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Politik

Schlagabtausch zur Fastenzeit

1. März 2017

Die Parteien zelebrieren ihre traditionellen Treffen. Die SPD geht mit Martin Schulz in die Offensive. Die CSU greift auf längst vergessenes Vokabular zurück und spricht von "Steigbügelhaltern der Kommunisten".

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Deutschland Politischer Aschermittwoch der SPD in Vilshofen
Bild: Reuters/M. Rehle

Bei der SPD in Vilshofen wurde Martin Schulz schon als künftiger Bundeskanzler gefeiert. "Die SPD tritt an, um die stärkste politische Kraft in der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Und ich trete an, um Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden", sagte Schulz. Die jetzige Zusammenarbeit von CDU und CSU bezeichnete Schulz als "Zwangsehe". "Die reden nicht miteinander, sondern übereinander, die sind nicht mehr ganz beisammen."

Reform gefährdet nicht die Wirtschaft

Seine Überlegungen zur Reform der Agenda 2010 verteidigte der SPD-Kandidat. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stehe nicht auf dem Spiel, wenn ein Betroffener ein Jahr länger Arbeitslosengeld erhalte und in dieser Zeit weiterqualifiziert werde. Schulz hatte angekündigt, Fehler bei der Agenda 2010 des damaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder korrigieren zu wollen. So will er unter anderem die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I für Ältere verlängern, ein genaues Konzept hat er aber noch nicht vorgelegt. Wirtschaftsverbände und die Union werfen Schulz vor, den Erfolg der deutschen Wirtschaft zu gefährden.

Unterstützt wurde Schulz vom österreichischen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der als Gast auf die spätere Rede von Schulz einstimmte."Nach einer Phase von wenig Optimismus ist die politische Wende in Deutschland in Griffweite", sagte Kern (SPÖ. Nach dem jüngsten "Wahltrend" von "Stern" und "RTL" kommt die SPD derzeit stabil auf 31 Prozent. Die Union verliert in der Umfrage im Vergleich zur Vorwoche einen Punkt und erreicht nur noch 33 Prozent.

Reden macht durstig: CSU-Chef Horst Seehofer
Reden macht durstig: CSU-Chef Horst Seehofer Bild: Getty Images/AFP/T. Kienzle

Beim traditionellen CSU-Treffen in Passau warf Parteichef Horst Seehofer dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz einen schlampigen Umgang mit Zahlen im Wahlkampf vor. Als Beispiele nannte er Äußerungen von Schulz im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld und der inneren Sicherheit. "Wir werden ihm die Mogelpackungen nicht mehr durchgehen lassen", sagte Seehofer. Ansonsten "heißt es nicht mehr Martin Schulz, sondern Martin der Schummler". Es gehe nicht an, dass die SPD die Union täglich auffordere, einen fairen Wahlkampf zu bestreiten, "sich aber selbst nicht an die Wahrheit hält".

Seehofer hat für den Fall eines Wahlsiegs der Union Milliardenentlastungen vor allem für kleine und mittlere Einkommen versprochen.

Forderung nach Obergrenze soll bleiben

Der CSU-Chef will auch an seiner Forderung nach einer Obergrenze bei der Zuwanderung von Flüchtlingen festhalten. "Wenn der Horst Seehofer sich etwas Begründetes in den Kopf setzt, dann wird er so lange dafür kämpfen, bis es kommt", sagte der bayerische Ministerpräsiden. Damit bleibt er in der Frage der Zuzugsbegrenzung im Widerspruch zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Deutschland hätte sich in der Flüchtlingskrise viele Probleme sparen können, "wenn man von Anfang an mehr auf Bayern gehört hätte", so Seehofer. Er sprach sich für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in sichere Herkunftsländer aus. Dies gelte auch für sichere Regionen Afghanistans.

In Passau wurde aber im großen Stil gewarnt. So warnte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) davor, dass Deutschland durch ein rot-rot-grünes Bündnis eine linke Republik werde und kein bürgerliches Land mehr bleibe: "Die Erben der SED sind real, SPD und Grüne sind die Steigbügelhalter der Kommunisten." Und der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber warnte vor einer SPD-geführten Bundesregierung unter Martin Schulz. "Wer Martin Schulz wählt, der holt die Türkei in die Europäische Union - und das ist falsch", sagte der Europaabgeordnete.

"Wechselstimmung"

Zustimmung für seinen Kurs erhielt Schulz aus dem Lager der Linken. Nach Ansicht von Partei-Chefin Katja Kipping ist durch die Nominierung von Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat eine "Wechselstimmung" in Deutschland entstanden, von der auch ihre Partei profitieren kann. Mit dem künftigen SPD-Vorsitzenden sei eine "Dynamik in den Wahlkampf gekommen, die auch für uns ermutigend sein kann", sagte Kipping bei der Veranstaltung der Partei in Passau. Es werde wieder mehr über soziale Gerechtigkeit gesprochen.

Die Vorsitzende der Partei Die Linke, Katja Kipping, hofft auf den Schulz-Effekt für ihre Partei
Die Vorsitzende der Partei Die Linke, Katja Kipping, hofft auf den Schulz-Effekt für ihre ParteiBild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Grüne für Freilassung von Deniz Yücel

Kipping verwies darauf, dass es derzeit eine rechnerische rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag gebe, mit der Korrekturen an der Agenda 2010 beschlossen werden könnten. "Mit uns kann Martin Schulz das Kündigungsschreiben für Hartz IV rechtskräftig aufsetzen und abschicken."

Grüne Unterstützung für Deniz Yücel
Unterstützung für Deniz Yücel: Die Grüne Landesvorsitzende Mona Neubaur, NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der Bundesvorsitzende Cem Özdemir und der NRW-Landesvorsitzende Sven LehmannBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Die Grünen haben bei ihrem Politischen Aschermittwoch in Nordrhein-Westfalen die Freilassung des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel gefordert. Unter anderem hielten Parteichef Cem Özdemir und NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann Schilder mit der Aufschrift "#freedeniz" hoch. Es könne "nicht folgenlos bleiben, wie der türkische Staat mit Deniz Yücel und all den anderen kritischen Journalisten und Andersdenkenden umgeht, sie drangsaliert, verfolgt und einsperrt", sagte Löhrmann.

 

cgn/uh (afp, dpa)