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Politik

Zweifel am deutlichen Wahlergebnis

Cai Nebe
30. Oktober 2020

Laut Wahlkommission hat Präsident John Magufuli mit überwältigender Mehrheit in Tansania gewonnen. Die Opposition wäre im Parlament quasi nicht mehr vertreten. Ihre Kandidaten wollen das Ergebnis nicht anerkennen.

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Tansania Wahlen | Präsident John Pombe Magufuli bei Stimmabgabe
Machthaber Magufuli am Wahltag: 84 Prozent ZustimmungBild: REUTERS

In Tansania steht zwei Tage nach der Präsidentenwahl der haushohe Sieg des Amtsinhabers fest: Die Wahlkommission erklärte Präsident John Magufuli zum Sieger der Abstimmung vom Mittwoch. Demnach kam er auf 84 Prozent der Stimmen. Sein Rivale Tundu Lissu erhielt 13 Prozent.

Auch im Parlament könnte Magufulis Partei Chama cha Mapinduzi (CCM) einen Sieg einfahren: Den Zwischenergebnissen zufolge liegt sie auch in bisherigen Hochburgen der Opposition deutlich vorne. Möglicherweise könnte sie 218 der 220 Parlamentssitze gewinnen und die bisherige Oppositionspartei CHADEMA de facto komplett verdrängen.

Der tansanische Analyst Jenerali Ulimwengu sagt, diese Wahl mache Tansania zu einem "Ein-Parteien-Staat, in dem Magufuli tun und lassen kann, was er will".

Vorwürfe des Wahlbetrugs

Am Rande der Wahl in dem ostafrikanischen Land war es zu Unregelmäßigkeiten gekommen: Das Internet war offenbar zeitweise abgeschaltet worden, Wähler in Oppositionshochburgen sollen bedrängt worden sein. Dazu machten Fotos die Runde, auf denen angeblich massenhaft Wahlzettel zu sehen sind, die zugunsten Magufulis vorausgefüllt waren.

Inzwischen hat die Botschaft der USA mitgeteilt, es gebe "glaubhafte Vorwürfe signifikanten Wahlbetrugs und von Einschüchterung". Dazu zählten mehrfache Stimmabgabe, vorausgefüllte Stimmzettel, Festnahmen von Kandidaten und Demonstrierenden und eine Sperrung von sozialen Medien.

Wahllokal in Daressalam
Wahllokal in Daressalam: Einschüchterungen und Betrug?Bild: REUTERS

Die internationale Glaubwürdigkeit sei für Magufuli jedoch nicht wichtig, glaubt Analyst Thabit Jacob: "Die Opposition hofft, Botschaften und andere ausländische Kräfte zu beeinflussen, aber das ist Magufuli egal." Magufuli hatte in seiner ersten Amtszeit zunehmend autoritär regiert - die Wahl galt als Stimmungstest zwischen seiner harten Gangart und dem demokratischeren Kurs seiner Herausforderer.

Opposition zweifelt Ergebnis an

Magufulis wichtigster Gegner, CHADEMA-Spitzenkandidat Tundu Lissu, kündigte an, seine Partei werde das Ergebnis nicht akzeptieren. "Es handelt sich um Wahlbetrug in einer Größenordnung, wie es sie in der gesamten tansanischen Geschichte noch nicht gegeben hat", sagte Lissu bei einer Pressekonferenz in Daressalam.

"Die Wahl wurde in vielen Teilen des Landes unter Bedingungen abgehalten, die nicht als freie, faire und glaubwürdige Wahlbedingungen bezeichnet werden können." Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, diese Wahl nicht anzuerkennen, bei der Magufuli "die Hoffnung von Millionen Tansaniern gestohlen hat".

Tansania Singida | Wahlen | Tundu Antiphas Lissu
Herausforderer Lissu bei der Stimmabgabe: "Keine freien, fairen und glaubwürdigen Bedingungen"Bild: Said Khamis/DW

Lissu war erst vor zwei Monaten unter dem Jubel seiner Anhänger  nach Tansania zurückgekehrt. Drei Jahre zuvor hatte er einen Mordanschlag schwer verletzt überlebt und sich aus Sorge um seine Sicherheit im Ausland behandeln lassen.

Obwohl er in der Bevölkerung beliebt ist, hätte Lissu es nicht mit dem Charisma von Präsident Magufuli aufnehmen können, glaubt der kenianische Analyst Martin Andati: "Magufuli hat nach wie vor einen guten Ruf wegen seines Kampfs gegen Korruption, und weil er die Massen bewegt", sagt der Analyst. Auch ein derart deutlicher Sieg sei abzusehen gewesen.

Festnahmen auf Sansibar

Die CCM hat nach vorläufigen Ergebnissen auch auf der Insel Sansibar starke Zuwächse verzeichnet und sich gegen die dortige Partei ACT-Wazalendo durchgesetzt. Ein ähnliches Ergebnis wurde auch von der Insel Pemba vermeldet, wo die CCM zuvor keine Chance gegen die auf den Inseln starke Oppositionspartei hatte.

Auch die ACT-Wazalendo will gegen das Ergebnis protestieren: "Unsere Beobachter wurden aus den Wahllokalen verjagt", sagt Parteichef und Präsidentschaftskandidat Seif Sharif Hamad. "Nur Angehörige der Nationalen Wahlkommission, Polizisten und Abgesandte der CCM sind übrig geblieben - gemeinsam mit Beobachten, die der CCM nahestehen."

Sicherheitskräfte vor Wahllokal auf Sansibar
Sicherheitskräfte vor Wahllokal auf Sansibar: "Als ob wir eine Kolonie sind"Bild: Patrick Meinhardt/AFP/Getty Images

Nachdem sie zum Protest aufgerufen hatten, wurde Hamad gemeinsam mit Parteifreunden kurzzeitig festgenommen. Zuvor hatte der ACT-Spitzenkandidat kritisiert, die Wahl gleicher eher einer Militärübung: "Hier in Sansibar war jedes Wahllokal vom Militär oder anderen bewaffneten Kräften umstellt. Es scheint, sie gehen mit Sansibar anders um als mit dem Festland, als ob wir eine Kolonie sind."

Die Lage auf der Insel im Indischen Ozean ist angespannt: Das Militär ist in den Straßen präsent, Berichten der Opposition zufolge soll es zu Attacken auf Zivilisten gekommen sein. Es gibt teils widersprüchliche Berichte über Ausschreitungen mit mindestens zehn Toten.

Keine Versöhnung in Sicht

Die Hoffnung auf einen versöhnlichen Ausweg schwindet, befürchtet Mzuri Issa, Vorsitzende der Gesellschaft für Frauen in den Medien (TAMWA) in Sansibar: "Sie haben politischen Streit zu Feindseligkeiten aufgebläht, und diese Wahlen sind sehr schlecht durchgeführt worden", sagte sie der DW. "Deshalb sieht es so aus, als gäbe es keinen Raum mehr für Versöhnung zwischen den rivalisierenden Parteien, obwohl die einfachen Menschen auf Sansibar sich genau das wünschen."

Lesen Sie hier einen englischsprachigen Kommentar von DW-Journalistin Grace Kabogo.

Adaption: David Ehl