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Mikroben im Kuh-Magen können Plastik abbauen

2. Juli 2021

Laut einer österreichischen Studie leben Plastik zersetzende Bakterien im Kuh-Pansen. Vielleicht können diese Mikroben einmal helfen, Plastikmüll umweltfreundlich zu verwerten.

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Gesichter von Kühen im Stall
Bild: Jens Büttner/dpa/picture alliance

Liefern Kühe vielleicht die Lösung für das globale Plastikmüllproblem? Österreichische Forschende haben herausgefunden, dass Bakterien aus dem Pansen einer Kuh, also aus einem der vier Kuhmägen, bestimmte Plastiksorten verdauen können.

Auf die Idee kamen die Forschenden, weil die gewöhnliche Kuhnahrung bereits natürlich vorkommende pflanzliche Polyester enthält. Da die Mikroorganismen im Pansen einer Kuh also bereits ähnliche Materialien abbauen können, sprach viel dafür, dass sie auch in der Lage sind, andere syntetische Kunststoffe abzubauen.

Kühe fressen Müll in indischen Lucknow
Kuh-Mikroben können zwar Kunststoffe zersetzen, aber Plastikmüll ist auch für Kühe ungenießbar. Bild: DW

"Im Pansen-Reticulum lebt eine riesige mikrobielle Gemeinschaft, die für die Verdauung der Nahrung in den Tieren verantwortlich ist", erläutert Dr. Doris Ribitsch von der Universität für Bodenkultur in Wien. "Daher vermuteten wir, dass einige biologische Aktivitäten auch für die Polyester-Hydrolyse genutzt werden könnten", also für eine Art chemische Reaktion, die zu einer Zersetzung führt.

Drei verschiedene Kunststoffe getestet

Ribitsch und ihre Kollegen untersuchten drei Arten von Polyestern. Der erste Kunststoff war das weiterverbreitete Polyethylenterephthalat (PET), das häufig in Textilien und Verpackungen verwendet wird.

Bei dem zweiten Material handelte es sich um Polybutylenadipat-Terephthalat (PBAT). Das ist ein biologisch abbaubarer Kunststoff, der häufig in kompostierbaren Plastiktüten verwendet wird. Und drittens untersuchten sie Polyethylenfuranoat (PEF), ein biobasiertes Material, das aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt wird. 

Von einem Schlachthof in Österreich erhielten die Forschenden Pansenflüssigkeit, die die entsprechenden Mikroorganismen enthielt. Anschließend bebrüteten sie diese mit den drei verschiedenen Kunststoffarten. Die Kunststoffe fügten sie dabei sowohl in pulverisierter Form zu, als auch als Folie. So konnten sie den Wirkungsgrad des Zersetzungsprozesses besser beurteilen.

Effektiver Enzym-Mix in Pansenflüssigkeit

Laut der Studie, die in Frontiers in Bioengineering and Biotechnology veröffentlicht wurde, konnten die Mikroorganismen in  den Kuhpansen alle drei Kunststoffe abbauen, das  Kunststoffpulver allerdings schneller als die Kunststofffolien.

Rinder stehen auf einer Weide
Das mikrobielle Zusammenwirken verschiedener Enzyme in der Pansenflüssigkeit ist effektiver als nur einzelne EnzymeBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen mit einzelnen Mikroorganismen war die Pansenflüssigkeit effektiver, fanden Ribitsch und ihr Team heraus. Viel spricht dafür, dass das mikrobielle Zusammenwirken der verschiedenen Enzyme in der Pansenflüssigkeit eine höhere Wirksamkeit hat als nur einzelne Enzyme. 

Ausreichend Pansen vorhanden

Zwar sei die Untersuchung nur im Labormaßstab durchgeführt worden, sagt Ribitsch, aber: "Aufgrund der großen Menge an Pansen, die jeden Tag in Schlachthöfen anfällt, wäre eine Hochskalierung leicht vorstellbar." Die plastikzersetzenden Mikroben könnten also im großen Stil hergestellt werden.

Bislang steht die Untersuchung von Mikroorganismen als eine umweltfreundliche Möglichkeit zur Reduzierung von Plastikmüll allerdings noch am Anfang. Nichtsdestotrotz freut sich Ribitsch auf weitere Forschungen zu diesem Thema. Mikrobielle Gemeinschaften seien als potenzielle umweltfreundliche Ressource noch zu wenig erforscht.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund