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Flughafenausbau gestoppt wegen Klimaschutz

13. Februar 2017

Erstmalig wurde aus Klimaschutzgründen ein geplanter Flughafenausbau vom Gericht gestoppt. In Österreich lehnte das Bundesverwaltungsgericht eine neue Flugpiste am Wiener Airport ab. Ein wegweisendes Urteil?

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Österreich Flugzeuge am Flughafen Wien-Schwechat
Bild: picture-alliance/picturedesk.com/APA/H. Fohringer

Das Urteil wird wahrscheinlich in die Geschichte eingehen und löste bei Klimaschützern Jubel, bei Flughafenbetreibern Entsetzen aus. Eine dritte Piste des Flughafens von Wien darf nicht gebaut werden. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes steht die hohe CO2-Belastung den positiven Aspekten für Wirtschaft und Jobs entgegen und sei deswegen nicht genehmigungsfähig.

Die drei zuständigen Richter hatten sich die Entscheidung über den Antrag zur Errichtung einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen Wien nicht leicht gemacht. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens prüften sie wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Aspekte, die Zunahme des Flugverkehrs, den Schutz von Gesundheit, Umwelt und des Klimas und verhandelten drei Tage lang. 

Nach Prüfung und Abwägung widerstreitender Ziele entschieden sie, "dass das öffentliche Interesse am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels, insbesondere durch die hohe CO2-Belastung, höher zu bewerten ist als die positiven öffentlichen (standortpolitischen und arbeitsmarktpolitischen) Interessen", heißt es in der Stellungnahme des Gerichts.

Durch den Bau der dritten Piste und den damit erhöhten Flugverkehr würden die Treibhausgasemissionen Österreichs deutlich ansteigen. Dies ergäbe sich durch die Emissionen beim Start- und Landevorgang sowie den Treibhausgasausstoß nach Erreichen der Flughöhe. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes "ist diese hohe zusätzliche CO2-Belastung gegenüber den positiven Aspekten des Vorhabens nicht zu rechtfertigen". 

Das Gericht beruft sich bei seiner Entscheidung auf die Grundrechte-Charta der EU, die österreichische Bundesverfassung und die Verpflichtungen im Rahmen des internationalen Klimaabkommens von Paris. Der Klimaschutz habe hier einen hohen Stellenwert und Österreich habe "sich international zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verpflichtet sowie im Rahmen des Klimaschutzgesetzes Emissionshöchstmengen bis 2020 festgelegt". Österreich hat sich gesetzlich verpflichtet, bis 2020 den Treibhausgasausstoß im Verkehr um 2,25 Prozent zu senken. Mit dem Bau der neuen Piste würde aber der Ausstoß Österreichs um 1,79 bis 2,02 Prozent steigen. 

Österreich Check-In Schaltern des Flughafen Wien-Schwechat
Klimaschädliche Flugreisen nehmen weltweit zu. Damit werden nationale und internationalen Klimaziele torpediert. Bild: picture-alliance/picturedesk.com /APA /H. Neubauer

Urteil Wegwesend und haltbar?

Gegen das Urteil ist keine ordentliche Revision zulässig. Der Flughafen will allerdings alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und hofft auf die Zulassung zu einer außerordentlichen Revision. 

Für Professor Erika Wagner vom Institut für Umweltrecht an der Universität Linz ist die Entscheidung ein "wegweisendes Urteil". Noch nie sei ein Projekt mit Hinweis auf den Klimaschutz untersagt worden. "Ehrlich gesagt hat man in der Umweltwissenschaft schon lange auf diesen Schritt gewartet, dass endlich einmal ein Urteil sagt, der Klimaschutz ist ernst zu nehmen", zitiert sie die österreichische Tageszeitung "DiePresse". 

Aus Sicht Wagners ist das Urteil "sehr gut begründet, rechtlich haltbar und in Ordnung". Wie aber die Höchstgerichte, die der Flughafen Wien anrufen will, urteilen werden, sei eine andere Sache. "Es müsste halten, aber die Erfahrung der Vergangenheit in großen, volkswirtschaflich bedeutenden Fällen zeigt, dass solche Prognosen auch fehlliegen können". 

Kritik und Lob

Scharfe Kritik an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausbau des Flughafens kommen aus Teilen der Wirtschaft und Politik. "Die Entscheidung hat schwerwiegende negative Folgen für den Wirtschafts-, Tourismus- und Beschäftigungsstandort Wien und Österreich, kritisierte etwa die Wirtschaftskammer (WKÖ).

Befürchtet wird auch, dass der Flugverkehr sich so in die Nachbarländer Slowakei, Slowenien und Deutschland verlagern könnte und damit sogar mehr CO2 verursachen würde. "Die Österreicher müssten mit dem Auto oder einem anderen Verkehrsmittel dorthin fahren. Das würde mit Sicherheit sogar mehr CO2 erzeugen als der Luftverkehr hier", sagt Flughafen-Vorstand Günther Ofner. 

Erleichterung herrscht jedoch bei Umweltschützern, Grünen und der rechtspopulistischen FPÖ. "Die Wiener FPÖ hat viele Jahre gegen den Bau der dritten Fluglärmpiste gekämpft und ist über das Nein des Bundesverwaltungsgerichtes zu diesem Monsterprojekt natürlich hoch erfreut", sagte FPÖ-Stadtrat Toni Mahdalik. Helga Krismer von den Grünen zeigt sich erleichter, dass ein "Durchboxen des Projekts verunmöglicht wurde" und bezeichnet das Urteil als mutig, weitsichtig und bahnbrechend für den Klimaschutz.

Viel Lob gibt es auch von Umweltverbänden und dem Verkehrsclub Österreich. Sie verweisen auf die notwendige Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene und sprechen von einer richtungsweisenden Entscheidung. "Der Bundesverwaltungsgerichtshof macht eines klar: Infrastrukturprojekte müssen zukünftig im Einklang mit den von Österreich beschlossenen Klimazielen stehen", sagte Markus Gansterer vom Verkehrsclub Österreich.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion