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Der Star ist die Mannschaft

Christof Kugler25. Juni 2002

Die Unionsparteien setzen im Wahlkampf auf ein "Kompetenzteam" - eine Anleihe beim britischen "Schattenkabinett". Die Teamstrategie könnte jedoch die Koalitionsverhandlungen erschweren.

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Kanzlerkandidat Stoiber und Schattenminister SpäthBild: AP

Stoibers "Kompetenzteam" nimmt Gestalt an: Die Wahlkampfmanager von CDU und CSU setzen mannschaftliche Geschlossenheit gegen Schröders Kanzlerbonus. Damit brechen sie mit einer Tradition deutscher Wahlkämpfe: Diese sind traditionell sehr stark auf Kanzler und Kanzlerkandidat ausgerichtet - von Adenauer bis Kohl.

Auge in Auge

In anderen Ländern stellen sich Parteien seit jeher in Mannschaftsstärke zur Wahl. Am bekanntesten ist dabei das britische "Schattenkabinett": Die Minister und ihre potenziellen Nachfolger sitzen sich im Unterhaus Auge in Auge gegenüber.

"Die Rededuelle sind eine gute Schule für eine spätere Regierungsarbeit", sagt André Kaiser vom Politikwissenschaftlichen Institut der Universität Köln. Doch das Schattenkabinett erfüllt in Großbritannien auch eine wichtige Kontrollfunktion. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, stellt die oppositionelle Partei in Großbritannien keine Vorsitzenden in parlamentarischen Ausschüssen. Die inhaltliche Profilierung verlagert sich stärker ins Parlament.

Der Schatten sieht dem Minister über die Schulter

"Da jedem Ressortleiter ein Schattenminister gegenüber gestellt wird, zeigt die Oppositionspartei ihre Kompetenz und kontrolliert auf parlamentarischem Wege die Regierung", sagt Kaiser. Typische Länder mit Schattenkabinetten sind auch Irland, Griechenland und Spanien. In den Niederlanden oder in Frankreich seien dagegen derartige Konstellationen nicht vorstellbar, sagt Kaiser - wegen zu großer Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung.

Gerangel vorprogrammiert

Ein Gerangel um Ressorts mit der FDP sagen Experten der Union für den Fall eines Wahlsieges voraus. Personaldebatten gehörten zwar bei der Koalitionsbildung dazu, doch würden sie verschärft, wenn die zukünftigen Minister praktisch schon benannt sind. Zum Beispiel im Bereich Außenpolitik: Das prestigeträchtige Außenministerium gehört traditionell in den Einflussbereich des kleineren Koalitionspartners. Aber auch die Union besetzt das Thema. "Schließlich präsentiert Stoiber gerade eine Mannschaft, in der Wolfgang Schäuble als möglicher Außenminister bereitsteht", sagt Kaiser.

Sollte die FDP das gute Ergebnis erreichen, das ihr Meinungsumfragen voraussagen, ist der Konflikt vorprogrammiert: Sie wird Ministerposten fordern, für die in Stoibers Kompetenzteam auch Unionskandidaten bereitstehen. Im Parlament könnte sich dann der Minister Auge in Auge mit dem verhinderten Schattenminister vom eigenen Koalitionspartner wiederfinden.