1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stellt euer Licht auf den Leuchter

29. November 2014

Wenn die Tage dunkler werden, schenken Lampen Geborgenheit. Selbst die Gräber werden mit Lichtern geschmückt, um auf das Licht zu verweisen, das nicht verlöscht, meint P. Gerhard Eberts von der katholischen Kirche.

https://p.dw.com/p/1Dve8
Kerze Weihnachten Weihnachtsstern
Bild: picture-alliance/dpa

Draußen stürmt und regnet es. Die Tage wollen nicht hell werden. Novemberwetter. Das Licht der Stehlampe lädt ein zum Lesen. Selbst die Nachttischlampe verbreitet Geborgenheit, bis die Augen zufallen. Der Traum führt in vergangene Zeiten, in denen das Licht noch nicht aus der Steckdose kam, wo Lampen und Leuchten noch nicht modisches Beiwerk waren, sondern zwingende Notwendigkeit. Brennende Öllampen, Laternen mit Kerzen oder lodernde Pechfackeln kämpften gegen die allgegenwärtige Dunkelheit. Da wurde dem einen mit dem Licht auf dem Leuchter der Weg gewiesen und dem anderen, der zu tief ins Glas geschaut hatte, „heimgeleuchtet“.

Welche Faszination muss für die Menschen in der Antike und im Mittelalter von den Tempeln und Kathedralen ausgegangen sein! Ihre Hütten waren nur von Tranfunzeln mühsam beleuchtet, aber in den Heiligtümern brannten Lichter in verschwenderischer Fülle. Im Tempel des Salomo etwa erinnerten zehn ständig brennende Leuchter mit je einer Lampe an die Gegenwart Gottes. Die katholische Kirche hat diesen Brauch, wie so vieles aus dem jüdischen Wurzelgrund, übernommen.

Der siebenarmige Leuchter als kosmische Botschaft

In den katholischen Kirchen, brennt vor dem Tabernakel, in dem das eucharistische Brot aufbewahrt wird, ein sogenanntes „ewiges Licht“ in rotem Glas. Auch der siebenarmige Leuchter des Judentums, die Menora, wurde in christlichen Kirchen heimisch. Etwa 50 dieser Leuchter lassen sich vom 11. bis 16. Jahrhundert in christlichen Kirchen nachweisen.

Der siebenarmige Leuchter, der eine Nachahmung des Babylonischen Lichterbaums ist, symbolisierte ursprünglich die sieben Planeten und hatte damit einen kosmischen Bezug. Das Licht auf dem Leuchter war für den antiken und mittelalterlichen Menschen nicht nur festlicher Schmuck und stimmungsvolle Beigabe, wie etwa die Kronleuchter in Theatern und Festsälen. Das Licht auf dem Leuchter verspricht Licht, Leben und Heil. Über dieses Leben hinaus. Schon in der Antike wurden Lampen an den Gräbern aufgehängt oder den Toten beigegeben. Unsere Grablichter an Allerseelen greifen dies auf.

Die frühen Christen schmückten ihre Gräber in den Katakomben mit Ornamenten des siebenarmigen Leuchters oder mit Darstellungen der Öllampen als Symbol der Wachsamkeit, also mit der Mahnung, das Licht zu hüten und mit dem Öl des Glaubens immer wieder aufzufüllen. Da aber jedes Licht erlöschen kann, ist es gut, wenn der Mensch sich auf das Licht verlässt, das von Gott kommt.

Wenn das Licht wächst, verkriecht sich die Angst

Natürlich: Im Vordergrund steht das Licht. Aber was wäre es ohne den Leuchter? Anfangs brauchte man ihn nur, damit die Kerze Halt und das Öl ein Gefäß hatte. Doch mit der Zeit wurden die Leuchter immer kunstvoller ausgestaltet. Ein außergewöhnlicher Leuchter steht im Dom der Thüringer Hauptstadt Erfurt. Er trägt den rätselhaften Namen „Erfurter Wolfram“. Dieser um das Jahr um 1160 aus Bronze gegossene Leuchter stellt eine mannshohe Prophetengestalt dar. Sie trägt auf den ausgespannten Armen je eine Kerze. Die Figur steht auf Zinnen und erinnert so an das Adventslied „Wachet auf, ruft uns die Stimme des Wächters, sehr hoch auf der Zinne“. Teufelchen und Kobolde treiben rund um die Zinnen ihr Spiel. Doch sie sind klein, so wie jede Angst kleiner wird, wenn das Licht wächst.

Der „Erfurter Wolfram“ erinnert an das Jesuswort: „Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen, stellt es nicht unter den Eimer, damit es allen im Haus leuchte.“ Der klare Blick des Propheten sagt uns: Wir haben das Licht nicht aus uns selbst. Es wird uns geschenkt. Aber wir können Leuchter sein: Standfest. Gradlinig. Und ganz und gar ausgerichtet auf das Licht.

Zum Autor: P. Gerhard Eberts, geboren im Sauerland, ist Missionar von der Heiligen Familie (MSF). Nach Priesterweihe und Journalistenausbildung war er von 1968 bis 2011 Chefredakteur der Ordenszeitschrift „Sendbote“. Gleichzeitig war er bis 1984 Redakteur der Monatszeitschrift Weltbild. Zwischen 1991 und 2000 war er Studienleiter und Dozent beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchs (ifp) in München. Von 2002 bis 2010 war er verantwortlich für die Pressearbeit der Katholischen Akademie in Bayern, München. Heute arbeitet er als Hochschulseelsorger in der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg (KHG), und gibt Exerzitien.

Pater Gerhard Eberts MSF altes Format
Pater Gerhard Eberts MSFBild: Gerhard Eberts

Redaktionelle Verantwortung: Dr. Silvia Becker, Katholische Hörfunkbeauftragte