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Film

Neu im Kino: "Le Mans - Gegen jede Chance"

Jochen Kürten
13. November 2019

Früher war das Auto die Verkörperung von grenzenloser Freiheit, heute ist es ein Umweltfaktor. Der Film "Le Mans - Gegen jede Chance" beschwört die legendäre Ära des Rennsports herauf - entgegen aller Klimabedenken.

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Filmstill "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
Bild: picture-alliance/dpa/Twentieth Century Fox

Was waren das noch für Zeiten, als Regisseure, Drehbuchautoren und Schauspieler an einem Strang zogen und Autofilme auf die Kino-Leinwand zauberten, die es in sich hatten. Mitte der 1960er-Jahre begann diese goldene Ära des Sub-Genres "Autofilm", die allerdings schon nach ein paar Jahren jäh wieder endete. Der große Ölpreis-Schock 1973 erinnerte die Menschen daran, dass die Öl-Ressourcen nicht endlos ausgebeutet werden können. Das sollte auch Folgen fürs Kino haben - zumindest vorübergehend.

Wachsendes Umwelt-Bewusstsein bahnte sich seinen Weg. Doch nach einer kurzen Zeit aber vergaß man vielerorts wieder, was die Umweltzerstörung, hervorgerufen durch Mensch und Industrie, anrichtete. Am liebsten Spielzeug der einen Hälfte der Menschheit (der männlichen) wurde festgehalten. Erst jetzt, im Jahre 2019, blickt man wieder kritisch aufs Auto, die Autoindustrie gilt im Zeitalter der Greta Thunberg als einer der großen Verlierer des wachsenden Umweltbewusstseins.

"Ford v Ferrari" knüpft an Filme der späten 1960er-Jahre an

Und ausgerechnet jetzt startet weltweit ein Film in den Kinos, der daherkommt, als ob es diese ganzen Wandlungen und Veränderungen nie gegeben hätte - und anknüpft an Filme wie "Grand Prix" und "Indianapolis", "Asphaltrennen" und "Le Mans". Der neue Film heißt "Ford v Ferrari" (dt. Titel "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"), inszeniert hat ihn US-Regisseur James Mangold, besetzt ist er mit den Stars Matt Damon und Christian Bale.

Filmstill "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
In Le Mans starten die Fahrer zum Renn-Auftakt, in dem sie zu Fuß zu ihren Autos laufenBild: picture-alliance/dpa/Twentieth Century Fox

Er ist eine Hommage an die gute alte Zeit des Rennsportfilms, beschwört eine Männerfreundschaft und blickt zurück in die goldene Ära des Motorsports. Mangold und seine Drehbuchautoren erzählen von der - in Motorsportkreisen - legendären Auseinandersetzung des US-Konzerns Ford mit der italienischen Rennsportschmiede Ferrari. Die Italiener beherrschten damals viele Rennen mit überlegener Technik, Ford war das ein Dorn im Auge.

Ford wollte Ferrari auf der Rennpiste die Stirn bieten

Es war der ehemals erfolgreiche US-Rennfahrer Carroll Shelby (Matt Damon), der aufgrund einer schweren Herzerkrankung selbst nicht mehr Rennen fahren durfte, der Ferrari den Kampf ansagte. Der damalige Konzernchef Henry Ford II engagiert Shelby und gab ihm den Auftrag, ein Auto zu entwickeln, das den roten Rennern aus Modena die Stirn bieten sollte - vor allem beim berühmten und prestigeträchtigen Rennen "24 Stunden von Le Mans" in Frankreich.

Filmstill "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
Caroll Shelby wird überzeugend von Matt Damon verkörpertBild: © 2019 Twentieth Century Fox

Shelby entwickelte ein konkurrenzfähiges Auto, setzte gegen viele Widerstände den genialen wie eigensinnigen Briten Ken Miles (Christian Bale) als Werksfahrer durch - und erreichte 1966 nach einigen Rückschlägen tatsächlich sein Ziel: den Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans mit einem Ford-Modell. Shelby und Miles, obwohl höchst unterschiedliche Charaktere, entwickelten bei der Arbeit zum gemeinsamen Ziel gegenseitige Hochachtung - und eine Freundschaft. Das erzählt der Film.

