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Regierung will besseren Jugendschutz

15. Februar 2012

Vereinsamung vor dem Computerbildschirm und neue Drogen stellen den Staat auf die Probe. Die Bundesregierung reagiert mit einer modernisierten Suchtpolitik. Hauptproblem bleibt der Alkohol.

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Ein Jugendlicher sitzt hinter Flaschen mit Alkohol (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Seit Jahren gehören die Deutschen zu den Völkern mit dem höchsten Alkoholverbrauch, jede dritte Straftat wird hierzulande unter Alkohol verübt und die Kosten alkoholbezogener Krankheiten belaufen sich auf jährlich 26,7 Milliarden Euro. Das statistische Schreckensgemälde findet seine Erklärung teilweise in der gesellschaftliche Realität: Das Auseinanderfallen von Familien und die Vereinsamung lassen viele Menschen zur Flasche greifen.

Trotz eines leichten Rückgangs beim Jahreskonsum führt die nationale Strategie zur Suchtbekämpfung das Alkoholproblem an erster Stelle auf. Besonders das sogenannte Komasaufen unter Jugendlichen soll durch Aufklärungskampagnen eingedämmt werden. Die Werbung will der Staat nicht weiter einschränken, hier vertraue man darauf, dass die Selbstregulierung der Wirtschaft den Jugendschutz beachte, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans am Mittwoch (15.02.2012) in Berlin.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (Foto: dpa)
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild DyckmansBild: picture-alliance/dpa

In Deutschland dürfen hochprozentige Alkoholika nur an Erwachsene über 18 Jahren verkauft werden, während für Bier, Wein und Mischgetränke die Altersgrenze von 16 Jahren gilt. Das Bundesland Baden-Württemberg hat vor zwei Jahren den nächtlichen Verkauf von Alkohol an Tankstellen gänzlich verboten, ob das beabsichtigte Ziel errreicht wurde, ist noch nicht bekannt.

Süchtig nach dem Internet

Zweites Suchtproblem der Deutschen bleibt der Tabak, obwohl die Zahl der Raucher zurückgegangen ist und besonders unter Jugendlichen einen historischen Tiefstand erreicht hat. Zu den neuen Gefahren, die der Staat besonders für junge Menschen ausgemacht hat, gehören die "legal highs", synthetische Drogen, die oft in riskanten Mischungen konsumiert werden, und die zunehmende Abhängigkeit von Online-Computerspielen.

Noch sei ungeklärt, wann von einer pathologischen Internetnutzung zu sprechen ist, heißt es in dem vom Kabinett beschlossenen Strategie-Papier. Die reine Nutzungszeit sei kein alleiniges Kriterium, sondern es müssten noch andere Faktoren hinzukommen. In der Gruppe der 14- bis 24-Jährigen rechne man in Deutschland mit rund 250.000 Betroffenen. Da Online-Sucht bisher - auch international - nicht als eigenständige Krankheit definiert sei, erfolge ihre medizinische und psychiatrische Behandlung der Betroffenen in der Regel unter dem Etikett anderer, begleitender psychischer Erkrankungen.

Mehr Hilfe für Migranten

In der Regierungsstrategie zur Suchtbekämpfung spielen auch die besonderen Probleme der Migranten eine Rolle. Dabei gelte es kulturspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen, heißt es. So wendeten sich junge russischstämmige Aussiedler eher den Opiaten zu, Muslime wiesen eher cannabis- oder alkoholbezogene Störungen auf. Junge Männer mit Migrationshintergrund zeigten ein erhöhtes Risiko, eine Automatenspielsucht zu entwickeln. Wenn ausreichende deutsche Sprachkenntnisse fehlten, sei der Zugang zur Betreuung erschwert. Deshalb fördert das Gesundheitsministerium in diesem Jahr mehrere Modellprojekte zur besseren Einbeziehung von Migranten in die Sucht- und Drogenhilfe.

Insgesamt will die Bundesregierung vor allem Prävention und frühes Eingreifen fördern und die Hilfe genauer auf die Risikogruppen ausrichten.

Autor: Bernd Gräßler
Redaktion: Kay-Alexander Scholz