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Neustart nach Insolvenz geglückt

Godehard Weyerer16. Februar 2016

Die Lloyd-Dynamowerke stellen Generatoren und Schiffsantriebe her - und sind Weltmarktführer mit ihren Spezialanfertigungen. Ein neuer Investor hat sie zurück in die Erfolgsspur gebracht.

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Bremer Lloyd-Dynamowerke
Bild: Lloyd

Es riecht nach frischer Farbe. Der lichtgraulackierte Generator muss noch auf das Prüffeld und wird anschließend nach Irland ausgeliefert. Geschäftsführer Dominik Brunner fragt zwei Mitarbeiterinnen, die das Typenschild montieren, nach der Leistung der Maschine. Mit 500 Kilowatt gehört der Generator zu den eher kleineren Maschinen, die die Lloyd-Dynamowerke an den irischen Kunden ausliefert, der Hafenkräne baut.

Vor 100 Jahren wurden die Lloyd-Dynamowerke gegründet für die elektrische Ausrüstung der Schiffe. Nach der Fusion mit AEG in den 1930er Jahren waren es in großer Stückzahl Motoren für Lokomotiven und Straßenbahnen. Heute ist das Unternehmen spezialisiert auf Maßanfertigungen.

Firmensitz am Ufer der Weser

Verschachtelt und eng bebaut schmiegt sich das Firmengelände der Lloyd-Dynamowerke an das Weserufer. Die Hallen stammen aus den 1950er Jahren. Ebenso das Verwaltungsgebäude, in das Dominik Brunner hinübergegangen ist. Seit zweieinhalb Jahren leitet der gebürtige Wiener das Unternehmen: "Ich bin vom damaligen indischen Eigentümer angesprochen worden, der seit acht Jahren das Unternehmen hier besessen hat und eine Wachstumsstrategie fahren wollte.“ Anfang Oktober 2013 war Brunner hat das erste Mal in Bremen und besichtige das Werk. "Ich habe tolle Gebäude vorgefunden, wunderbare Industriearchitektur, habe eine tolle Fertigung gesehen, technologisch weltweit ganz weit vorne."

Bremer Lloyd-Dynamowerke
Luftaufnahme des Firmensitzes Bremer Lloyd-DynamowerkeBild: Lloyd

Es klopft. Gerd Onken kommt in das Besprechungszimmer. Er ist zuständig für die Finanzen und erzählt, wie das Unternehmen vor zwei Jahren in die Insolvenz rutschte. Vergeblich hatte die Geschäftsführung damals auf eine zugesagte Kapitalspritze aus Indien gewartet. "Es gibt Länder, die in der globalisierten Finanzwelt sich selber stark einschränken. Indien gehört dazu." Die indische Währung verlor stark an Wert, worauf die Reserve-Bank in Neu-Delhi jeglichen Kapital-Transfer stoppte.

Indischer Investor setzte auf Wachstum

Der neue Eigentümer kommt aus Südkorea - einem Land, das ähnlich stark industrialisiert ist wie Deutschland und so gut wie keine Kapitaltransferbeschränkungen kennt. Obendrein entwickelt und produziert das Unternehmen selbst Elektromotoren und Generatoren. Für Onken ist das ein ganz anderer Fokus. "Wir können über unsere koreanische Mutter gemeinsam weltweit einkaufen mit sehr viel besseren Kontakten in die Einkaufsmärkte in Asien." All das hatten sie mit einem Finanzinvestor nicht. "Da geht es rein darum, dass der Finanzinvestor Geld gibt und er hätte gerne Geld zurück."

Finanzchef Onken will die neue Konstellation nicht als Freibrief verstehen. Die südkoreanische Gesellschaft sei schließlich selbst börsennotiert. Und verlangte von den Mitarbeitern, drei Jahre lang auf zehn Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Alle Mitarbeiter seien davon betroffen, betont Geschäftsführer Brunner, auch das Management. "Ich habe das Privileg, der bestbezahlte Mitarbeiter in der Firma zu sein, weswegen für mich ganz klar war, auf mehr als auf zehn Prozent zu verzichten." Zudem meldete er sein Firmenfahrzeug ab und fährt stattdessen mit der Bahn oder benutzt ein Fahrzeug aus der Service-Abteilung.

Bremer Lloyd-Dynamowerke
Drehstrommaschinen in der WickeleiBild: Lloyd

Branchenkenner als neuer Besitzer

Bei ihrem Einstieg vor rund einem Jahr sicherten die Südkoreaner zu, einen Großteil der Belegschaft in Arbeit zu halten. Tatsächlich sind es heute noch 220 Beschäftigte. Zu Zeiten des indischen Investors waren es 240. Das Unternehmen hat sich gut erholt. Der Umsatz lag im ersten Jahr nach der Insolvenz bei 30 Millionen Euro. 2015 konnte das Auftragsvolumen gehalten werden: die Hälfte kommt über Neubauten herein, ein Viertel fallen auf Reparaturleistungen, ein Viertel auf den Service.

Die ältesten Elektromotoren und Generatoren, die einst die Hallen der Bremer Lloyd Dynamowerke verließen und heute noch ihren Dienst tun, sind 50 Jahre alt. Wie der Generator, der aus einem Bergwerk aus Südafrika nach Bremen gekommen ist und hier in alle Einzelteile zerlegt und generalüberholt wird. Die Spulen werden neu aufgewickelt, erklärt Ulf Kilian. Er ist Reparatur-Team-Leiter und steht neben einem großen Gleichstrom-Anker von der Firma Thyssen-Krupp: "Wir haben hier einen Isolationsfehler und werden die Maschinen neu wickeln müssen."

Mega-Motor auf dem Prüfstand

In der benachbarten Halle steht ein Synchronmotor auf dem Prüfstand. Zehn Megawatt Leistung, so hoch wie ein Haus, ein Kompressor für eine petrochemische Anlage, die ein deutsches Unternehmen nach Kuweit liefert.

Oben am Prüfstand steht Hauke Buss. Er arbeitet seit 25 Jahren im Betrieb. Sein Onkel war hier, sein Bruder hat in der Firma gelernt. Dass er nun auf zehn Prozent seines Gehaltes verzichten muss, nimmt er schulterzuckend in Kauf. "Was ist denn die Alternative? Woanders hinzugehen und weniger Geld zu verdienen? Ich werde in zwei Jahren 50 Jahre alt."

Bremer Lloyd-Dynamowerke
Montagehalle 1929Bild: Lloyd

Was bringt die Zukunft?

Was bringt die Zukunft? Geschäftsführer Dominik Brunner zeigt auf einen Großmagneten, den zwei Mitarbeiter in Handarbeit zusammenbauen. "Das ist ein Entwicklungsprojekt für den weltweit größten Zementhersteller, der entwickelt gemeinsam mit uns eine neue Antriebstechnologie."

In der boomenden Windenergie sieht Geschäftsführer Dominik Brunner hingegen kein lukratives Geschäftsfeld für die Lloyd-Dynamowerke. Hier seien Serienfertigungen gefragt, das machten andere billiger. Allerdings würde sein Unternehmen gemeinsam mit Universitäten Prototypen für Windkraft-Generatoren entwickeln und anfertigen, die anschließend in Serie gebaut werden. In China zum Beispiel. Oder in Indien.