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Politik

Von der "Ehre" belarussischer Polizisten

Miodrag Soric
13. September 2020

Am Samstag sind in Minsk vermummte Sicherheitskräfte mit aller Härte gegen friedlich protestierende Frauen vorgegangen. Mit jedem Knüppelschlag verlieren sie ihre Menschlichkeit ein wenig mehr, meint Miodrag Soric.

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Belarus Frauenprotest in Minsk
Bild: Getty Images/AFP/TUT.BY

Diese Bilder werden lange das Bild Weißrusslands in der Welt prägen: Männer in schwarzer Uniform, die auf friedlich demonstrierende Frauen einprügeln. Männer mit Sturmhauben. Werden sie ihnen heruntergerissen, schlagen sie ärgerlich um sich. Sie haben Angst, erkannt zu werden. Sie fürchten sich, eines Tages für ihre feigen Taten verantworten zu müssen.

Auf welche Moral berufen sie sich, wenn sie demonstrierende Frauen zusammenknüppeln? Welches Recht erlaubt, friedfertigen Frauen an den Haaren zu ziehen, sie mit Gewalt in Transporter zu zerren? Wie wollen sie eines Tages ihr Handeln rechtfertigen, wenn sie von ihren Ehefrauen oder Kindern darauf angesprochen werden? Sie werden vor Scham im Erdboden versinken müssen. Diese Männer mit Sturmhauben haben keine Würde. Mit jedem Knüppelschlag verraten sie ihre Menschlichkeit ein wenig mehr. 

Soric Miodrag Kommentarbild App
DW-Chefkorrespondent Miodrag Soric

Wenn es jemals so etwas wie die Ehre der weißrussischen Sicherheitskräfte gegeben haben sollte: Sie ist verloren für viele Generationen. Noch vor einigen Monaten haben sie in Weißrussland den Jahrestag des Siegs über Hitlerdeutschland begangen, und feierten, dass einst ihre Vorväter unter dem Einsatz ihres Lebens "die Faschisten" aus dem Land geworfen haben. Und die Sicherheitskräfte, die OMON-Truppen des Innenministeriums heute? Sie prügeln ein auf Frauen, die ihre Nachbarn, ihre Gattinnen, ihre Mütter oder Töchter sein könnten. Was für Jammerlappen! 

Gewalt wird nicht siegen

In gepanzerten Fahrzeugen und Gefängnisse lassen sie die protestierenden Frauen verschwinden; lassen sie wegsperren und verurteilen von korrupten Richtern, die ihre Seele ebenso an das Lukaschenko-Regime verkauft haben wie sie selbst.

Die Gewalt wird nicht siegen. Sie können nicht Zehntausende von Frauen festnehmen. Es sind zu viele. Sie sind das Volk, sie sind der Souverän, sie haben genug von Lukaschenko. Die ganze Welt weiß es und sieht es. Die Frauen in der Hauptstadt Minsk und anderen Städten haben ihre Furcht vor Männern mit Sturmhauben verloren. So haben allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz auch an diesem Sonntag wieder zehntausende Menschen in Minsk gegen den Machthaber protestiert. Deshalb wird über kurz oder lang auch dieses Unrechts-Regime implodieren. 

Russland zunehmend im Visier

Präsident Putin hält derzeit noch seine schützende Hand über Lukaschenko - offenbar fürchtet er, dass das Beispiel der mutigen weißrussischen Frauen Schule macht und eines Tages auch seine Macht in Russland gefährdet ist. Aber Putins Einstehen für Lukaschenko könnte folgenreich sein.

Bislang demonstrierten die Frauen in Minsk gegen Lukaschenko, es sind keine anti-russischen Proteste gewesen. Doch das beginnt sich zu ändern. Zum ersten Mal in seiner Geschichte könnte das belarussische Volk in Moskau seinen Gegner sehen; sich von Russland abwenden, so wie dies viele Ukrainer getan haben. Der "Sammler russischer Erde", als der sich Putin gerne feiern lässt, sammelt nicht russische Erde. Er verliert auch noch das, was er vor wenigen Jahren hatte. 

Schon jetzt bewundert die zivilisierte Welt die mutigen belarussischen Frauen, ihren Anstand und ihren Mut. Am Ende werden sie den Kampf gegen die feigen Männer mit Schlagstöcken und Sturmhauben gewinnen.