Technik, Design, Motorstärke - gepaart mit fahrerischem Können

"Ford v Ferrari" fußt also auf wahren Begebenheiten. Der Film zeigt die mühsamen und langwierigen Arbeiten beim Aufbau eines konkurrenzfähigen Rennsport-Teams. Er erzählt von zahlreichen internen Auseinandersetzungen im Ford-Konzern, in dem Bürokratie und Massenproduktion kaum zu ungewöhnlichen neuen und phantasievollen Ansätzen passen wollen. Und er erzählt vor allem von der engen Beziehung zweier Männer, die einen genialen Mix aus Technik, Design und der Kunst des schnellen Fahrens anrühren.

Filmstill "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
Neigt in "Ford v Ferrari" ein wenig zum Overacting: Christian BaleBild: © 2019 Twentieth Century Fox

Schnelle Autos, Männerfreundschaft, Renn-Nostalgie - und das im Jahre 2019! Wer will so etwas noch sehen, eingefleischte Fans und Autonarren einmal ausgenommen? Doch den Machern von "Ford v Ferrari" ist etwas Erstaunliches gelungen. In Zeiten, in denen der Rausch der Geschwindigkeit entweder in brachialen und oft auch ein wenig stumpfsinnigen Computerspielen ("Blur", "Grand Theft", "Mario Kart") und auch Kinofilmen ("The Fast and the Furious") gefrönt wird, erscheint "Ford v Ferrari" wie eine aus der Zeit gefallene Filmperle.

"Mein Ziel war es, in einem Zeitalter, in dem der Actionfilm von Computern definiert wird, etwas Erdiges, Echtes und Realitätsnahes zu schaffen", sagt Regisseur James Mangold über seinen Film: "Ich wollte dieses sexy Gefühl von Motoren und Autos hervorrufen und spürbar machen, in welche Gefahr die Rennwagen die Männer brachten." Das ist ihm gelungen.

Der Film zeigt auch den Kampf gegen Bürokratie in einem großen Unternehmen

Und mehr noch. "Ford v Ferrari" ist nicht nur ein Film über schnelle Autos und waghalsige Fahrer. Gerade der Konflikt innerhalb des Ford-Konzerns, in dem es um den Kampf zwischen Individualismus und Bürokratie geht, wird von Mangold nachvollziehbar behandelt: "Dieser Film handelt von Menschen, die nach einer Spitzenleistung streben und sich gegen vorgefasstes Firmendenken und althergebrachte Marketingstrategien durchsetzen." Die sei ein "geradezu essenzieller Kampf", der "noch im 21. Jahrhundert Gültigkeit besitzt."

Filmstill "Le Mans 66 - Gegen jede Chance"
Frauen spielen nur am Rande eine Rolle: Caitriona Balfe als Frau von Ken MilesBild: © 2019 Twentieth Century Fox

"Ford v Ferrari" hat etwas rührend Nostalgisches, das betrifft die Machart des Films und natürlich auch seinen Gegenstand: "Computer sind uns bei der Autotechnik heute sehr hilfreich”, sagt Mangold: "Sie berechnen sehr genau, was funktionieren wird und was nicht. Diesen Luxus besaßen die Fahrer damals nicht. Sie wussten nie genau, was als Nächstes passieren würde."

"Ford v Ferrari" funktioniert auch im digitalen Kinozeitalter

Man habe damals einfach ein Auto bauen müssen und dann geschaut, "ob es einem um die Ohren fliegt. Dieser Wagemut, diese Art sich schmutzig zu machen und hohe persönliche Risiken einzugehen, hat etwas sehr Romantisches an sich." Mag sein, dass "Ford v Ferrari" also etwas nostalgisch wirkt. Doch falsch muss das ja nicht sein. Auch nicht im Jahr 2019.