aber auch selbst mit seiner neuen Aufgabe maßlos überschätzte. Und der über 156 Millionen Euro in die Schalker Mannschaft investierte. Und der, als er nach rund zweieinhalb Jahren freiwillig hinschmiss, ein sündhaft teures, völlig inhomogenes und perspektivloses Team hinterließ, das auf Tabellenplatz 14 bereits in Richtung Absturz tendierte. 

Oder mit Jochen Schneider, den Tönnies aus Leipzig loseiste. Dem ein guter Ruf vorauseilte. Der zuvor aber stets in der zweiten Reihe agierte und noch nie unter Beweis gestellt hatte, dass er in der Lage ist, solch eine anspruchsvolle Rolle - wie man sie in Gelsenkirchen vorfindet - zumindest schon einmal auf kleinerer Ebene gemeistert zu haben. Auch in diesem Fall vertraute Tönnies seinem Mann, der diesen Vorschuss ebenfalls nicht rechtfertigen konnte. Und der mit Personalentscheidungen wie an dem viel zu langen Festhalten am irrlichternden Coach David Wagner und der Verpflichtung von Trainer-Rentner Christian Gross daneben lag. Und der auch in Sachen Spielerverpflichtungen kein Konzept erkennen ließ. 

Mannschaft nur noch ein Fragment

Es hatte sich im Laufe der Zeit eine Ansammlung von Spielern ergeben, die lediglich ein Fragment einer Mannschaft bildeten. Und bei denen so etwas wie Teamgeist nie aufkam. Nabil Bentaleb und auch Amine Harit sprechen mit ihren vielfachen Suspendierungen Bände. Die Schalker Profis haben es zu keinem Zeitpunkt vermocht zu zeigen, dass sie eine Gemeinschaft sein könnten. Der 18. Tabellenplatz mit 13 Punkten nach 30 Spielen ist eine Bilanz, die geradezu beschämend ist für ein Team, für das der Klub rund 80 Millionen Euro im Jahr bezahlt. 

Hinzu kommt auch im Aufsichtsrat - spätestens nach der Tönnies-Aufgabe - eine zu geringe Entscheidungsfreude - vor allein der Causa Schneider, der noch bis Ende Februar weiterarbeiten durfte, obwohl das Schalker Schiff zu diesem Zeitpunkt bereits dem Untergang geweiht war. Um dann die gesamte sportliche Führung um Schneider, Gross und weitere Führungskräfte rund um das Profi-Team zu beurlauben. Ein einmaliger Vorgang bei den Königsblauen. 

Mangel an Fachkompetenz

Der erstaunliche Mangel an fußballerischer Fachkompetenz - nicht nur im Aufsichtsgremium - ist seit längerer Zeit großes Thema rund ums den Klub. Wollen die Schalker wieder besseren Zeiten entgegensehen, müssen sie dieses fundamentale Problematik in den Griff bekommen. Aber auch die in der Vergangenheit so viele Entscheidungen, die so häufig von persönlichen Eitelkeiten stark beeinflusst waren, abstellen. Sonst könnten das erst der Anfang einer noch längeren Talfahrt für den S04 sein.