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Politik

#Oprah2020: Quereinsteiger in der Politik?

Maximiliane Koschyk
9. Januar 2018

Nach Oprah Winfreys Rede bei den Golden Globes wird sie als nächste US-Präsidentin gehandelt. Sie wäre nicht der erste Medienstar im Weißen Haus, denn Popularität hilft im Wahlkampf. Doch was, wenn es ans Regieren geht?

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Golden Globes 2018 Oprah Winfrey Rede
Bild: Reuters/NBC/P. Drinkwater

Es war eine fulminante Ansprache, die US-Medienikone Oprah Winfrey bei der Verleihung der Golden Globes am Sonntag hielt. So überzeugend, dass sich die Öffentlichkeit jetzt fragt, ob sich da eine Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahlen 2020 abzeichnet. 

Doch neben den "Oprah 2020"-Rufen wurden auch Gegenstimmen laut, die davor warnen, sich mit der Medienfrau eine linke Version des jetzigen Amtsinhabers ins Weiße Haus zu holen. Zur Erinnerung: Auch der Immobilientycoon Donald Trump wurde als Gastgeber einer Reality-Show zum TV-Star.

Reagan und Schwarzenegger: Politiker made in Hollywood

Der US-Journalist David Roberts warnte davor, sich von der Idee blenden zu lassen, dass man nur erfolgreich und charismatisch sein müsse, um dieses Amt auszuüben. "Wenn die Trump-Jahre etwas gezeigt haben, dann dass die Präsidentschaft ein tatsächlicher Beruf ist", schreibt Roberts auf Twitter.

Der Weg von Hollywood ins Weiße Haus ist in den USA aber schon lange kein Novum mehr: Ronald Reagan hatte den Wandel vom Schauspieler und Medienprofi zum Staatsoberhaupt bereits in den 1980er Jahren vollzogen. Damals noch eine absolute Sensation, sind politische Ambitionen in Hollywood spätestens seit Arnold Schwarzeneggers Karriere als Gouverneur von Kalifornien etabliert.

Experte: "Wahlen gewinnen reicht nicht"

Doch der Politologe Laurenz Ensser-Jedenastik von der Universität Wien warnt vor einem Trugschluss: Politiker würden in der Öffentlichkeit oft auf eine einzige Frage reduziert: "Können sie eine Wahl gewinnen?" Wählerinnen und Wähler ansprechen zu können, sei zwar eine zentrale Fähigkeit für Politikerinnen und Politiker, aber "nur eine von vielen, die einen guten Politiker oder eine gute Politikerin ausmachen".

Ob und wie ein Mensch mit politischen Ambitionen seinen Weg in öffentliche Ämter findet, hängt von dem demokratischen Prozess und der Rolle der Parteien ab, mit dem eine Gesellschaft ihre Führung wählt. Und der ist von Land zu Land sehr unterschiedlich.

In den USA hat laut Ensser-Jedenastik der Einfluss von Parteien auf diesen Prozess stark abgenommen: "Sonst hätte jemand wie Donald Trump nie im Leben Präsident werden können." Trump sei an seiner eigenen Partei vorbei Präsident geworden. Wäre der Nominierungsprozess nicht durch die Vorwahlen mitentschieden worden, hätten ihn die Republikaner vielleicht gar nicht als Kandidaten aufgestellt, sagt der Politologe: "Parteien wollen Wahlen gewinnen, aber sie wollen ja auch regieren und Dinge umsetzen." Kandidaten dürfen also nicht nur gut im Stimmenfang sein, sie müssen nach einer gewonnen Wahl auch ihr Amt ausüben können.

Oxford und ENA: Europas politische Kaderschmieden?

Doch welche Qualifikationen muss ein politisch ambitionierter Mensch mitbringen, um ein öffentliches Amt auch ausüben zu können? Gibt es eine perfekte Ausbildung für Politiker?

Mit der Gründung der École Nationale d'Administration (ENA) hat der ehemalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Die ENA ist eine spezielle Hochschule für öffentliche Ämter, in der Beamte für den höheren Dienst ausgebildet werden. Emmanuell Macron, François Hollande und Jacques Chirac, aber auch zahlreiche Minister, Aufsichtsräte und Führungskräfte internationaler Organisationen haben hier studiert.

Auch im Vereinigten Königreich gibt es einen interdisziplinären Studiengang aus Philosophie, Politik und Wirtschaft (engl. Kürzel: PPE), dessen Absolventen überdurchschnittlich oft ihren Weg in öffentliche Ämter finden: "PPE: Der Oxford-Abschluss der Großbritannien regiert", überschrieb die britische Zeitung "The Guardian" ihre Recherche zu den Verflechtungen des Studiengangs mit dem politischen System Großbritanniens.

In Deutschland regiert eine Physikerin

In der deutschen Politik ist oft eine Vielfalt an Schulabschlüssen und Fachkompetenzen vertreten, was auch daran liegen mag, dass es spezielle Hochschulen oder vorgezeichnete Bildungswege mit vermeintlichen Garantien auf politische Ämter nicht gibt.Um in Deutschland Karriere in der Politik zu machen, ist die Arbeit in den Parteien hingegen sehr wichtig.

Infografik Abschluesse im Deutschen Bundestag DEU

Ein Erfolgsgarant seien einschlägige Studiengänge wie in Frankreich und Großbritannien ohnehin nicht, meint Ennser-Jedenastik: "Das sind alles Kanäle, die in die Politik führen, aber nicht notwendigerweise auf die Politik vorbereiten", sagt er. "Politik ist ein Lehrberuf. Das lernt man On-the-Job." Politische Erfahrung müsse man sammeln, in Gremien, Institutionen und Parteiarbeit. "Die Frage ist: Haben wir Systeme, in denen Leute an die Spitze kommen, die ausreichend Erfahrung sammeln können."

Was für ein Ausnahmefall Trump ist, zeigt insofern auch der Vergleich mit Reagan und Schwarzenegger. Wie Trump haben sie zwar für die Republikanische Partei kandidiert, aber sie engagierten sich früh und jahrelang und testeten ihre Fähigkeiten in vergleichsweise kleineren Ämtern.

Frisches Blut im eingefahrenen Polit-Betrieb

Quereinsteiger sind aber nicht grundsätzlich schlecht, sagt Politologe Ennser-Jedenastik. So könnten "frisches Blut in den politischen Kreislauf bringen, in den sie Perspektiven oder Expertisen einbringen, die dort nicht so vorhanden sind." Eine wichtige Qualität für jeden Politiker sei Lernbereitschaft. "Wer bereit ist, aus seinen eigenen Erfahrungen und Fehlern und auch den Fehlern anderer im Geschäft zu lernen, der hat sicher einen Vorteil", sagt der Experte.

Und wie stehen die Chancen von Oprah Winfrey? Dass sie lernwillig und vielseitig ist, hat die Moderatorin, Schauspielerin und Geschäftsfrau in ihrer bisherigen Karriere hinreichend belegt. In der demokratischen Partei ist sie engagiert, im Wahlkampf 2008 hatte sie den damaligen Kandidaten Barack Obama aktiv unterstützt. "Das hatte einen echten Effekt, der seine Unterstützung im demokratischen Lager gestärkt hat", sagt Politologe Ennser-Jedenastik. Aber die echte Arbeit beginnt eben erst, wenn man selbst ein politisches Amt ausübt.