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PanoramaDeutschland

Erich Maria Remarque: "Im Westen nichts Neues"

Aygül Cizmecioglu spe
22. Juni 2023

Der 1929 erschienene Roman "Im Westen nichts Neues" ist der Antikriegsroman par excellence - und aktuell wie eh und je. Zum 125. Geburtstag von Erich Maria Remarque stellen wir sein weltbekanntes Buch in den Fokus.

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Erich Maria mit Hut (1939)
Erich Maria Remarque kommt in New York an (1939)Bild: picture-alliance/Everett Collection

Remarques Buch ist das Porträt einer Generation, die von der Schulbank weg euphorisch an die Front zog und am Ende in einer mörderischen Kriegsmaschinerie umkam. Der Erste Weltkrieg - Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er von vielen Männern regelrecht herbeigesehnt.

Es war die Zeit der großen Umbrüche und Verunsicherungen. Der technische Fortschritt gab den Takt vor: Fabriken, Autos, wissenschaftliche Neuentdeckungen. Die patriarchale Gesellschaft bekam Risse, Frauen rebellierten gegen vorgegebene Rollenbilder, forderten lautstark mehr Rechte. 

Das Alte ging zu Ende, Neues kam im Eiltempo auf die Menschen zu und überforderte, vor allem die Männerwelt. Krieg, so erhofften sie sich, könnte die "reinigende Kraft" sein, den Wandel aufzuhalten. Sie bejubelten den Kriegsausbruch im Sommer 1914 und glaubten fest daran, an Weihnachten wieder zuhause zu sein. Doch es kam anders. 

"Wir lernten, dass ein geputzter Knopf wichtiger ist als vier Bände Schopenhauer. Zuerst erstaunt, dann erbittert und schließlich gleichgültig erkannten wir, dass nicht der Geist ausschlaggebend zu sein schien, sondern […] der Drill."

Alltag im Schützengraben

Das Gemetzel in den Gräben, die Nacht im Granatenhagel, die Langeweile zwischen den Sturmangriffen: All das erlebt Remarques Ich-Erzähler, ein junger Rekrut, hautnah mit. Aus dem feinsinnigen Schüler wird ein abgestumpftes Halbwesen.

"Ein Gefreiter (...) schleppt die zerschmetterten Knie hinter sich her; ein anderer geht zur Verbandstelle, und über seine festhaltenden Hände quellen die Därme. (...) Das Grauen lässt sich ertragen, solange man sich einfach duckt; aber es tötet, wenn man darüber nachdenkt."

"Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque

Notlüge für den Welterfolg

So drastisch Remarque auch das Kriegsgeschehen schilderte, er selbst musste nur kurz an der Front kämpfen. 1916 wurde er als Schüler zwangsweise eingezogen, kurz darauf verwundet und in ein Lazarett verlegt. Dort lauschte er den Fronterzählungen der Schwerverletzten, machte sich Notizen, aus denen später sein weltberühmter Roman hervorging. Doch um die Vermarktung anzukurbeln, behauptete Remarque, alles selbst erlebt zu haben. "Im Westen nichts Neues" kam erst 1929 als Buch heraus und wurde über Nacht zu einem der größten Erfolge der deutschen Literatur. Kritiker auf der ganzen Welt feierten den Roman als "pazifistische Anklage gegen den Krieg". Kurze Zeit später wurde er sogar von Hollywood verfilmt.

Verbrannt und verboten

Rechte Kreise in Deutschland sahen dagegen das Andenken ihrer Soldaten in den Dreck gezogen. 1933, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, wurde Remarques Buch öffentlich verbrannt und verboten. Sein Autor war da schon längst in die Schweiz emigriert.

Bis zu seinem Tod genoss Remarque sein Image als Pazifist und zehrte von seinem frühen Ruhm. Daran anknüpfen konnte er nicht mehr. Erst Jahre später gestand er, schon immer ein unpolitischer Mensch gewesen zu sein. 

Erich Maria Remarque kam am 22. Juni 1898 in Osnabrück als Sohn einer aus Frankreich eingewanderten Familie zur Welt. 1933 wanderte er in die Schweiz aus. Seine Arbeiten wurden unter den Nationalsozialisten geächtet, seine Schriften während der Bücherverbrennung ins Feuer geworfen. Ab 1939 lebte er in den USA, nach dem Krieg abwechselnd in den Vereinigten Staaten und der Schweiz. Er starb 1970 in Locarno.

Dies ist die aktualisierte Fassung des Artikels vom 06.10.2018.