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Sepsis: häufigste Todesursache bei Infektionen

14. März 2020

Viele Coronaviurs-Patienten sterben an einer tödlichen Sepsis. Das ist keine richtige "Blutvergiftung", sondern eine Überreaktion des Immunsystems. Wie kommt es zur Sepsis, welche Warnsignale gibt es?

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Coronavirus: Mediziner in Seoul verlegen einen Patienten in ein Krankenhaus für Infektionskrankheiten
Bild: picture-alliance/dpa/XinHua

Eine Sepsis ist eine lebensbedrohliche Organdysfunktion, also eine Organfunktionsstörung, die durch eine starke Abwehrreaktion des Körpers auf eine Infektion verursacht wird. Diese Abwehrreaktion ist so heftig, dass sogar eigenes Gewebe und Organe angegriffenen werden. 

Umgangssprachlich wird eine Sepsis auch als "Blutvergiftung" bezeichnet. Die Vorstellung, dass eine Infektion das Blut vergiftet, ist allerdings fachlich falsch. Es handelt sich vielmehr um eine Überreaktion des Körpers, die zu einem Mehrfachorganversagen und/oder zu einem septischen Kreislaufversagen führen und tödlich enden kann. 

Trotz Intensivmedizin die häufigste Todesursache bei Infektionen

Eine umfangreiche Studie zur Häufigkeit von Sepsis und Sepsis-Todesfällen wurde Mitte Januar 2020 in der Zeitschrift "The Lancet" veröffentlicht. Demnach sind 20 Prozent aller Todesfälle weltweit auf eine Sepsis zurückzuführen. 

2017 gab es weltweit 48,9 Millionen Sepsis-Fälle und 11 Millionen Sepsis-Tote. Damit sind die tatsächlichen Zahlen mehr als doppelt so hoch wie angenommen. 2015 wurden allein in Deutschland 75.000 Sepsis-Tote dokumentiert - das sind mehr Todesfälle als durch Darm-, Brust-, Lungen- und Prostatakrebs zusammen. Rund 15 Prozent der im Krankenhaus verstorbenen Patienten verstarben 2015 in Deutschland an einer Sepsis. 

Wie gefährlich eine Sepsis ist

Trotz der Häufigkeit ist das Wissen über Vorbeugung und Früherkennung einer Sepsis in Deutschland deutlich geringer als in vergleichbaren Industriestaaten. Aus diesem Grund sollten nach Ansicht der Deutschen Sepsis-Stiftung "alle Risikopatienten der Aufforderung des Robert Koch-Instituts folgen, sich gegen das Grippevirus und gegen Pneumokokken impfen zu lassen." 

Gefährdet sind vor allem diejenigen, deren Immunsystem ohnehin geschwächt ist: Neugeborene und ältere Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Krebs, chronischen Erkrankungen oder Aidskranke. 

Wie kommt es zu einer Sepsis und wie erkenne ich sie?

Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten - eine Sepsis kann durch eine Vielzahl von Erregern ausgelöst werden. Ursachen für einen Sepsis sind meistens eine Lungenentzündung, Wundinfektionen, Harnwegsinfekte oder Infektionen im Bauchraum.

Verursacher sind zudem Viren, neben den bekannten saisonalen Influenzaviren auch die hochgradig ansteckenden Viren wie Coronaviren, Ebola- und Gelbfieberviren, Dengue-, Schweinegrippe- oder Vogelgrippeviren.

Infografik SARS-CoV-2 Vorerkrankung DE

Neben den typischen Infektionsanzeichen weisen markante Symptome auf eine mögliche Sepsis hin - beispielsweise der Abfall des Blutdrucks mit gleichzeitigem Anstieg der Herzfrequenz, Fieber, eine schnelle, schwere Atmung, ein ungewöhnlich starkes Krankheitsgefühl und eine plötzliche Verwirrtheit. Bei solchen Alarmsignalen sollte unverzüglich eine Notfall-Versorgung erfolgen.

Wie wird eine Sepsis behandelt?

Eine Sepsis kommt in Krankenhäusern zwar häufig vor, trotzdem wird sie oftmals erst sehr spät erkannt. Eine diagnostizierte Sepsis wird umgehend als Notfall behandelt: Das Blut wird untersucht, ein Breitbandantibiotikum wird verabreicht, eine ausreichende Durchblutung und Beatmung wird sichergestellt. Vorsorglich werden viele Sepsis-Patienten notfallmäßig "schutzintubiert“, also in ein künstliches Koma versetzt.

Durch Beatmungsgeräte und/oder durch eine Kreislauftherapie-, Nierenersatz- oder eine Gerinnungstherapie werden vor allem die Organe des Patienten unterstützt. 

Künstliches Koma hilft Patienten zu überleben
Die Intensiv-Behandlung bei einer Sepsis ist außergewöhnlich aufwändig und kostspieligBild: picture-alliance/dpa

Eine solche Intensiv-Behandlung ist entsprechend aufwändig und kostspielig. Allein in den USA werden jährlich rund 24 Milliarden Dollar in Krankenhäusern für Sepsis-Behandlungen ausgegeben. 

Wichtiger als die Kosten sind allerdings die vorhandenen Kapazitäten: Die vorhandenen Intensivbetten sollen deshalb vor allem denen zur Verfügung stehen, bei denen etwa die Infektion mit dem neuartigen Coronavirus oder einem anderen Erreger einen kritischen Verlauf nimmt und die beispielsweise aufgrund einer Sepsis dringend beatmet werden müssen. 

Langfristige Folgen

Bei der Hälfte der Patienten bleibt eine überstandene Sepsis ohne gravierende Folgeerscheinungen. Bei der anderen Hälfte kann es rund drei Monate nach Entlassung erneut zu Infektionen, zu Nierenversagen oder kardiovaskulären Problemen, also Herz-Kreislauferkrankungen kommen. 

Zudem kommt es bei zahlreichen Sepsis-Patienten in der Folge zu schweren, langanhaltenden funktionellen, kognitiven oder psychischen Folgeschäden wie Lähmungen, Depressionen oder Angststörungen. 

Es ist deshalb von zentraler Bedeutung, dass eine Sepsis nach Möglichkeit verhindert oder möglichst frühzeitig diagnostiziert wird. Je eher die Erkrankung erkannt wird, desto höher sind die Überlebens- und Therapiechancen.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund