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Zypern: Das Misstrauen ist in der Welt

Christoph Hasselbach19. März 2013

Auch wenn Kleinsparer auf Zypern bei der Zwangsabgabe entlastet werden: Viele Europäer befürchten, dass die Einlagen nirgends mehr sicher sind. Doch die Kommission beruhigt: Zypern sei ein einmaliger Fall.

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Spruchband "Merkel, Du hast unsere Lebensersparnisse gestohlen" Foto: Yiannis Kourtoglou (AFP)
Bild: AFP/Getty Images

Der größte Kritikpunkt scheint zwar nicht ganz ausgeräumt, aber abgeschwächt. Die Inhaber kleinerer Einlagen in zyprischen Banken werden möglicherweise geschont. In ganz Europa hatte es heftige Klagen über den "Raub" bei Kleinsparern und die Aushöhlung der europäischen Einlagensicherung gegeben. Ob nun ein Freibetrag von 100.000 oder ein anderer gelten soll, ist aber noch nicht klar. Der jüngste zyprische Vorschlag sieht ein Schonvermögen nur bis 20.000 Euro vor.

Auffällig ist nach wie vor, dass sich alle Beteiligten von der ursprünglichen Einigung distanzieren. Danach sollten Anlagen bis 100.000 Euro mit einer Zwangsabgabe von 6,75 Prozent und alle darüber mit 9,9 Prozent belegt werden. Nach Kommissionsangaben war diese Einigung einstimmig, auch Zypern selbst habe zugestimmt. Nach dem allgemeinen Aufschrei hatten die Finanzminister der Eurogruppe am Montagabend (18.03.2013) eine Freigrenze von 100.000 Euro vorgeschlagen - obwohl zum Beispiel Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble oder EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen gesagt haben, es sei allein Sache Zyperns, die Verteilung der Lasten zu bestimmen.

Spannungen der EU mit Moskau nehmen zu

Klar ist aber bisher, dass die EU grundsätzlich eine Beteiligung der Sparer auf Zypern will. Sie sollen 5,8 Milliarden aufbringen. Wenn nun die Kleinsparer weniger belastet werden, müssten die Besitzer größerer Anlagen wohl entsprechend stärker zahlen. Das wird das Problem mit Russland verschärfen. Denn unter den Großanlegern befinden sich zahlreiche reiche Russen. Das Thema dürfte auch bei den anstehenden Verhandlungen der Kommission mit der russischen Regierung am kommenden Donnerstag in Moskau zur Sprache kommen.

Russland ist besonders verärgert, dass es bei der Entscheidung der Abgabe übergangen wurde. Das dürfte Moskaus gesamte Beziehungen mit der EU belasten. Und Moskau dürfte auch weniger bereit sein, Zypern eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist für einen Kredit in Höhe von 2,5 Milliarden Euro einzuräumen. Auf der anderen Seite lässt sich in besonders stabilen Euro-Ländern wie Deutschland, den Niederlanden oder Finnland politisch kaum noch durchsetzen, dass allein die Steuerzahler für die Rettung maroder Banken auf Zypern aufkommen sollen, noch dazu von Banken, die mit niedrigen Steuersätzen Geld oft zweifelhafter Herkunft angezogen haben. Ohne diese Beteiligung der Kontoinhaber will die EU nicht die 10 Milliarden Euro Hilfskredite geben, Zypern stünde dann vor der Staatspleite. Wenn aber Zypern wegen der Auflagen weniger attraktiv als internationaler Anlagestandort wird, dürften viele ausländische Anleger ihr Geld abziehen. Das wird die Schwierigkeiten zyprischer Banken noch verschärfen.

Kommission: Abgabe hat nichts mit Einlagensicherung zu tun

Ein anderes Problem ist, dass auch bei einer stärkeren sozialen Staffelung der Zwangsabgabe Misstrauen eingekehrt ist, und zwar in ganz Europa. Rein formal ändert die Abgabe nichts an der Gültigkeit der europäischen Einlagensicherung bis 100.000 Euro, wie sie nach dem Ausbruch der Finanzkrise ausgesprochen wurde. Simon O'Connor, Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn, betonte denn auch am Dienstag (19.03.2013), es gehe "um eine steuerliche und einmalige Abgabe, die von der zyprischen Regierung beschlossen wurde." Vielen scheint mit dem Schritt aber die Einlagensicherung überall in der EU ausgehöhlt. Sie fragen sich, ob das Beispiel Schule macht, ob also die EU auch in anderen Ländern in Zukunft die Sparer an der Sanierung beteiligen wird, zum Beispiel in Spanien und Italien. Der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen spricht von einem "schwerwiegenden Vertrauensbruch gegenüber Sparern und Geldanlegern". Für die Kommission, so Langen, sei dies offenbar ein "Test für den Einstieg in eine europaweite Sparerhaftung".

Garantie nur, solange der Staat zahlungsfähig ist

Die Zweifler werden sich auch eine Äußerung von Finanzminister Schäuble am Dienstag im Deutschlandfunk gemerkt haben. Schäuble beschwichtigte zwar: "In Deutschland muss sich diese Sorge wirklich niemand machen." Er fügte aber einschränkend hinzu, dies gelte, solange der Staat zahlungsfähig sei. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Einlagensicherung in zahlungsunfähigen Staaten nicht unbedingt gilt. Es sind mehrere Staaten, die befürchten, irgendwann nicht mehr zahlungsfähig zu sein. Und darunter sind so schwergewichtige wie Spanien und Italien. Die Zypern-Entscheidung mit der Beteiligung der Sparer sehen viele auch als Warnschuss in Richtung dieser Staaten: dass sie in Zukunft mit noch härteren Bedingungen rechnen müssen, wenn sie auf eine Rettung von außen hoffen.

Wolfgang Schäuble lauscht Übersetzung per Kopfhörer Foto: Maxim Shemetov
Bundesfinanzminister Schäuble: Einlagensicherung ist nicht absolutBild: Reuters