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Aussagen der Kandidaten im Faktencheck

Uta Steinwehr | Anwar Ashraf
13. September 2021

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl debattierten die drei Kandidaten fürs Kanzleramt erneut im Fernsehen. Nicht alle Aussagen waren dabei korrekt. Eine Auswahl der Behauptungen im DW-Faktencheck.

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Journalisten sitzen an Laptops und blicken auf einen Bildschirm, auf dem das Triell zu sehen ist
Journalisten beobachten das Duell der drei Kanidaten fürs KanzleramtBild: Omer Messinger/Getty Images

Geldwäsche

Nach Einstiegsfragen zu möglichen Koalitionspartnern ging es direkt zu dem Thema, das zu einem der heftigsten Schlagabtausche in dem Triell zwischen SPD-Kandidat Olaf Scholz und CDU-Kandidat Armin Laschet führte: der Razzia im Bundesfinanzministerium vergangene Woche in Berlin.

Bei der Razzia ging es um Ermittlungen gegen die "Financial Intelligence Unit" (FIU), Zentrale für Finanztransaktionsuntersuchungen". Aufgabe der Behörde ist laut eigenen Angaben, Meldungen über auffällige Finanztransaktionen entgegen zu nehmen, zu sammeln und auszuwerten.  

Beim Triell sagt Scholz: "Die Untersuchung (…) hat gar nichts mit dem Ministerium zu tun."

DW-Faktencheck: Irreführend.

Die FIU ist als nachgelagerte Behörde dem Zoll unterstellt. der unter dem Dach des Bundesfinanzministeriums steht. Bis 2017 gehörte sie zum Bundeskriminalamt.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt gegen die FIU wegen des Verdachts auf Strafvereitelung. Die Behörde soll 2018 von einer Bank auf eine verdächtige Millionenzahlung nach Afrika aufmerksam gemacht worden sein, die Informationen aber nicht an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet haben.

Mit der Razzia solle untersucht werden, so die Staatsanwaltschaft in einem Statement, "ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren".

Da die Untersuchung noch läuft, kann nicht eindeutig gesagt werden, ob Ministerien involviert sind oder nicht. Wichtig zu betonen ist jedoch, dass nicht direkt gegen Scholz ermittelt wird. 

Laschet griff Scholz jedoch weiter an: 

"Indem sie sagen, 'Ja, da sitzt irgendeine Behörde in Köln', erwecken Sie den Eindruck, als wenn Sie damit nichts zu tun hätten. Darüber haben Sie die Fachaufsicht, über diese Behörde."

DW-Faktencheck: Falsch.

Die FIU ist laut Bundesfinanzministerium "als neue Direktion X der Generalzolldirektion in den Kernbereichen ihrer Tätigkeit fachlich unabhängig". Der Finanzminister hat nur die Rechtsaufsicht und nicht die Fachaufsicht.

Unter Rechtsaufsicht ist laut Brockhaus die Aufsicht nachgeordneter Behörden in Bezug auf die Einhaltung geltenden Rechts zu verstehen. Die Fachaufsicht hingegen schließt inhaltliche Kontrolle und Weisungen ein. Als Finanzminister darf Scholz also keinen inhaltlichen Einfluss auf die Arbeit der FIU nehmen.

Infografik - Verdachtsmeldungen von Geldwäsche - DE
Die Verdachtsmeldungen von Geldwäsche haben stark zugenommen - auch wegen des Einsatzes der Financial Intelligence Unit FIU

Grünenkandidatin Annalena Baerbock betonte, wie groß der Schaden für Deutschland jährlich ist.

"Eines der größten Probleme auch mit Blick auf den Staatshaushalt ist, dass dem Staat rund 50 Milliarden Euro jährlich durch Steuerbetrug, durch Geldwäsche, durch kriminelle Aktivitäten durch die Lappen gehen."

DW-Faktencheck: Richtig

Diese Zahl nennt Annalena Baerbock nicht zum ersten Mal im Wahlkampf.

Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, bezifferte im April 2019 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die jährlichen Verluste für den Staat durch Steuerhinterziehung auf die von Baerbock erwähnten 50 Milliarden Euro. Durch legale - aber möglicherweise moralisch fragwürdige - Steuertricks könnte sich der Wert verdoppeln.

Für die ARD schätzte der Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kürzlich, dass die 50 Milliarden Euro eher die Untergrenze der Verluste durch diverse Praktiken der Steuerhinterziehung wie Schwarzarbeit oder Umsatzsteuerbetrug sein könnte.

Klimawandel

Armin Laschet: "Fakt ist, seit den Neunzigerjahren wissen wir von Weltklima-Ereignissen."

DW-Faktencheck: Irreführend.

Laschet äußerte sich hier im Kontext, wie die Politik auf den Klimawandel und Extremwetterereignisse reagieren sollte. Es bleibt etwas unklar, worauf er sich konkret bezieht. Möglicherweise nimmt er Bezug auf die großen Weltklimakonferenzen wie in Kyoto in den 1990er-Jahren.

Die Menschheit weiß jedoch schon länger als erst seit 30 Jahren, welche Auswirkungen die steigende globale Durchschnittstemperatur für die Erde haben kann. So fand bereits 1979 die erste Weltklimakonferenz statt, bei Wissenschaftler und Praktiker erörterten, wie sich der Anstieg des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre - verursacht durch den Menschen - auf das Klima auswirken kann. Dies zeigt unter anderem ein Beitrag der Nachrichtensendung Tagesschau aus diesem Jahr.

Coronavirus

Annalena Baerbock: "Dass es nach wie vor von der Bundesregierung verweigert wird, dass es Testung am Arbeitsplatz gibt... wir verlangen von unseren Kindern, sich in den Schulen zwei- bis dreimal die Woche zu testen, aber am Arbeitsplatz soll das nicht passieren. Das verstehe ich einfach nicht."

DW-Faktencheck: Irreführend

Es ist korrekt, dass Arbeitnehmer in Deutschland nicht verpflichtet sind, sich regelmäßig auf das Coronavirus SARS-CoV-2 testen zu lassen. Jedoch müssen Arbeitgeber seit dem 20. April zweimal pro Woche einen Coronatest anbieten - entweder als Selbsttest oder als Schnelltest durch geschultes Personal. Dies nennt sich die Testangebotspflicht. Die Mitarbeiter müssen dieses Angebot jedoch nicht annehmen.

Die entsprechende Verordnung wurde zuletzt bis zum 24. November verlängert.

Mitarbeit: Christoph Gravemeyer, Angelika Gruber