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FDP reloaded

23. April 2016

Nach dem Desaster der Bundestagswahl 2013 hatten viele die FDP abgeschrieben. Doch mit Parteichef Christian Lindner haben die Liberalen wieder zugelegt. Die Wende kann gelingen, meint DW-Korrespondent Volker Witting.

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Christian Lindner - Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrszenka

Die FDP hat derzeit, was man einen "Lauf" nennt: gute Ergebnisse bei Landtagswahlen, bald eine Regierungsbeteiligung in Rheinland-Pfalz, Umfragewerte bei konstant sieben Prozent, Parteichef Lindner hat sich als seriöser "Verkäufer" seiner Partei etabliert. Die FDP hat sich beim Parteitag in Berlin aus der Versenkung zurückgemeldet.

Im September 2013 war der Tiefpunkt erreicht. Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Liberalen nicht mehr in den Bundestag gewählt worden, sie scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Schon am Tag der schmählichen Niederlage war Christian Lindner als die kommende Lichtgestalt ausgeguckt. Er hat seitdem vieles richtig gemacht, die Partei wieder auf einen seriösen Kurs gebracht. Statt Populismus, Steuersenkung, Mehrheitsbeschaffung und 18 Prozent-Schuhsohlen, gilt nun wieder klassischer Liberalismus als Markenzeichen. Die digitale Gesellschaft - "Beta Republik Deutschland" - als Vision, Bildung, Bürgerrechte und der Mittelstand, der sich nach mehr (unternehmerischer) Freiheit sehnt. Das sind die neuen, alten Ideale, die Christian Lindner auf dem Parteitag in Berlin wieder ins Zentrum der Liberalen gerückt hat und die andere Parteien so nicht bieten. Prominente Unternehmer sind öffentlichkeitswirksam in die FDP eingetreten und sogar ehemalige Führungskräfte der Piratenpartei.

DW-Hauptstadtkorrespondent Volker Witting - Foto: DW
DW-Hauptstadtkorrespondent Volker Witting

Alle Blicke richten sich auf NRW-Wahl

Die Feuerprobe für die FDP und ihren Parteivorsitzen ist die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Im Mai 2017 wird in dem größten Bundesland gewählt, wo Christian Lindner die Landes-FDP führt. Sollte er dort gut abschneiden, wäre das auch ein starkes Signal für die Bundestagwahl im September 2017, wo er als Spitzenkandidat antritt. Das Ziel ist klar: Zurück an die Macht, zurück in den deutschen Bundestag. Dabei will die FDP nicht mehr das Zünglein an der Waage sein, der Mehrheitsbeschaffer. Die FDP von Christian Lindner setzt auf Autonomie, auf die Überzeugungskraft des eigenen Programms. In Rheinland-Pfalz hat das gerade funktioniert, zusammen mit Sozialdemokraten und Grünen ist die FDP dort bald wieder mit an der Regierung.

Doch wie hält es die FDP grundsätzlich mit den Grünen? Da bleiben die Signale diffus - auch beim Parteitag in Berlin. Noch vor kurzem bezeichnete Lindner die Grünen als "die neuen Spießbürger, die zutiefst autoritär geworden sind".

Positive Signale besser als Keilen

Dabei wird es immer wahrscheinlicher, dass auch in Berlin nach den nächsten Bundestagswahlen ein neues Regierungsbündnis zustande kommen könnte, an dem Grüne und FDP gemeinsam mit der Union beteiligt sein könnten. Lindner stellt sich selbst ein Bein, wenn er weiter gegen die Grünen keilt, statt positive Signale für eine Kooperation zu senden.

Die "FDP reloaded" hat sich neu aufgestellt, als "Überzeugungs- und nicht mehr als Funktionspartei", wie Lindner in Berlin sagte. Nun muss sie sich nur noch offen zeigen, für neues, frisches Koalitionsdenken - jenseits von Bündnissen mit dem Wunschpartner Union. Die nun festgezurrte Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz aus SPD, Grünen und FDP ist ein richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung.

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online