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Belgien feiert, Belgien bibbert

Maximiliane Koschyk, Federica Baggio21. Juli 2016

Die bunten Luftballons konnten nicht darüber hinwegtäuschen: Der belgische Nationalfeiertag wurde in diesem Jahr in Brüssel verhalten gefeiert. Viele wollten das Fest genießen, doch im Hintergrund grassierte die Angst.

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Nationalfeiertag Belgien (Foto: Federica Baggio/ Maximiliane Koschyk, DW)
Bild: Federica Baggio

Ilyes Amani hat einen guten Platz erwischt, direkt am Eingang des Warandeparks in Brüssel. Große Bündel von Luftballons wehen im Wind, an seinem Stand verkauft er Hüte, Blumenketten und Fähnchen in den belgischen Nationalfarben. "Es herrscht gute Stimmung", sagt er, obwohl über ihm die Polizeihubschrauber kreisen. "Ich habe keine Angst, ich fühle mich sicher."

Für den Ballonverkäufer ist die Feier zum belgischen Nationalfeiertag eine umsatzstarke Veranstaltung, seit zehn Jahren reist er dafür nach Brüssel. Viele Familien kommen jedes Jahr zu dem Fest. Bei dem Stand am Tor lassen sich die Eltern eher erweichen, dem Nachwuchs noch einen Ballon zu kaufen.

Sorge nach Nizza-Anschlag

"Es bringt nichts, ständig in Angst zuleben", sagt Amani. "Das wird uns vor keinem Anschlag schützen". Dennoch, so ganz lässt sich die Angst nicht abschütteln an diesem 21. Juli in Brüssel. Es ist nur vier Monate her, dass am 22. März Attentäter zwei Terroranschläge in der belgischen Hauptstadt verübten, in der Metro und am Flughafen.

Seit dem Attentat in Nizza in der vergangenen Woche hat sich die Sorge vor einem neuen Attentat auch in Belgien wieder verstärkt. Zwar erhöhte die Regierung nicht die Sicherheitsstufe, sie verstärkte aber deutlich das Aufgebot an Polizei und Militär. Patrouillierende Soldaten mit Maschinengewehren gehören schon längst zum Stadtbild von Brüssel – aber an einem Feiertag zwischen Ballon-, Waffel- und Fritten-Ständen wirken sie befremdlich.

Ballonverkäufer im Warandepark in Brüssel am Nationalfeiertag von Belgien (Bild: Federica Baggio/DW)
Ballonverkäufer Ilyes Amani am Nationalfeiertag in Brüssel: "Es bringt nichts, ständig in Angst zu leben"Bild: Federica Baggio

Weniger Besucher, mehr Kontrollen

"Man denkt natürlich schon daran", sagt Markus Städler über die Angst vor einem Terroranschlag, "allein schon, wenn man die hohe Militär- und Polizeipräsenz sieht." Der deutsche EU-Mitarbeiter besucht zum ersten Mal mit seiner Familie das Fest im königlichen Viertel. "Man hört, dass angeblich viel weniger Leute kommen wollen", sagt er.

Am Eingang zum Festgelände werden die Taschen der Besucher kontrolliert. Vor dem Park sind die Straßen fast leer. Einige Bereiche sind bereits am Mittag abgesperrt für die spätere Militärparade. Aber wo sich sonst die Belgier früh die besten Plätze sichern, sitzen nun nur ein paar vereinzelte Schaulustige herum. Der deutsche Wahl-Brüsseler Städler bleibt dennoch zuversichtlich: "Ich denke, diejenigen, die zum Fest gehen, nehmen es locker und lassen sich den Spaß nicht verderben."

Besonders viele Familien sind am frühen Vormittag gekommen, um sich das bunte Programm anzusehen. Aurélie Mispecter mit ihren zweijährigen Zwillingen wartet im Schatten, ihr Mann hat gerade Fritten für die ganze Familie geholt. Etwas mulmig war ihr schon. "In einer großen Menschenmenge würde ich mich unwohl fühlen", sagt sie. "Aber hier ist es schön ruhig, das geht."

Taschenkontrolle bei den Feiern am Nationalfeiertag Belgien (Foto: Federica Baggio/DW)
Taschenkontrolle: Ein Polizist sichtet die Utensilien einer Familie am Eingang des Warandeparks in BrüsselBild: Federica Baggio

Terroralarm am Vorabend

Wie tief die Angst in Brüssel sitzt, konnte man bereits am Vorabend des Feiertags merken: Sondereinsatzkommandos und Anti-Terror-Truppen riegelten stundenlang den Grand Place, den Großen Markt, von Brüssel ab, um am Ende einen Mann zu verhaften, der bei Sommerwetter im langen Mantel herrumlief und dabei irgendwie mit Drähten hantierte.

Ein Missverständnis, wie sich herausstellen sollte: Der Doktorand der Universität Gent hatte für ein Forschungsprojekt Radioaktivität auf Oberflächen gemessen. Doch weil der zugewanderte Wissenschaftler zwar englisch, aber kein Flämisch oder Französisch sprach, kam es zwischen ihm und der Polizei zu längeren Verständigungsschwierigkeiten.

"Die Belgier wollen ihr Leben leben und zeigen, dass sie keine Angst haben", sagt Terry Vermondel, der für die Tourismus-Initiative "Visit.Brussels" arbeitet. Sein Büro hat überall auf dem Festgelände Stände, Spiele und Unterhaltungsangebote aufgebaut, um möglichst viele Besucher anzuziehen. Er ist froh über die strengen Sicherheitsmaßnahmen in diesem Jahr. "Es ist gut zu wissen, dass es diese Vorkehrungen gibt", sagt er, "und dass die Polizei ihre Arbeit macht."