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Gesellschaft

Der Papst in Rumänien: "Gehen wir gemeinsam"

Cristian Stefanescu
30. Mai 2019

Unter diesem Motto beginnt an diesem Freitag die dreitägige Reise des Papstes nach Rumänien. Viele Menschen, auch die orthodoxe Mehrheitsbevölkerung, freuen sich auf den Besuch und hoffen auf ein Zeichen der Einheit.

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Italien | Papst Franziskus auf Balkanreise
Bild: picture-alliance/dpa/AP/Bildfunk/G. Borgia

Vor zwanzig Jahren gab es bereits ein solches Zeichen der Einheit. Im Mai 1999 besuchte Papst Johannes Paul II. Rumänien. Es war die erste Reise eines Papstes in ein mehrheitlich von orthodoxen Christen bewohntes Land. Für Franziskus ist es allein in diesem Jahr die dritte Reise in ein orthodoxes Land. Vor einem Monat hatte er Bulgarien und Mazedonien besucht, jetzt wird er drei Tage in mehreren Regionen Rumäniens verbringen. Er folgt damit einer Einladung des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis und des römisch-katholischen Erzbischofs Ioan Robu, Mitropolit von Bukarest. Dabei wird er sowohl orthodoxe als auch römisch-katholische und griechisch-katholische Gläubige und Würdenträger treffen.

Rumänien Bukarest St. Josefs-Kathedrale (DW/C. Ștefănescu)
Die römisch-katholische St.Josefs-Kathedrale in BukarestBild: DW/C. Ștefănescu

Vor allem für die griechisch-katholische Kirche in Rumänien, jahrzehntelang von der kommunistischen Diktatur verboten und nach der Wende wieder zum Leben erwacht, wird der Besuch als historisch gewertet. Pfarrer Andrei Marcus erinnert sich im DW-Gespräch an seine Kindheit während der kommunistischen Herrschaft: "Im Vorderzimmer unseres Hauses, das mit den Fenstern zur Straße, wurde das Radio laut gedreht, damit draußen niemand hören konnte, was in den Hinterzimmern geschah". Dort, in den hinteren Räumlichkeiten seines Elternhauses, wurden insgeheim Gottesdienste verrichtet oder ab und zu Kinder getauft, erzählt er. 1948 war die mit Rom unierte Kirche der Rumänen in Siebenbürgen (Transsilvanien) von der Staatsmacht verboten worden, die Pfarrer und Gläubigen gehörten seitdem offiziell zur orthodoxen Kirche .

Seligsprechungen für die Opfer der kommunistischen Diktatur 

Der Ursprung der griechisch-katholischen Kirche in Siebenbürgen liegt im Jahr 1700. Vor allem die politische Verweigerung der vollen Zivilrechte für Nichtkatholiken in dieser zu Österreich-Ungarn gehörenden Region führte dazu, dass sich ein Teil der orthodoxen Rumänen für die Union mit der katholischen Kirche entschied. Der Papst in Rom wurde als Oberhaupt angesehen, die Gottesdienste behielten aber den östlich-byzantinischen Ritus. Nach dem ersten Weltkrieg wurde Siebenbürgen dem Königreich Rumänien zugeschlagen, die griechisch-katholische Kirche blieb bestehen und zählte über 1.500 Priester und 1,5 Millionen Gläubige. Nach dem Ende des Zeiten Weltkriegs fürchtete die neue stalinistische Staatsmacht in Bukarest die Unabhängigkeit dieser Glaubensgemeinschaft und verbot sie kurzerhand. Die meisten Pfarrer wurden eingesperrt, viele von ihnen starben in den kommunistischen Gefängnissen. Trotz der widrigen Umstände funktionierte die griechisch-katholische Kirche im Untergrund. Nach der politischen Wende im Dezember wurde sie wieder offiziell zugelassen und erhielt einen Teil ihrer konfiszierten Kirchen zurück. Sieben griechisch-katholische Bischöfe, die ihren Glauben während der kommunistischen Diktatur mit dem Leben bezahlen mussten, werden jetzt von Papst Franziskus seliggesprochen.

"1999 wurde Papst Johannes Paul II. nicht erlaubt, seine Brüder und Schwestern in der Moldau und in Siebenbürgen zu besuchen", erinnert sich Prof. Wilhem Danca, Dekan der Römisch-Katholischen Theologie-Hochschule in Bukarest. Es gab immer noch eine gewisse Berührungsangst damals, zehn Jahre nach dem Sturz des Kommunismus.

