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Junckers Zaubertrick klappt nicht

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
8. Juni 2016

Kritiker nennen den Investitionsfonds der EU-Kommission Taschenspielertrick, Utopie oder Voodoo-Zauber. Leider könnten sie Recht behalten. Die EU-Kommission sollte umsteuern, meint Bernd Riegert.

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Symbolbild Magie Kaninchen
Bild: Kitty/Fotolia.com

Für den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ist die Schaffung von Arbeitsplätzen und eine Belebung der Konjunktur in Europa eigentlich das wichtigste Projekt. So hat er es zumindest bei seinem Amtsantritt 2014 formuliert. Vor eineinhalb Jahren erfand die Kommission deshalb den "Europäischen Fonds für strategische Investitionen", der 315 Milliarden Euro an frischen Investitionen in Zukunftsbranchen möglichst in schwächeren Mitgliedsstaaten der EU auslösen sollte.

Doch dann kam die Flüchtlingskrise und überlagerte sämtliche andere Themen in Brüssel. Der EFSI-Superfonds kreuchte lange unter der Wahrnehmungsschwelle vor sich hin. Jetzt musste sich der zuständige EU-Kommissar Jyrki Katainen als Chefverkäufer des Fonds im Europäischen Parlament rechtfertigen. Und das, was er vorzuweisen hat, ist alles andere als das versprochene Wunderwerk.

Kritik von rechts und links

Zu einem Euro eingesetzten Eigenkapital der EU sollten private Investoren 15 weitere Euro beisteuern. Der berühmte Hebel. Bislang wurde das Versprechen nicht erfüllt, die Hebelwirkung liegt gerade mal beim Faktor 7,8, also der Hälfte. Theoretisch sind jetzt Projekte von 100 Milliarden Euro angestoßen, wirklich umgesetzt sind nur die wenigsten. Viele der Investitionsvorhaben sind nur umgewidmete Projekte, die auch ohne den Juncker-Fonds realisiert worden wären. Viele der Projekte fördern staatliche Infrastruktur in den eher wohlhabenden Mitgliedsstaaten, etwa Autobahnen in Deutschland oder den Niederlanden. Das war eigentlich nicht das Ziel der Junckerschen Zeitenwende in der Investitionspolitik, die sein Fonds bringen sollte.

Riegert Bernd Kommentarbild App
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Kritik im Parlament kam von rechts und links. Von "Voodoo"-Zauber und unrealistischen Versprechen war die Rede. Selbst die Konservativen, die Juncker normalerweise stützen, haben erhebliche Zweifel, ob der Plan des Kommissionspräsidenten wirklich aufgeht.

Mehr Bescheidenheit und Realitätssinn gefragt

Zugeben kann das die EU-Kommission natürlich nicht. Für sie muss der aufgeblasene Mega-Fonds ein Erfolg sein. Basta. Die EU-Kommission täuscht sich vielleicht noch selber, viele Wirtschaftsexperten aber winken ab. Der Juncker-Fonds kann die hochgesteckten Ziele nicht erreichen. Das Problem der schwachen EU-Staaten ist nicht der Zugang zu billigem Geld, sondern der Mangel an wirklich sinnvollen Projekten, die einen europäischen Mehrwert bringen.

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker
Jean-Claude Juncker: Das muss einfach funktionierenBild: picture-alliance/dpa

Wenn die Flüchtlingskrise weniger Schlagzeilen macht und die Aufregung um den Brexit sich irgendwann legt, werden sich die EU-Bürger doch noch einmal mit den Zaubertricks der EU-Kommission befassen. Dann sollte die EU-Kommission sehr gute Antworten haben, warum sie unbeirrt an ihrem seltsamen Plan festhält. Mehr Glaubwürdigkeit, Bescheidenheit und Realitätssinn täte diesem europäischen Projekt eher gut. Jetzt kündigt die EU-Kommission an, sie wollen den Juncker-Fonds sogar noch über die ursprünglich geplanten drei Jahre hinaus verlängern. Das sollte sie sich wirklich noch einmal gut überlegen.

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Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union