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Politik

"Gute" Minen zum bösen Spiel?

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Felix Steiner
8. Februar 2020

Jede Waffe tötet. Aber manche besonders perfide. Antipersonenminen zum Beispiel. Auch wenn die modernen Minen der USA künftig "intelligent" sein sollen - das bisherige Verbot war eine gute Sache, meint Felix Steiner.

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Symbolbild Landminen Landminenkonferenz Minenfeld Bosien
Auch noch Jahre nach Kriegsende überlebenswichtig: Warnung vor einem Minenfeld in Bosnien-HerzegowinaBild: Imago

Irmgard Weisser war eine Kusine meines Vaters. Sie starb am 22. August 1950 - einen Tag nach ihrem 17. Geburtstag. Beim Pflanzen von Baumsetzlingen hatte sie mit ihrer Hacke auf eine vermutlich deutsche Mine aus dem Zweiten Weltkrieg geschlagen. Junge Leute waren damals in großem Umfang im Schwarzwald im Einsatz: Wollte man doch die als Reparationsleistung großflächig abgeholzten Wälder möglichst schnell wieder aufforsten.

Natürlich hat es auch etwas mit diesem tragischen Schicksal in meiner Familie zu tun, dass ich mich über Donald Trumps Entscheidung, die US-Streitkräfte erneut mit Landminen auszurüsten, so massiv geärgert habe.

Grausame und dumme Waffen

Denn Antipersonenminen gehören nicht nur zu den Waffen, die besonders grausame Verletzungen verursachen - was jeder Arzt bestätigen wird, der schon einmal Minenopfer versorgen musste. Nein, Landminen sind auch besonders dumme Waffen. Denn Opfer werden in fast 90 Prozent aller Fälle an den Kampfhandlungen völlig unbeteiligte Zivilisten - oftmals erst Jahre später. Siehe Irmgard Weisser. Oder die jedes Jahr immer noch nach Tausenden zählenden Opfer zum Beispiel in Vietnam, Kambodscha, Afghanistan, Libyen, Nigeria, Kolumbien oder dem ehemaligen Jugoslawien. Viele von ihnen Kinder.

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DW-Redakteur Felix Steiner

Deswegen war und ist das 1997 in Ottawa unterzeichnete Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen ein zivilisatorischer Fortschritt. 164 Staaten sind inzwischen Vertragspartner, verzichten auf diese Waffen und helfen anderen Ländern beim Aufspüren der Hinterlassenschaft längst vergangener Kriege. Und das wirkt: Im Vergleich zum Jahr 2000 hat sich die Zahl der jährlichen Minenopfer weltweit ungefähr halbiert.

Die USA sind, wie auch Russland, China, Indien und Pakistan, dem Vertrag von Ottawa nie beigetreten. Aber immerhin verpflichtete sich Präsident Obama 2014 den Vertrag umzusetzen - nur die koreanische Halbinsel sollte vom Verbot ausgenommen bleiben. Insofern hätte man von Donald Trump, der doch den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un zwischenzeitlich als seinen "Freund" bezeichnet hat, eher eine Abkehr vom Kurs seines Vorgängers in die andere Richtung erwarten können.

Was man so zum Siegen braucht

Nun aber will Trump mit neuen Antipersonenminen "dem Militär die Fähigkeit und die Flexibilität geben, die es zum Siegen braucht". Kritiker versucht Washington vor allem mit dem Hinweis auf die Intelligenz der weiterentwickelten Waffen zu überzeugen: Die neuen Minen würden spätestens nach 30 Tagen unschädlich und könnten überdies auf Knopfdruck ausgeschaltet werden. Das wäre dann immerhin noch etwas Gutes im Schlechten. Andererseits hat noch kein Waffensystem der Weltgeschichte fehlerfrei funktioniert. Auch die neuen Minen werden also Opfer fordern. Spielende Kinder. Bauern, die einfach nur ihr Land pflügen. Oder eben Bäume pflanzen wollen. Und jedes dieser künftigen Opfer ist eines zu viel.

Eine letzte persönliche Anmerkung sei mir erlaubt: Ich selbst habe als Soldat der Bundeswehr in den 1980er-Jahren noch das Minenlegen beigebracht bekommen. Zwei Sätze des ausbildenden Oberfeldwebels sind mir unvergessen geblieben: "Das Verlegen von Minen kann immer nur das letzte Mittel sein. Sie können sich nämlich nie ganz sicher sein, dass sie an der Stelle nicht doch noch einmal durch müssen." Trumps Kehrtwende - hinter einem Minenfeld wäre die auch für ihn lebensgefährlich. So eben nur für andere.