1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

WM-Bronze mit 40: Der ewige Timo Boll

29. November 2021

Timo Boll ist ein Phänomen. Seit einem Vierteljahrhundert spielt er Tischtennis auf sehr hohem bis höchstem Niveau. Nun darf er sich auch noch ältester WM-Medaillengewinner aller Zeiten nennen.

https://p.dw.com/p/43cAE
 Timo Boll beim Aufschlag an der Tischtennisplatte
Trotz gesundheitlicher Probleme gewann Timo Boll bei der WM in Houston die BronzemedailleBild: Tim Warner/Getty Images

"Ich habe keine Existenzängste. Doch ich habe Angst, dass ich den Sport so vermisse, dass es mich belastet", sagte Timo Boll der Zeitung "Welt", angesprochen auf ein mögliches Ende seiner Karriere: "Wenn mein Körper mitspielt, würde ich nie mit dem Tischtennis aufhören." Das Interview liegt bereits mehr als anderthalb Jahre zurück. Und Boll spielt und spielt und spielt - und das auf Weltklasseniveau. Nach olympischem Silber mit der deutschen Mannschaft bei den Spielen in Tokio gewann Boll seine nächste internationalen Medaille: Bronze im Einzel bei der Weltmeisterschaft in Houston im US-Bundesstaat Texas.

Viel fehlte nicht

Beinahe wäre der 40-Jährige sogar ins Endspiel eingezogen. Am Ende musste sich Boll jedoch, von Bauchmuskelproblemen geplagt, nach hartem Kampf mit 3:4 Sätzen dem 19-jährigen Schweden Truls Möregard geschlagen geben - einem Gegner, der vom Alter her sein Sohn sein könnte.

"Er war am Ende einen Tick besser", räumte Boll ein, freute sich aber über das, was er in Houston erreicht hatte: "Ich bin glücklich, es geschafft zu haben, noch einmal bei einer WM eine Medaille zu gewinnen. Mit fast 41 kann das wirklich keiner mehr erwarten, das ist eine wirklich schöne Geschichte." Nicht nur das, sondern sogar Tischtennis-Historie: Er ist der älteste Medaillengewinner in der 95-jährigen WM-Geschichte. "Timo Boll ist ein Spieler, zu dem ich mein ganzes Leben lang aufgeschaut habe", sagte Möregard.

Dutzende internationale Medaillen

Als Boll 1996 als Fünfzehnjähriger sein Debüt in der Tischtennis-Bundesliga gab, war sein WM-Halbfinalgegner von Houston noch gar nicht geboren. Zwei Jahre später gewann der junge Hesse den ersten seiner 13 deutschen Meistertitel im Einzel. 2002 wurde Boll erstmals Europameister, 2021 gewann er seinen achten EM-Einzeltitel, Boll ist Rekordeuropameister.

Die Bronze-Medaille der Weltmeisterschaft von Houston war seine zweite nach 2011. Zudem sammelte er Dutzende internationaler Medaillen im Doppel und im Teamwettbewerb. So gewann er mit der deutschen Mannschaft je zweimal Silber und Bronze bei Olympischen Spielen sowie fünfmal Silber und einmal Bronze bei Weltmeisterschaften.  

Superstar in China

Mit 37 Jahren war Boll 2018 vorübergehend auch wieder Weltranglisten-Erster, der älteste aller Zeiten. Bereits 2003 und 2011 war der Deutsche für einige Monate in die Phalanx der dominierenden chinesischen Spieler eingebrochen. Boll hatte schon sehr früh in seiner Karriere seine Spielweise auf die wenigen Schwächen der Superstars aus dem Reich der Mitte eingestellt. Bis heute ist er für die Chinesen ein gefürchteter Gegner geblieben. Ex-Doppelweltmeister Steffen Fetzner nannte Boll deswegen einmal scherzweise "Staatsfeind Nummer eins in China".

Die Tischtennis-Teams aus Deutschland, China und Japan (l.-r.) bei der Siegerehrung in Tokio
Silber in Tokio hinter China: Timo Boll (l), Patrick Franziska (2.v.l.) und Dimitrij Ovtcharov (3.v.l.)Bild: ADEK BERRY/AFP

Im tischtennisverrückten China ist der Linkshänder aus Deutschland ein Superstar, der auf der Straße erkannt wird. 2007 wurde er in China sogar zum "attraktivsten Mann der Welt" gewählt - vor Fußballsuperstar David Beckham. Mit seiner Frau Rodelia ist Boll seit 2003 verheiratet, die Tochter des Paars wird in diesem Dezember acht Jahre alt.

Auch bei Olympia 2024 dabei?

Auch für Dimitrij Ovtcharow, der 2018 der zweite Deutsche an der Spitze der Tischtennis-Weltrangliste wurde, ist sein Konkurrent und Freund ein Phänomen. "Er ist einfach ein ganz besonderer Spieler und hat deshalb auch im hohen Alter noch so eine Qualität", sagt Ovtcharow, der mit Boll seine vier olympischen Teammedaillen teilte und in Tokio zum zweiten Mal Bronze im Einzel gewann: "Ich mache immer Witze mit ihm, dass er 2028 noch bei Olympia in Los Angeles spielt. Ich bin auch weiterhin überzeugt, dass er 2024 in Paris am Start ist." Wenn Timo Bolls Körper mitspielt, spricht nichts dagegen.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter