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Vulkanausbruch auf La Palma: Leid und Faszination

2. November 2021

Lavafontänen, Ascheregen und Vulkanbomben locken am Vulkan Cumbre Vieja Touristen an. Lava und Asche zerstören Häuser und Plantagen, aber langfristig sorgt die fruchtbare Lava auch für neues Leben.

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Haus mit Asche bedeckt nach Vulkanausbruch
Ungünstige Winde trugen Unmengen an Vulkanasche in den Norden der InselBild: Emilio Morenatti/AP Photo/picture alliance

Mehr als sechs Wochen nach dem Ausbruch wütet der Vulkan Cumbre Vieja weiterhin mit zerstörerischer Urgewalt. Fortlaufend wird die Vulkaninsel von vielen schwachen und mittleren Erdbeben erschüttert. Ende Oktober wurde das bislang stärkste mit 5,0 auf der Richterskala registriert. 

Teile des Vulkankegels brachen zusammen, daraufhin strömten gewaltige Lavamassen unaufhaltsam ins Tal. Inzwischen wurden nach Angaben des Geographischen Instituts IGN mehr als 2500 Gebäude völlig zerstört. 

Daten des Copernicus-Satelliten zeigen, dass jetzt mehr als 946,5 Hektar von einer meterdicken Schicht Lava bedeckt sind, das entspricht 1325 Fußballfeldern (die für solche Vergleiche gerne bemüht werden). 

Ascheregen und Vulkanbomben 

Lebensgefährlich können auch die “Vulkanbomben“ werden, das ist 
pyroklastisches Material, das während eines Ausbruchs zusammen mit den Lavafontänen aus dem Vulkan geschleudert wird. 

Außerdem regnet es in einigen Teilen der Insel unaufhörlich Asche. Ungünstige Winde trugen Unmengen an Vulkanasche auch in den Norden der Insel, wo die schwarzgraue Schicht die Landschaft überzog. Vor einigen Häusern blieben nur noch Giebel und Schornsteine sichtbar.

Leid und Faszination

Das ungewöhnliche Naturspektakel bringt aber nicht nur Leid und Zerstörung, es bringt auch Unmengen an Touristen auf die Insel. Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen auf La Palma sind nahezu ausgebucht.

Vor allem Spanierinnen und Spanier vom Festland oder von anderen Kanareninseln wollen den Ausbruch aus nächster Nähe beobachten. Shuttlebusse bringen die Vulkantouristen zu Aussichtspunkten im Westen von La Palma, von wo aus die Rauchwolken und Lavafontänen am besten zu beobachten sind.

Natürlich profitiert die Insel von den schaulustigen Touristen, aber insgesamt bedeutet der Vulkanausbruch für die Wirtschaft der 85.000-Einwohner-Insel schwere wirtschaftliche Verluste. So zerstörte die Lava zahlreiche Bananen-Plantagen, die zu den Haupteinnahmequellen der Kanareninsel zählen.

Das Drama von La Palma

Verheerende Schäden durch Lava

Wer auf vulkanischen Inseln wie den Kanaren lebt, weiß oder sollte wissen, wie eng die Entstehung der Insel, die besondere Fruchtbarkeit, aber auch die Risiken mit den darunter schlummernden Vulkanen verbunden sind. Vulkane können Jahrhunderte, Jahrtausende ruhen und dann urplötzlich erwachen.

Jeder Ausbruch verändert die Inseln, Lava- und Ascheschichten bedecken große Gebiete. Unter dem erkalteten Lavastrom wächst kurz nach dem Ausbruch erst einmal nichts mehr. Die ersten Auswirkungen der Lava auf die maritime Flora und Fauna seien "verheerend", sagte Fernando Tuya, Experte für Biodiversität und Umweltschutz an der Universität Las Palmas de Gran Canaria. Organismen, die unter der Lava begraben werden, sterben demnach sofort. Und es wird Jahre oder Jahrzehnte dauern, bis sich auf der erkalteten Lava wieder neue Pflanzen ansiedeln.

