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Robuster Arbeitsmarkt mit Nachwuchsproblemen

3. Januar 2022

Der deutschen Wirtschaft mangelt es an Fachkräften und Nachwuchs, immer noch bleiben jährlich Tausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Doch die Auswirkung der Corona-Krise auf die Beschäftigung hält sich in Grenzen.

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Symbolbild | Fachkräftemangel in Deutschland
Bild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Nach dem Rückgang im Corona-Krisenjahr 2020 ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland 2021 wieder leicht gestiegen. Sie wuchs um 7000 auf 44,9 Millionen im Schnitt des vergangenen Jahres, wie das Statistische Bundesamt am Montag nach vorläufigen Zahlen mitteilte.

Im ersten Corona-Krisenjahr 2020 hatte die Pandemie den zuvor über 14 Jahre langen Anstieg der Erwerbstätigkeitbeendet. "Der seit 2006 andauernde Beschäftigungszuwachs wäre vermutlich auch ohne die Corona-Krise bald zum Ende gekommen, da das Erwerbspersonenpotenzial aufgrund des demografischen Wandels schwindet", erklärten die Wiesbadener Statistiker.

Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge dürfte die Zahl der Erwerbstätigen in diesem und im kommenden Jahr mit der erwarteten Konjunkturerholung spürbar steigen. 2023 soll sie bei rund 45,5 Millionen liegen.

"Damit wird aber auch der Zenit erreicht", sagte IfW-Vizepräsident Stefan Kooths zu Reuters. "Denn danach scheiden mehr Personen aus dem Erwerbsleben aus als neue auf den Arbeitsmarkt hinzukommen." Dieser Effekt lasse sich auch durch mehr Zuwanderung und eine stärkere Erwerbsbeteiligung etwa von Müttern "nicht umkehren, sondern lediglich mildern".

Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Beschäftigte im Gastgewerbe spürbar gesunken
Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Beschäftigten im Gastgewerbe spürbar gesunkenBild: David ZorrakinoEUROPA PRESS/picture alliance

Diverses Bild

Die Wirtschaftsbereiche entwickelten sich aber unterschiedlich. So gab es bei den Dienstleistungen laut der Statistiker mit einem Plus von 94.000 Menschen wieder Zugewinne auf nun 33,7 Millionen Erwerbstätige. Während die Zahlen in den Bereichen Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit sowie Information und Kommunikation deutlich stiegen, sanken sie in den von der Krise besonders getroffenen Branchen Handel, Verkehr und Gastgewerbe spürbar. Hier waren im zurückliegenden Jahr 176.000 Personen weniger beschäftigt (-1,8 Prozent), nach einem Rückgang um 218.000 im Jahr 2020.

Im Produzierenden Gewerbe fiel die Erwerbstätigenzahl um 1,2 Prozent auf 8,1 Millionen, während das Baugewerbe im Immobilienboom zulegte. Große Rückgänge verzeichnete der Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei.

Die Zahl aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nahm im Jahresdurchschnitt 2021 um 115.000 Personen (+0,3 Prozent) auf rund 41 Millionen zu. Beschäftigungsverluste gab es dagegen wie schon 2020 bei der Zahl der marginal Beschäftigten. Bei den Selbstständigen setzte sich zudem der langjährige Abwärtstrend fort.

Arbeitgeber beklagen Fachkräftemangel

Die deutsche Wirtschaft hat vor einer massiven Verschärfung des Fachkräftemangels in den kommenden Jahren gewarnt. Allein im Handwerk blieben jedes Jahr um die 18.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, welche die Betriebe gerne besetzen würden. Es fehlten Bewerberinnen und Bewerber, nicht die Plätze.

"Der Höhepunkt des Fachkräftemangels kommt erst noch", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Und Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fügte hinzu: "Der Fachkräftemangelbleibt ein Topthema für die deutsche Wirtschaft und für unsere Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren. Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung."

Symbolbild | Coronavirus | Berufststart
Der Kinderschutzbund räumt ein: "Dem Übergang von Schule und Beruf hätten wir uns mehr widmen müssen." Bild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Schlechtere Schulabschlüsse wegen Corona

Unterdessen beklagt der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, eine Verdopplung der Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss. Die Zahl sei von 50.000 auf 100.000 seit Beginn der Pandemie gestiegen, sagte Hilgers der Düsseldorfer Rheinischen Post. Und viele Schülerinnen und Schüler hätten wegen Corona nur einen schlechten Abschluss geschafft. Auch gehe die Zahl der Ausbildungsplätze zurück, bei denen junge Menschen auch mit weniger guten Schulnoten eine Chance gehabt hätten, etwa im Friseurberuf, in der Gastronomie und im Handel.

"Dem Übergang von Schule und Beruf hätten wir uns mehr widmen müssen", mahnte Hilgers. Er vermisse in der Bildungspolitik konkrete Pläne aus den Lehren der Pandemie. Hilgers forderte konzertierte Programme von Bund, Ländern und Kommunen für den Übergang von der Schule in den Beruf mit fairen Chancen auch für die mit schlechten Noten oder ohne Abschluss. Auch müsse der Gedanke des Hybridunterrichts über die Pandemie hinaus für die Zukunft weitergedacht werden. "Wenn ein Schüler mal ein Bein gebrochen hat, könnte er so trotzdem teilnehmen. Man muss da endlich weiterdenken."

dk/bea (dpa, epd)