Gespräch mit dem evangelischen Staatspräsidenten 

Diesmal aber soll alles anders werden. Auch anders als vor vier Wochen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, wo Papst Franziskus allein in der orthodoxen Kirche beten musste. Das Bild ging um die ganze Welt. In der neuen Bukarester orthodoxen Kathedrale, die sich protzig neben dem Ceausescu-Palast erhebt, wird er an einem gemeinsamen Vaterunser mit orthodoxen Würdenträgern teilnehmen. Auch ein Gespräch mit Staatspräsident Klaus Johannis, einem Angehörigen der kleinen evangelischen Minderheit der Siebenbürger Sachsen, ist geplant. In Rumänien sind 87% der Bevölkerung orthodox. Mit rund 17 Millionen Gläubigen ist die rumänisch-orthodoxe Kirche die zweitgrößte orthodoxe Nationalkirche nach der russischen. Von den fast 6% Katholiken ist die Mehrheit römisch-katholisch. Dazu zählen überwiegend ethnische Ungarn, aber auch die Banater Schwaben.

Rumänien Bukarest - Sitz des orthodoxen Patriarchats(DW/C. Ștefănescu)
Der Palast des rumänischen orthodoxen Patriarchats in BukarestBild: DW/C. Ștefănescu

Mit Spannung wird der Besuch des Papstes bei seinen Glaubensbrüdern und -schwestern in der mehrheitlich von der ungarischen Minderheit bewohnten Region Ost-Siebenbürgens, dem Szeklerland, erwartet. Es gab im Vorfeld in den Sozialen Medien Kritik aus nationalistisch-orthodoxen Kreisen wegen der Teilnahme tausender Gäste, auch Politiker, aus Ungarn an einem geplanten Gottesdienst in Sumuleu-Ciuc, (ungarisch Csiksomlyo). Das rumänisch-ungarische Verhältnis ist in nationalistischen Kreisen auf beiden Seiten angespannt. Während in Ungarn um Siebenbürgen getrauert wird, fürchtet man in Rumänien mögliche Autonomie-Bestrebungen in der Region.

"Die Beziehungen der Rumänischen Orthodoxen Kirche zur Römisch-Katholischen Kirche sind absolut elegant und basieren auf einem ökumenischen Dialog, der als historisch angesehen werden kann", versicherte der Sprecher des rumänisch-orthodoxen Patriarchats, Vasile Banescu, im DW-Interview. Es gebe keine Spannungen zwischen den beiden Institutionen, fügte er hinzu: "Wir sprechen von Institutionen, nicht von Einzelstimmen im einen oder anderen Lager. Diese vereinzelten Äußerungen haben keinen Einfluss auf die Positionen der Institutionen", so Banescu.

Entspannung zwischen Katholiken und Orthodoxen

Diesen Standpunkt vertritt auch einer der Verantwortlichen für den Papstbesuch im Osten Siebenbürgens, Veres Csaba, ein ethnischer Ungar und Vertreter des Bürgermeisteramtes von Miercurea Ciuc, ungarisch Csikszereda: "Die Frage nach Anfeindungen seitens der Nicht-Katholiken kann ich mit einem klaren NEIN beantworten. Wir arbeiten hervorragend zusammen, ganz gleich ob im persönlichen oder im institutionellen Bereich", erklärte Csaba im DW-Gespräch.

Rumänien Bukarest Papstbesuch (DW/C. Ștefănescu)
Volontäre gesucht!Bild: DW/C. Ștefănescu

In der ehrwürdigen Universitätsstadt Iasi, der Hauptstadt der Region Moldau im Nordosten Rumäniens, will Papst Franziskus Menschen aller hier lebenden Konfessionen und Ethnien treffen. Zurück in Siebenbürgen, in Blaj (deutsch Blasendorf), wird der Heilige Vater dann am letzten Tag seines Rumänien-Besuchs die sieben griechisch-katholischen Märtyrerbischöfe seligsprechen.

Zum Abschluss seiner Reise will er dann ein weiteres Zeichen der Nächstenliebe und Menschlichkeit setzen: er trifft Vertreter der Roma-Minderheit, die in einem Randviertel von Blaj lebt. Viele Roma in Rumänien sind arm, sozial ausgegrenzt und werden oft diskriminiert.

Der dreitägige Besuch des Papstes, das Treffen mit dem rumänischen Patriarchen Daniel und anderen orthodoxen Würdenträgern soll auch ein Zeichen des Dankes sein an die katholischen Gemeinden in ganz Europa, die ihre Kirchen großzügig zur Verfügung stellen, damit die fast vier Millionen Auslandsrumänen ein Gotteshaus haben, in dem sie ihren Glauben ausüben können, betonte Sprecher Banescu. Bleibt zu hoffen, dass der Besuch durch die innenpolitische Krise nicht allzu sehr getrübt wird.