Spanien Vulkanausbruch auf La Palma
Alles unter Asche: Der Bananenanbau auf La Palma ist neben dem Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige.Bild: Kike Rincón/EUROPA PRESS/picture alliance/dpa

Neue Landzunge entstanden

An der Westküste, wo die glühende Lava in den Atlantik fließt, wächst die neu entstandene Landzunge aus geschmolzenem Gestein immer weiter. Und damit wächst auch die Insel immer weiter.

Auch wenn die ersten Auswirkungen der Lava auf die maritime Flora und Fauna "verheerend" seien, so Fernando Tuya, Experte für Biodiversität und Umweltschutz an der Universität Las Palmas de Gran Canaria, könne das Ereignis auf lange Sicht jedoch "bereichernd" sein. "Die Lava wird einen Felsen bilden, der Nährboden für eine Reihe von Meerestieren sein wird, die ihn in drei bis fünf Jahren besiedeln können", so Tuya.

Fruchtbare Lava

Ein besiedelter Meeresboden ist für die Menschen, die jetzt ihr Hab und Gut verloren haben, sicherlich nur ein schwacher Trost. Aber es hat einen guten Grund, warum sich Menschen immer wieder am Fuße und an den Hängen von noch aktiven Vulkanen ansiedeln und das Risiko eines Ausbruchs in Kauf nehmen. Denn die Lava macht die Böden ungewöhnlich fruchtbar, weil die ausgeworfene Asche wichtige Pflanzennährstoffe enthält.

Infografik Vulkaninseln DE
Entstanden sind die Kanarischen Inseln offenbar durch einen einen "Hotspot" im Erdmantel

Lavaasche ist reich an Phosphor, Kalium und Calcium, und sie speichert Wasser. Es wird nicht lange dauern, dann werden die Pflanzen so viele Nährstoffe finden, dass sich auf dem Gestein schon bald eine dünne Bodenschicht bildet. Die Lavaasche wirkt also wie ein Dünger, der satte Ernteerträge verspricht.

Deshalb gibt es auf La Palma die riesigen Bananenplantagen. Auf etwa 3.000 Hektar werden jährlich mehr als 100.000 Tonnen Bananen produziert. Damit ist der Bananenanbau auf La Palma neben dem Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige.

Leben auf dem Hotspot

Entstanden sind die Kanarischen Inseln offenbar durch einen einen "Hotspot" im Erdmantel, das heißt der Erdmantel ist an dieser Stelle besonders heiß. Reibt die Erdkruste, hier die Afrikanische Platte, über solch einen "Hotspot", dringt ein neuer Vulkan durch die Erdkruste. Dies geschah vor etwa 2 bis 4 Millionen Jahren rund 4000 Meter tief im Atlantik.

Vor rund 1,7 Millionen Jahren erreichte der sich auftürmende Schildvulkan die Meeresoberfläche und ließ die Insel La Palma als zweitgrößte Kanaren-Insel entstehen. Noch heute kann man auf La Palma die beiden unterschiedlichen Vulkankomplexe sehen. Im Norden liegt der alte mächtige Schildvulkan mit der Caldera de Taburiente, und im Süden liegt die geologisch wesentlich jüngere und jetzt so aktive Cumbre Vieja-Vulkankette.

Durch die gewaltigen Eruptionen ist die Vulkaninsel heute an der höchsten Stelle 2436 Meter hoch, schon das ist beeindruckend. Aber unter der Wasseroberfläche fällt La Palma im Westen bis auf 4000 Meter Tiefe ab. Damit ist der gesamte Vulkankomplex mit einer Gesamthöhe von mehr als 6400 Metern Höhe einer der höchsten Vulkan weltweit.

Der Artikel wurde zuletzt am 02.11.2021 aktualisiert

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund