1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

OONI: Eine App, um Internetzensur aufzuspüren

21. April 2020

Entwickler haben viel getan, damit wir uns frei im Internet bewegen können. Nun brauchen die Programmierer unsere Hilfe: Wenn möglichst viele Nutzer die App "OONI" installieren, kommt ans Licht, wer wo Zensur ausübt.

https://p.dw.com/p/3bDJ1
Young man with taped mouth sitting on couch using laptop
Bild: imago images / Westend61

Freies Internet ist keine Selbstverständlichkeit. Viele undemokratische Regierungen blockieren unliebsame Webseiten oder kontrollieren, was ihre Bürger online so treiben. Die Angst davor, entdeckt zu werden, bremst wiederum die Kreativität der Internet-Nutzer und den Willen, sich frei zu äußern.

Damit die Entdeckung den Behörden schwerer fällt, haben findige Hacker Systeme wie das Tor-Netzwerk entwickelt, oder Suchmaschinen, mit denen Nutzer weitgehend anonym unterwegs sein können.

Damit Nutzer in zensierten Medienmärkten auch freien Zugang zu gesperrten Informationen bekommen, gibt es Dienste wie etwa Psihphon oder VPN-Verbindungen.

Mehr dazu: Tor, Psiphon, Signal und Co: So bewege ich mich anonym im Internet

Wie funktioniert die chinesische Firewall?

Mit OONI Internetzensur öffentlich machen

Doch der Kampf gegen Internet-Zensur ist ein ständiges Versteckspiel. Und da brauchen die Software-Entwickler manchmal auch die Hilfe von uns Nutzern, für die sie die Software ja programmieren.

Am 21. April ging das Open Observatory of Network Interference (OONI) deshalb mit der OONI Probe App an den Start.

Die App ermöglicht es Nutzern, verschiedene Formen von Internet-Zensur zu entdecken, und nebenbei auch gleich die Netzwerkgeschwindigkeit und Leistung sowie die Leistung von Videostreaming zu kontrollieren.

"Das Ziel ist es, weltweit Webseiten-Blocking festzustellen", sagt der DW-Experte für Zensurumgehung Oliver Linow. 

"Bisher gab es das schon als Android-App. Neu ist es nun als Desktop-App für Windows und Mac OS."

Die Ergebnisse macht OONI automatisch öffentlich, es sei denn der Nutzer möchte das nicht, und ändert seine Einstellungen entsprechend. 

Mehr dazu: Pressefreiheit: Informationsangebot zu COVID-19 für Iran

Infografik: Über diese Adresse mit der Endung .onion können Nutzer mit dem Tor-Browser die Deutsche Welle aufrufen. Dabei wird ihre Anonymität gewahrt und sie können Zensur umgehen.

Öffentlichkeit schafft Druck

Die Macher von OONI wollen möglichst umfangreiche Daten zur Internetzensur sammeln und veröffentlichen, in der Hoffnung, so auch politischen Druck entwickeln zu können.

Konkret überprüft die App, ob jemand Webseiten oder den Zugang zu Kommunikationsmedien wie WhatsApp, Facebook Messenger oder Telegram blockiert. Das gleiche tut OONI für das Tor-Netzwerk und Psiphon.

Darüber hinaus erkennt die App, ob Telekommunikationsanbieter oder Regierungen sogenannte Middleboxes installiert haben. Das sind Mechanismen, die den Internetverkehr kontrollieren. Middleboxes sind also ein wichtiges Werkzeug für Internet-Zensoren, um herauszufinden, welche Webseiten geblockt werden sollten.

Neben Englisch gibt es die OONI-App auch in Chinesisch, Russisch, Spanisch, Französisch, Türkisch, Thai, Italienisch, Griechisch Katalanisch, Slowakisch, Portugiesisch und Deutsch. 

Mehr dazu: China: Deutsche Welle trotzt der verschärften Internet-Zensur

Karikatur von Sergey Elkin zum kontrollierten Internet in Russland
"Souveränes Internet": ein Euphemismus für ein Intranet, das der Staat kontrolliert (Cartoon von Sergey Elkin)

Viele Teilnehmer – große Wirkung

"Jeder kann sich die App herunterladen und damit Scans laufen lassen. Dann prüft die App, ob von dem jeweiligen Rechner die Dienste erreichbar sind", sagt DW-IT-Experte Linow. OONI braucht also möglichst viele Freiwillige, die mitmachen. "Die Daten werden dann von OONI gesammelt und aufbereitet." 

Wer selbst eine Webseite betreibt und den Verdacht hat, von irgendwem geblockt zu werden, kann seine Seite bei OONI registrieren lassen. Dann wird die App auch prüfen, ob dieser Verdacht zutrifft. "Das ist eine ganz lange Liste, die von der App abgearbeitet wird. Da taucht man dann irgendwo drin auf mit seiner Wunsch-URL, und dann wird die auch kontrolliert", sagt Linow.

Allerdings sollten die Nutzer grundsätzlich auch vorsichtig sein. Ganz risikofrei ist die Nutzung der App nicht. Möglicherweise könnten diktatorische Regime auch mit Strafen und Verfolgung darauf reagieren. 

Mehr dazu: IT-Experte: Freies Internet in autoritären Regimen geht nur über Satellit

Schmidt Fabian Kommentarbild App
Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen