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VW im Visier der US-Justiz

22. September 2015

In der Affäre um manipulierte Abgaswerte ist der Schaden für VW immens. Neben einem Imageverlust drohen Rückrufkosten, verärgerte Aktionäre und ein Strafverfahren mit ungewissem Ausgang. Auch für Winterkorn wird es eng.

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Martin Winterkorn auf der IAA in Frankfurt (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/F.v. Erichsen

Strafzahlungen durch die US-Umweltbehörde EPA stehen dem deutschen Autobauer VW ohnehin bevor - nun könnten die manipulierten Abgastests bei Dieselwagen laut US-Medien auch strafrechtliche Folgen für den Konzern haben. Das US-Justizministerium ermittele, ob dem Konzern kriminelle Machenschaften vorzuwerfen seien, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf zwei mit der Untersuchung vertraute Personen.

Ein solches Justizverfahren kann in den USA Monate oder Jahre dauern, erfolglos enden oder zu Strafen in Milliardenhöhe führen. VW war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Auch BMW und Daimler im Visier

Unterdessen kündigte die EPA an, auch die Diesel-Fahrzeuge anderer Autohersteller unter die Lupe zu nehmen. Gemeinsam mit der kalifornischen Partnerbehörde Carb würden die Modelle weiterer Hersteller auf mögliche "Abschalteinrichtungen" überprüft, die den Schadstoffausstoß bei offiziellen Emissionstests verringern. Die Umweltschutzbehörde teilte nicht mit, welche Unternehmen hiervon betroffen sind. Auf dem US-Markt sind neben VW auch die deutschen Konzerne Daimler und BMW mit Dieselfahrzeugen vertreten. Die Unternehmen hatten in den vergangenen Jahren für die sogenannte "Clean Diesel"-Technologie geworben und den Motorentyp als sparsame und umweltfreundliche Alternative vermarktet.

Auf einer Auto Show in Detroit wird ein neuer VW präsentiert (Foto: AP/dapd)
Das Ziel, in drei Jahren 800.000 Volkswagen auf dem US-Markt zu verkaufen, scheint aktuell weiter entfernt denn jeBild: dapd

Die Vorwürfe gegen VW und die Tochterfirma Audi waren am Freitag öffentlich geworden. Die EPA legt Volkswagen zur Last, Schadstoffmessungen bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Das Wolfsburger Unternehmen hat das Fehlverhalten bereits eingeräumt und versprochen, mit der Behörde zu kooperieren. Laut EPA geht es um fast eine halbe Million Autos, die VW zwischen 2008 und 2015 in den USA verkauft hat. Einen Rückruf hat die US-Umweltbehörde noch nicht angeordnet. Man gehe aber davon aus, dass VW die betroffenen Autos in die Werkstätten holen müsse, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren, erklärte die EPA.

Horn: "Wir haben Mist gebaut"

Konzernchef Martin Winterkorn hatte sich am Wochenende für den Verstoß entschuldigt und eine externe Untersuchung angekündigt. Auch der Amerika-Chef von VW, Michael Horn, räumte inzwischen massive Verfehlungen ein. Bei der Präsentation eines neuen Passat-Modells in New York erklärte er: "Wir waren unehrlich zur Umweltbehörde EPA, wir waren unehrlich zu den Behörden in Kalifornien und, am schlimmsten von allem, wir waren unehrlich zu unseren Kunden. Um es auf gut Deutsch zu sagen: Wir haben Mist gebaut."

Volkswagen zog inzwischen Konsequenzen und stoppte den Verkauf von Dieselfahrzeugen in den USA. in der Folge brach die Aktie des Unternehmens an der Börse in Frankfurt dramatisch ein. Schlimmer als der Kursrutsch wiegt Beobachtern zufolge der Imageschaden durch die Manipulation. Daneben drohen VW aller Voraussicht nach Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar (ca. 16 Milliarden Euro) durch die EPA, Rückrufkosten sowie Regressansprüche von Kunden und Aktionären.

Dobrindt: "Aufklärung und Transparenz"

Unter dem Druck allseitiger Forderungen nach Aufklärung sagte Winterkorn im Gespräch mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zu, auch sämtliche Dieselmodelle des Autobauers auf dem deutschen Markt zu überprüfen. Der "Bild"-Zeitung sagte Dobrindt: "VW muss jetzt als erstes das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen, das heißt: vollumfängliche Aufklärung und Transparenz verbunden mit einem Signal, wie man einen möglichen Schaden beheben will." Der Minister werde das Kraftfahrtbundesamt anweisen, bei den VW-Dieselmodellen Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen, teilte ein Sprecher der Behörde mit. Winterkorn habe für die Tests seine "absolute Unterstützung" zugesagt.

Wer trägt die Verantwortung?

Das Präsidium des Aufsichtsrats von VW kommt Insidern zufolge am Mittwoch zusammen, um über die Affäre zu beraten. Für Winterkorn könnte es dann eng werden. Die Enthüllungen kommen für ihn zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Sein Vertrag soll eigentlich auf einer Aufsichtsratssitzung am Freitag vorzeitig um zwei Jahre bis Ende 2018 verlängert werden. Der ursprünglichen Planung zufolge sollte der 68-Jährige den von ihm angestoßenen Konzernumbau begleiten. Doch nun mehren sich die Stimmen, die seinen Rückzug von der Spitze von Europas größtem Autobauer verlangen.

Der einflussreiche VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh betonte hingegen, dass er zu Winterkorn stehe. Falls herauskommen sollte, dass Winterkorn persönlich an dem Abgas-Skandal beteiligt sei, würde der Vorstandschef von sich aus zurücktreten, so Osterloh. Auf der derzeit laufenden Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt kündigte er an: "Wir gucken uns in den nächsten Tagen an, was passiert ist, wer die Verantwortung trägt."

nin/kle (dpa, afp, rtr)