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Gründen ist noch immer Männersache

11. April 2019

Ein innovatives Unternehmen auf die Beine stellen? Das machen in Deutschland die wenigsten Frauen. Der Anteil von Startup-Gründerinnen liegt weiterhin bei mageren 15 Prozent. Warum nur? Aus Berlin Sabine Kinkartz.

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Start-up Symbolbild
Bild: picture-alliance/PhotoAlto/E. Audras

Jung, innovativ, trendy und - männlich. Frauen sind in der deutschen Startup-Szene nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Zwar gibt es Unternehmerinnen, die etwas wagen und ihre innovative Geschäftsidee in die Tat umsetzen, aber aktuell werden immer noch knapp 85 Prozent der Startups von Männern gegründet. Das geht aus dem "Female Founders Monitor 2019" hervor, einer Studie, die der Bundesverband Deutsche Startups nach 2018 jetzt zum zweiten Mal durchgeführt hat. Dafür wurden rund 3750 Gründerinnen und Gründer befragt, die sich auf rund 1550 Startups verteilen.

Das Ergebnis der Studie ist ernüchternd, denn tatsächlich werden alle gängigen Klischees bestätigt: Bremsklotz Nummer Eins ist die weiterhin schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wer ein Unternehmen gründet, braucht viel Zeit. Gründerinnen ohne Kind arbeiten in der Woche im Schnitt fast sechs Stunden mehr als Mütter. Bei den Männern unterscheidet sich die Arbeitsbelastung bei Vätern und kinderlosen Männern nicht.

Elterngeld? Aber nur, wenn kein Gewinn gemacht wird

Laut der Studie verbringen Gründerinnen nur knapp die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Büro. Das hängt allerdings nicht nur mit der Familie zusammen, sondern auch damit, dass sie weniger Geld zur Verfügung haben und somit seltener in ein eigenes Büro investieren.

Infografik Verteilung Gründer Startups Deutschland nach Geschlecht DEU
Frauen als Gründerinnen: Es geht aufwärts - aber sehr langsam

Was Unternehmerinnen mit Kindern darüber hinaus alles erleben können, weiß Madeleine Gummer von Mohl, Mitbegründerin des Co-Working-Space betahaus. Sie hat gerade die Aufforderung vom Staat bekommen, das nach der Geburt des zweiten Kindes gezahlte Elterngeld zurückzuzahlen. Das Geld steht Müttern und Vätern zu, die nach der Geburt zuhause bleiben, nicht berufstätig sind und daher auch kein Gehalt beziehen. Das traf auf Gummer von Mohl zu. Allerdings arbeitete ihr Unternehmen unter der Leitung ihrer beiden Mitgründer weiter und zwar profitabel. Der Gewinn wird nun auf das Elterngeld angerechnet.

Soziales Unternehmertum steht ganz oben

Wenn Frauen ein Startup gründen, dann ist es ihnen oft besonders wichtig, mit ihrem Unternehmen Lösungen für gesellschaftliche Probleme anzubieten. Während drei Viertel der befragten Gründer vor allem Wohlstand erreichen wollen, also ökonomische Ziele verfolgen, ordnete sich jede zweite der für die Studie befragten Gründerinnen dem Bereich "Social Entrepreneurship" zu.

Das aber führt dazu, dass sich oftmals keine Geldgeber finden, stellt Gründungsberaterin Larissa Gleich fest. "In dem ganzen Bereich Soziales und Nachhaltigkeit, wo viel Innovatives passiert und es ganz tolle Projekte gibt, da gibt es kein Risikokapital." Finanzielle Förderung, beispielsweise vom Staat oder von Organisationen finde sich zwar, aber das sei mit dem Venture Capital, das in der Tech-Branche investiert werde, nicht zu vergleichen.

Männer verteilen das Geld

Aber auch, wenn Frauen in Bereichen gründen, die für Investoren interessant sein könnten, stoßen sie oft genug auf Schwierigkeiten. "Auch die Geber von Venture-Capital sind überwiegend männlich und geben dann lieber Männern das Geld als Frauen", urteilt Ex-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die den Female Founders Monitor in Berlin mit vorstellte.

Im Verband deutscher Unternehmerinnen macht man sich darüber schon länger Gedanken und plant die Gründung eines Investorinnen-Netzwerkes. Janina Mütze, Vorsitzende des Female-Investor-Netzwerkes im deutschen Startup-Verband regt an, bei staatlichen Förderprogrammen darauf zu achten, dass unter den Entscheidern ausreichend Frauen vertreten sind. "Man könnte dort eine Quote für interne Investmentmanagerinnen auflegen."

Was ist innovativ?

"Wir müssen mehr Frauen ermutigen, selbst zu gründen und Gründerinnen stärker unterstützen und fördern", so Zypries, die durchaus den Staat in der Pflicht sieht. Das Grundgesetz erlaube die Förderung von Minderheiten, um eine Gleichstellung in der Gesellschaft zu erreichen. "Wir brauchen die Frauen vor allen Dingen, weil sie andere Ideen haben. Weil sie in der Wirtschaft anders agieren, anders an Dinge herangehen und deswegen auch andere Produkte entwickeln können."

Dafür müsse der Innovationsbegriff grundsätzlich überdacht werden, fordert Zypries. Innovation, das wird vor allem mit Technik gleichgesetzt. Frauen haben in der Regel aber seltener ein technisches Fach studiert und sind in den digitalen Branchen daher unterrepräsentiert. Doch diese Bereiche sind es, die mit Innovationen verknüpft werden und in die das Kapital fließt.

Symbolbild Start-Up
Bild: Colourbox

Obacht bei der Wortwahl

Es bleibe noch viel zu tun, so lautet das Fazit des Female Founders Monitor 2019, für den es bei der Vorstellung auch Kritik gab. "Wir müssen aufpassen mit Äußerungen wie: Frauen schaffen es nicht so gut, Geld reinzuholen oder Frauen sind nicht so gut darin, mit anderen Unternehmen in Kontakt zu kommen", warnt Kristina Lunz, Mitbegründerin des "Centre for feminist foreign policy".

Aus der sozialpsychologischen Forschung wisse man, dass es weniger ein Problem sei, wie Frauen verhandeln, fordern oder auftreten, sondern vielmehr, wie die andere Seite das wahrnehme und daraufhin Entscheidungen beispielsweise darüber treffe, wer das Geld bekommt. "Wir leben in einer sexistischen Gesellschaft und dürfen die Schuld für die Strukturen nicht bei den Gründerinnen suchen", so Lunz.