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Deutscher Jugendliteraturpreis verliehen

Sabine Peschel 17. Oktober 2015

"Mutige und tiefgründige Bücher" wünscht sich die Jury bei der Vergabe des Jugendliteraturpreises und wurde auch 2015 nicht enttäuscht. Ob "Schneeriese" oder "Herr Schnuffels": Die Bücher begeistern nicht nur Kinder.

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Deutscher Jugendliteraturpreis 2015 - Sieger in der Sparte Bilderbuch
Bild: Aladin Verlag

Kinder- und Jugendbücher sind längst keine Sparte am Katzentisch mehr. Jedes zehnte Buch, das in Deutschland erscheint, ist für junge Leser und Leserinnen geschrieben. Seit J. K. Rowling, Cornelia Funke und Stephenie Meyer haben Jugendbücher plötzlich Spitzenplätze auf den Bestsellerlisten und verwandeln sich sogar in All-Age-Literatur: Denn die Bücher werden längst auch von lesehungrigen Erwachsenen verschlungen.

Einmal im Jahr, bei der Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises, bekommt die Kinder- und Jugendliteratur dann auch die große Aufmerksamkeit, die ihrem Marktanteil von einem Sechstel am deutschen Buchhandel entspricht. Ungefähr 1500 Branchen-Experten aus dem In- und Ausland kamen auf der Frankfurter Buchmesse zur Preisverleihung zusammen. So großen Andrang gibt es hier sonst nur bei der Eröffnungsveranstaltung der Buchmesse.

Gesucht: mutige, innovative und tiefgründige Bücher

Moderatorin Vivian Perkovic umschrieb die Aufgabe der drei Jurys als Auftrag, "die mutigsten, innovativsten und tiefgründigsten" unter den 8000 Kinder- und Jugendbüchern, die jedes Jahr auf Deutsch erscheinen, zu ermitteln. Die Preise der Kritikerjury werden in den Sparten Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch vergeben, ein weiterer Preis kommt von der Jugendjury, und eine Sonderjury vergibt den Preis für ein "Gesamtwerk IIlustration".

Der Jubel bei den im Saal versammelten Verlegern, Autoren und Übersetzern war groß, als die mit Spannung erwarteten Entscheidungen der Kritikerjury bekanntgegeben wurden. Nicht allein, weil jeder Preis mit 10.000 Euro dotiert ist, sondern weil der goldene Aufkleber, mit dem sich die ausgezeichneten Werke schmücken dürfen, sich verkaufsfördernd auswirkt.

Die besten Kinderbücher

Auf gute Verkäufe kann sich der Aladin Verlag gleich aus zwei Gründen freuen. "Herr Schnuffels" vom US-amerikanischen Autor David Wiesner, das 2014 bei Aladin erschienen ist, wurde als bestes Bilderbuch ausgezeichnet. Das Werk, in dem Außerirdische im Wohnzimmer von Herrn Schnuffels landen und die Ruhe des Katers stören, würdigte die Jury als "Sciencefiction in Bilderbuchform" und erkannte darin "Bezüge zur Kunstgeschichte wie der Hieroglyphenschrift und der Höhlenmalerei".

Der Träumer von Pam Muñoz Ryan
Das beste Kinderbuch des Jahres: "Der Träumer" von Pam Muñoz RyanBild: Aladin Verlag

In der Sparte Kinderbuch wurde "Der Träumer" von Pam Muñoz Ryan und dem Illustrator Peter Sís ausgezeichnet, das in der Übersetzung von Anne Braun im selben Verlag erschienen ist. Das Buch erzählt die schwierige Kindheit des chilenischen Dichters Pablo Neruda - laut Jury ein Stück Weltliteratur für Kinder.

Das beste Jugend- und ein ungewöhnliches Sachbuch

Sieger in der Sparte Jugendbuch ist der "Schneeriese" von Susan Kreller. Erzählt wird die Geschichte von Adrian und Stella, die als Nachbarn ihre Kindheit miteinander verbracht haben, und deren Beziehung sich im Chaos der Pubertät zwischen Freundschaft und Liebe neu ordnen muss.

Cover: Und dann platzt der Kopf von Christina Röckl
"Und dann platzt der Kopf" von Christina RöcklBild: kunstanstifter verlag

Mit dem Preis für Christina Röckls Sachbuch "Und dann platzt der Kopf" würdigte die Jury auch "das große Spektrum dessen, was in der Kinder- und Jugendliteratur behandelt wird". Es geht um die Seele, also etwas nicht wissenschaftlich Erfassbares - ein "ungewöhnliches, vielleicht sogar verstörendes" Thema für ein Sachbuch.

Was die Jugendjury lobt

Dass man Bücherinhalte nicht nur sprachlich vermitteln kann, bewies die Jugendjury bei der Vorstellung ihrer Favoriten. Die Jugendlichen brachten kurze Szenen aus den nominierten Büchern dramatisiert auf die Bühne und begeisterten damit das Publikum. Ihr Preis ging an "Letztendlich sind wir dem Universum egal" von David Levithan, in der Übersetzung von Martina Tichy. Die Hauptfigur A wacht jeden Morgen in einem anderen Körper auf, mal als Mädchen, mal als Junge. Als sie sich verliebt, wird der extreme Körperwechsel zum Problem. Ist Identität an einen Körper gebunden, oder worin besteht sie? Die Jury lobte "eine schöne Liebesgeschichte, die den Leser mit philosophischen Gedankenspielen zum Nachdenken anregt".

Sonderpreis für eine Illustratorin

Der mit 12.000 Euro dotierte Sonderpreis für das Gesamtwerk ging an die Hamburger Illustratorin Sabine Friedrichson. Comic-Experte und Journalist Andreas Platthaus würdigte für die Jury die "herausragende intellektuelle Qualität ihrer grafischen Interpretationen" und den Detailreichtum ihrer Bilder. Umso bedauerlicher sei es, dass von den 17 Büchern mit Illustrationen von Friedrichson aktuell nur noch ein einziges im Handel sei.

Illustratorin Sabine Friedrichson hält ihren preis hoch
Illustratorin Sabine Friedrichson mit ihrer Trophäe, der "bronzenen Momo"Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Das ist der Jugendliteraturpreis

Der Deutsche Jugendliteraturpreis ist ein staatlicher Preis, der über das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vergeben wird, 2015 immerhin schon zum 60. Mal. Ziel ist es, "herausragende Werke der Kinder- und Jugendliteratur" auszuzeichnen und "auf wichtige Neuerscheinungen" hinzuweisen, heißt es in der amtlichen Aufgabenbeschreibung. Kinder und Jugendliche sollen zur "Begegnung und Auseinandersetzung mit Literatur" angeregt werden. In den vergangenen Jahren ist dieser Zuschnitt des Preises von deutschen Autoren und Illustratoren, die sich eine stärkere Konzentration auf deutschsprachige Originale wünschen, immer wieder kritisiert worden. Den kindlichen und jugendlichen Lesern dürfte das egal sein. Die am Preis mitwirkenden Leseclubs beweisen durch ihre begeisterte Lektüre, dass sie sich in ihrer Auswahl nicht beschränken lassen möchten.